ArchivDeutsches Ärzteblatt18/1998Schlafstörungen bei Depression sind meist behandlungsbedürftig

VARIA: Wirtschaft - Aus Unternehmen

Schlafstörungen bei Depression sind meist behandlungsbedürftig

Leinmüller, Renate

Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS Rund drei Millionen Deutsche leiden an Depressionen. Schon sehr früh treten begleitende Schlafstörungen auf, die therapiebedürftig sind. Untersuchungen mit Antidepressiva haben gezeigt, daß bei gleich guter antidepressiver Wirkung unterschiedliche Auswirkungen auf die Schlafprobleme möglich sind. 80 bis 90 Prozent der depressiven Patienten geben Ein- und Durchschlafstörungen an, die mit dem Schweregrad der Erkrankung aggravieren, wie Dr. Stephan Volk (Frankfurt) bei einem Pressegespräch des Unternehmens BristolMyers Squibb ausführte.
Die meisten Antidepressiva unterdrücken den REM-Schlaf und verlängern die REM-Latenz. Lange Zeit glaubte man, die "depressionsbegleitenden" Veränderungen dieser Schlafphase müßten supprimiert werden. Dies scheint allerdings eine fragliche Hypothese zu sein, wie Dr. Göran Hajak (Göttingen) ausführte.
Aktivierendes
Antidepressivum
In einer US-Studie erhielten 125 Patienten mit Major Depression und begleitenden Schlafstörungen randomisiert Fluoxetin (20 mg/die) oder Nefazodon (anfangs 200, ab Tag acht 400 mg/die) über acht Wochen. Fluoxetin, ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, gilt als aktivierendes Antidepressivum und potente REMschlafunterdrückende Substanz; Nefazodon (Nefadar®) wird als dual-serotonerges Antidepressivum eingestuft. Es blockiert postsynaptisch die 5-HT2-Rezeptoren und hemmt somit präsynaptisch die Wiederaufnahme von Serotonin - was die serotonerge Neurotransmission verbessert und langfristig zur erwünschten Downregulation der 5-HT2-Rezeptoren führt. Die Auswertung der polysomographischen Befunde nach achtwöchiger Therapie ergab keine Verschiebung oder Veränderungen des REM-Schlafs, aber eine deutlich gesteigerte Schlafeffizienz unter Nefazodon, verglichen mit der Kontrollgruppe. Unter Fluoxetin stieg erwartungsgemäß die REM-Latenz, zusätzlich erwachten die Patienten häufiger. Hinsichtlich der antidepressiven Wirkung dagegen waren die Substanzen laut Hajak durchaus vergleichbar effizient - die Nefazodon-Probanden stufte er insgesamt als weniger agitiert und tagsüber "mehr fit" ein.
Der Psychiater führte dies spekulativ auf den ungestörten REM-Schlaf zurück, eben diejenige Schlafphase, in der die komplexe Verarbeitung von Ereignissen und damit die Konsolidierung des Gedächtnisses erfolgt. Nach ersten Daten soll Nefazodon überdies schlafanstoßend wirken.
Dr. Renate Leinmüller

Kommentare

Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote