ArchivDeutsches Ärzteblatt33/1998Anspruch bei Außenseiter-Methoden: Verbindlichkeit der Entscheidungen des Bundesausschusses Ärzte/Krankenkassen

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Anspruch bei Außenseiter-Methoden: Verbindlichkeit der Entscheidungen des Bundesausschusses Ärzte/Krankenkassen

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LNSLNS Die Entscheidungen des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode sind für Vertragsärzte, Krankenkassen und Versicherte verbindlich.
Das Bundessozialgericht hat sich in einer Reihe von Urteilen ausführlich mit dem Anspruch von Versicherten auf Kostenerstattung bei der Inanspruchnahme von Therapiemethoden auseinandergesetzt, die bislang noch nicht zum allgemein anerkannten Standard der medizinischen Versorgung gehören. In den strittigen Fällen hatten sich die Versicherten die Methoden selbst beschafft und begehrten nunmehr von den Krankenkassen die Übernahme der Behandlungskosten.
Das Bundessozialgericht hat den Anspruch der Versicherten auf Kostenerstattung abgelehnt. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen nur zu Lasten der Krankenkassen abgerechnet werden, wenn der Bundesausschuß in seinen Richtlinien Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben hat. Die Richtlinien wirken dabei nicht nur zwischen den Krankenkassen und Vertragsärzten, sondern konkretisieren auch die Leistungsansprüche der Versicherten. Neue Methoden sind daher so lange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen, bis der Bundesausschuß sie als zweckmäßig anerkannt hat.
Nur im Fall eines "Systemversagens" könnte der Erstattungsanspruch Aussicht auf Erfolg haben. Ein solches Systemversagen liegt beispielsweise dann vor, wenn das im Gesetz vorgesehene Anerkennungsverfahren trotz Anhaltspunkten für eine therapeutische Zweckmäßigkeit nicht oder nicht rechtzeitig vom Bundesausschuß durchgeführt wurde.
Soweit die Qualität einer neuen Behandlungsmethode infolge eines Systemmangels ausnahmsweise vom Gericht beurteilt werden muß, weil der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen seine ihm nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben ohne sachlichen Grund nicht wahrgenommen hat, kann sich das Gericht aber nicht selbst mit der medizinisch-wissenschaftlichen Qualität der Methode inhaltlich auseinandersetzen. Die Gerichte haben sich vielmehr auf die Prüfung zu beschränken, ob der neuen Methode in der medizinischen Fachdiskussion bereits ein solches Gewicht zukommt, daß eine Überprüfung und Entscheidung durch den Bundesausschuß veranlaßt gewesen wäre.
Dies richtet sich nicht nach medizinischen Kriterien (Wirksamkeit, Plausibilität, Erfolg im Einzelfall und so weiter), sondern nach der tatsächlichen Verbreitung in der Praxis und in der fachlichen Diskussion. Diese liegt dann vor, wenn die Methode in der medizinischen Fachdiskussion eine breite Resonanz gefunden hat und von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewendet wird. Das Bundessozialgericht hat eine solche Verbreitung allerdings weder bei der immunbiologischen Therapie zur Behandlung der Duchenneschen Muskeldystrophie noch bei der Anwendung der Akupunktur bei Neurodermitis oder bei der Behandlung der Multiplen Sklerose mit der immunoaugmentativen Therapie festgestellt. (Bundessozialgericht, Urteile vom 16. September 1997, Aktenzeichen 1 RK 14/96, 1 RK 17/95, 1 RK 28/95, 1 RK 30/95, 1 RK 32/95) Be

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