ArchivDeutsches Ärzteblatt PP10/2011Traumatherapie: Kreatives und integratives Vorgehen

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Traumatherapie: Kreatives und integratives Vorgehen

Baßfeld, Frank

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Was kann Traumatherapie bewirken? Welchen Beitrag kann dabei die Psychoanalyse als angewendete Therapieform leisten? Wie zeigt sich der Erfolg in der Verarbeitung und im Leben des Klienten, wenn integrative Methoden angewendet werden? Diese Fragen werden als roter Faden sichtbar. Antworten holt sich der Leser ab, je nachdem, wo er in seiner Fachlichkeit steht. Es wird ein hohes Maß an psychoanalytischer Denkweise vorausgesetzt. Ein Glossar wäre dienlich gewesen. Sehr hilfreiche und anregende Abbildungen über den traumatischen Prozess nebst den nachfolgenden Introjektionsvorgängen, das Affekterleben um die traumatische Beziehungserfahrung herum sowie traumainduzierte psychische Konflikte zwischen den Persönlichkeitsinstanzen runden das Buch ab.

Eine der Absichten des Autors, die Methodenspaltung in der Traumatherapie aufzuweichen, ist anhand des ausführlichen und auf 300 Seiten sehr gut beschriebenen Fallbeispiels einer dreijährigen Langzeittherapie mit einem jungen Erwachsenen sicherlich gelungen. Die wörtlichen Beschreibungen des Klienten haben ein ausgewogenes Maß zu dem Dialog mit dem Therapeuten (Autor) und der Metabeschreibung beziehungsweise Theorieentwicklung. Die offenen Darstellungen, Gefühlsbeschreibungen und Erklärungen von psychoanalytischen Übertragungen und Gegenübertragungen können sehr hilfreiche Impulse sein für Therapeuten, die mit traumatisierten Klienten arbeiten. Diese nachvollziehbaren Darstellungen, in denen psychoanalytische Behandlungsansätze modifiziert werden, sind fallbezogen und sprechen für den Therapeuten (Autor). Überlegungen zur Arbeit mit eigenen Klienten können sofort antizipiert werden. Gut beschrieben wird immer wieder, das A und O einer Traumatherapie zu prüfen: Sicherheit und Stabilität, auch in der Beziehung Klient und Therapeut. In der weiteren Falldarstellung werden traumainduzierte, dissoziative Ich-Zustände sowie die Niederschläge der traumatischen Introjekte im Über-Ich und Ich-Ideal und ebenso ein Verständnis von Introjekten sehr gut beschrieben und im Fallkontext erklärt. Der Autor legt Wert auf eine genaue Darstellung unterschiedlicher therapeutischer Interventionen, je nachdem, wo die traumatischen Introjekte verortet werden.

Die Arbeit mit den „inneren Anteilen“ (Ego-States) und traumatischen Introjekten als Anwendung einer integrativen Methode, die weitere Absicht des Buches, wird sichtbar, bekommt eine Gestalt, wird gut verstehbar. „Innere Anteile“ beim Klienten sind zum Beispiel: „Der Saboteur“, „Stimme des inneren Verurteilers“, „Porno-Anteil“. Eine Konkretisierung der Ego-State-Methode wird durch die gezielte Introjektbearbeitung in diesem Fall kompetent beschrieben. Der Autor lehnt sich dabei auch an das „Drachentötermodell“ an. Eine Verbindung von rekonstruktiver Arbeit durch die Bearbeitung der traumatischen Introjekte wird nachvollziehbar dargestellt und mit der Arbeit mit dem „inneren Kind“, der „Bildschirmtechnik“ sowie der „Leeren-Stuhl-Arbeit“ (Gestalttherapie) integriert. Die Fallbeschreibung und strukturelle Aufbauarbeit des Therapeuten (Autor) machen beim Lesen immer wieder neugierig. Wie geht es mit dem Klienten weiter, was erkennt er, verändert sich was, wie gehen beide mit schwierigen Momenten in den Therapiestunden um, was wird dem Therapeuten „einfallen“

Durch sein kreatives, integratives Vorgehen mit tieffundierter, fachlicher Basis erlebt man sich im „gemeinsamen Therapiezimmer“, man schaut durch die systemische Glasscheibe und freut sich über diese Fachlichkeit. Frank Baßfeld

Frank Rosenberg: Introjekt und Trauma. Einführung in eine integrative psychoanalytische Traumabehandlung. Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 2010, 300 Seiten, gebunden, 29,90 Euro

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