KUNST UND SEELE
Art brut: Stefan Janus: Das Unerwartete ist schön


Die Frau mit goldenem Teint“ fällt beim ersten Betrachten spontan als Titel zum Bild von Stefan Janus ein. Nicht um ernsthaft einen Vergleich mit dem „Mann mit goldenen Helm“ aus dem Umfeld von Rembrandt anzustellen, sondern aufgrund der oberflächlichen Ähnlichkeit, dass zwei Porträtierte direkt aus dem Bild schauen, ihren Betrachter nachgerade fixieren. Der eine aus dem Dunkel heraus, das seinen Helm effektvoll zur Geltung kommen lässt, die andere scheint hingegen aus sich selbst zu strahlen und durch die hinzugefügte Tasse freundlich zur gemütlichen Kaffeerunde einzuladen. Hier einer der Mächtigen, dort eine von uns.
Während zu Rembrandts Zeit die bildende Kunst noch eindeutig dem Handwerk zugeordnet war, läuft Janus’ Bild aufgrund seiner großen Harmonie, die es ausstrahlt und der klaren Struktur Gefahr, heute allenfalls als Kunsthandwerk durchzugehen, was leider allzu oft mit einer Abwertung gleichzusetzen ist. Die präzise Einfachheit der handwerklichen Mittel besticht im Porträt der Dame. Auf dem kontrastierend aquarellierten Hintergrund sind mit Tusche die Konturen des Gesichts gesetzt, die Haare mit klassischer Ornamentik soweit ausgearbeitet, dass sie voll und gesund wirken. Große Augen wecken das Kind-chenschema beim Betrachter, der Mund ist ebenfalls stilisiert voll gearbeitet. Nur die Nase „stört“ das Bild vollkommener Symmetrie und Harmonie und wirft sich schräg durch das Gesicht. Sie hält sich nicht an die Proportion, scheint fast zu versuchen, das Gesicht ausein- anderzuziehen und zu entstellen. Und gerade dadurch, durch das Unerwartete, nicht Symmetrisch-Harmonische, bewahrt sie das Bild vor dem Vorwurf des Kitsches und macht es schön.
Stefan Janus gehört zu denen unter den Patienten, die sich selbst nicht als krank betrachten und erleben. Auch sein Bild gibt meines Erachtens keinerlei Auskunft über seine Erkrankung. Wer die Schiefe der Nase im Gesicht der unbekannten Frau als Ausdruck seelischer Erkrankung deuten will, vergisst, was Menschen wirklich schön macht und von innen strahlen lässt: das, was nicht gerade an uns ist, was uns von anderen unterscheidet, wo wir nicht anders sein können, als wir sind. Andreas Starmanns,
Arzt im Alexianer-Krankenhaus Münster
Biografie Stefan Janus
Stefan Janus ist 1963 in Jever, Friesland, geboren. Er lebt seit 1994 aufgrund einer psychischen Erkrankung in einer Wohngruppe der Alexianer in Münster und arbeitet regelmäßig im Atelier. Stefan Janus ist seit 2002 häufig in Ausstellungen im In- und Ausland vertreten.