BRIEFE
Mindestmengen: Alibistrategie


Schon die Einleitung lässt den Leser die Stirn runzeln: „Sinn und Zweck von Mindestmengenvorgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung ist es, Krankenhäuser oder auch Ärzte gegebenenfalls vom Leistungsgeschehen auszuschließen, um die Qualität der Leistungserbringung zu sichern . . .!“
Hier beginnt nämlich nicht nur für Juristen das Problem, sondern diese Aussage ist in dieser Form schlichtweg falsch. Wir sollten aufhören, ein simples Instrument der Leistungsmengenbegrenzung unter dem Deckmantel der Qualitätssicherung zu verkaufen. Die gesetzlichen Krankenversicherungen haben dies natürlich dankbar aufgegriffen und benutzen es nun als Hebel. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben diese Kröte geschluckt und erfinden sogar – im vorauseilenden Gehorsam – weitere Hürden dieser Alibistrategie, zum Beispiel bei der Zulassung verschiedener genehmigungspflichtiger Leistungen . . .
In den Leitsätzen des hier in Rede stehenden Urteils des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg zu den Knieendoprothesen heißt es unter Punkt 3: „Die erforderliche Gewissheit dafür, dass die Qualität des Behandlungsergebnisses ,in besonderem Maße‘ von der Menge der erbrachten Leistungen abhängt, können nur belastbare wissenschaftliche Belege erbringen. Diese tatbestandliche Frage unterliegt der vollständigen gerichtlichen Kontrolle . . .“ beziehungsweise unter Punkt 5: „Eine Mindestmengenregelung ist schon dann rechtswidrig und damit nichtig, wenn das IQWiG herausgearbeitet hat, dass in Bezug auf einen maßgeblichen Qualitätsindikator (. . .) bis zu einer bestimmten Leistungsmenge die Risikokurve zwar fällt, ab einer bestimmten Leistungsmenge die Risikokurve aber wieder ansteigt . . .“
Die in dem Artikel erwähnte Problematik der Einschränkungen der Grundrechte der freien Berufsausübung ist meines Erachtens ohnehin eine Farce. Wir sollten in Zukunft darauf achten, selbst nicht mitzuhelfen, dass man uns weiter an der Nase herumführen kann.
Dr. med. Dipl. oec. med. Matthias Bausch,
56112 Lahnstein
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