ArchivDeutsches Ärzteblatt16/2012Gendiagnostikgesetz und genetische Beratung II: Vom Irrweg zur praktischen Lösung

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Gendiagnostikgesetz und genetische Beratung II: Vom Irrweg zur praktischen Lösung

Kaplan, Max

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Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens hat die Bundesärztekammer massiv Kritik am Gendiagnostikgesetz geübt. Dies betraf insbesondere den Aspekt, dass wesentliche Aufgaben, die der Gendiagnostikkommission (GEKO) zugewiesen wurden, die ärztliche Berufsausübung betreffen und die Zuständigkeiten der Ärztekammern tangieren. Zudem war das Bundesministerium für Gesundheit nicht einmal bereit, das Inkrafttreten der Umsetzung der Richtlinien um zwei Jahre – wie von der Bundesärztekammer gefordert – zu verschieben.

Nachdem die Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) am 17. November 2011 die Landesärztekammern gebeten hat, die Umsetzung der GEKO-Richtlinien durchzuführen, tagte am 9. Dezember 2011 eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Landesärztekammern, des Berufsverbandes und der wissenschaftlichen Deutschen Gesellschaft für Humangenetik. Sie stimmte sich bezüglich der Durchführung der in den Richtlinien vorgegebenen Wissenskontrolle ab. In den Richtlinien ist festgehalten, dass alternativ zum Besuch der theoretischen Qualifikationsmaßnahme die theoretische Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung für die Dauer von fünf Jahren ab Inkrafttreten der Richtlinie durch eine bestandene Wissenskontrolle nachgewiesen werden kann. Bezüglich des praktisch-kommunikativen Teils stellt die Richtlinie fest, dass der Nachweis des Erwerbs der Psychosomatischen Grundversorgung oder äquivalenter Weiterbildungs- oder Fortbildungsinhalte den Nachweis praktischer Übungen ersetzen kann. Hierauf basierend einigte sich die Arbeitsgruppe auf folgende Empfehlungen an die Landesärztekammern, welche vom Vorstand der Bundesärztekammer bestätigt wurden:

1. Für die Wissenskontrolle zum Nachweis der Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung gemäß § 7 Abs. 3 und § 23 Abs. 2 Nr. 2 a des Gendiagnostikgesetzes wird eine Wissenskontrolle mit 20 Fragen, von denen fünf Fragen fachspezifisch sind, durchgeführt. Für das Bestehen der Prüfung müssen 60 Prozent der Fragen richtig beantwortet werden. Diese Prüfung kann auch webbasiert durchgeführt werden. Zur Vorbereitung auf die Wissenskontrolle wird eine Refresher-Maßnahme als eine freiwillige eintägige Maßnahme mit einem Umfang von etwa sechs Stunden von den Landesärztekammern angeboten.

2. Zum Nachweis der Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung im Kontext der vorgeburtlichen Risikoabklärung wird eine Wissenskontrolle mit zehn Fragen durchgeführt. Zum Bestehen der Prüfung müssen 60 Prozent der Fragen richtig beantwortet werden. Die Wissenskontrolle kann auch webbasiert durchgeführt werden. Eine Refresher-Maßnahme wird nicht angeboten, da hierfür entsprechend der GEKO-Richtlinien eine theoretische Qualifikation mit acht Fortbildungseinheiten infrage kommt.

Rechtssicherheit durch Wissenskontrollen

Die bei der Arbeitsgruppensitzung anwesenden Vertreter des Berufsverbandes und der wissenschaftlichen Gesellschaft für Humangenetik sagten zu, dass sie sich an der Erarbeitung des Fragenpools beteiligen werden und dieser Fragenpool kontinuierlich erweitert wird.

Den praktisch-kommunikativen Teil sieht die Bundesärztekammer durch den Nachweis des Erwerbs der Psychosomatischen Grundversorgung oder durch den Nachweis entsprechender Weiterbildungs- oder Fortbildungsinhalte in den patientenorientierten Fachgebieten als erfüllt an. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass diese Kolleginnen und Kollegen über eine Berufserfahrung verfügen.

Da innerhalb kürzester Zeit für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen eine Rechtssicherheit hergestellt werden musste, setzten die einzelnen Landesärztekammern sehr zeitnah und erfolgreich diese Wissenskontrollen um.

Humangenetiker beraten bei weitreichenden Aspekten

Zur Klarstellung des Begriffs der „fachgebundenen genetischen Beratung“ zitiere ich die entsprechende Richtlinie der GEKO: „Fachgebunden bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die genetische Beratung nicht über die bei der beratenden Ärztin oder beim beratenden Arzt vorhandene Fachexpertise (Facharztschwerpunkt oder Zusatzbezeichnung) hinausgeht. Ergeben sich bei der fachgebundenen genetischen Beratung, die nach Erwerb der Qualifikation für genetische Beratung gemäß dieser Richtlinie durchgeführt werden darf, genetische Aspekte, die die eigenen Fachgebietsgrenzen überschreiten, soll nach Auffassung der GEKO eine genetische Beratung durch eine Fachärztin oder einem Facharzt für Humangenetik oder sofern entsprechend qualifiziert einen Arzt/eine Ärztin mit Zusatzbezeichnung Medizinische Genetik erfolgen.“ Auf die Berücksichtigung der Fachgebietsgrenzen möchte ich in diesem Zusammenhang nochmals hinweisen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sowohl die Bundesärztekammer als auch die Landesärztekammern bemüht waren, ein qualitativ problematisches Gendiagnostikgesetz und eine ebenso problematische GEKO-Richtlinie über die Anforderungen an die Qualifikation und die Inhalte der genetischen Beratung optimal umzusetzen.

Dr. med. Max Kaplan

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