

Zhan und Stremmel machen zu Recht auf die meist unterschätzte minimale hepatische Enzephalopathie (MHE) aufmerksam. Dabei weisen sie auf das Dilemma hin, dass eine eiweißreduzierte Ernährung der meist schon schwer mangelernährten Patienten deren Muskelmasse weiter vermindert. Leider lassen ihre Ausführungen zur Ernährungstherapie die mögliche Klarheit vermissen. Die Empfehlung einer eiweißreichen Ernährung der Europäischen Gesellschaft für Stoffwechselforschung und klinische Ernährung (ESPEN) basiert auf der Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien (1) und sollte daher nicht relativiert werden. Sogar bei Patienten mit einer erneuten Enzephalopathieepisode bringt die früher empfohlene Eiweißrestriktion keinen Vorteil (2). Die immer wieder propagierte Empfehlung einer Eiweißrestriktion geht auf eine Sammelkasuistik von Sherlock und Mitarbeitern aus dem Jahr 1954 zurück. Dort wird eine ausgewählte Untergruppe von fünf Zirrhosekranken mit chronischer Enzephalopathie beschrieben, von denen vier zusätzlich eine Pfortaderthrombose hatten und zwei mit Ammoniumchlorid als Diuretikum behandelt wurden. Die „Fleischintoxikation“ als präzipitierender Faktor einer hepatischen Enzephalopathie ist heute ein rares Ereignis, weshalb die Listung von Eiweißexzessen an zweiter Stelle im Kasten der präzipitierenden Faktoren unangemessen ist. Von größerer Bedeutung sind hier Infektionen, die systematisch und rasch gesucht und behandelt werden müssen und ganz oben auf der Liste zu nennen sind.
Am Rande sei bemerkt, dass eine Lactulosewirkung auf die Ammoniumbildung aus Glutamin durch die Dünndarmmukosa allenfalls über die Entleerung des Darmlumens, nicht aber über eine spezifische Wirkung auf die Glutaminaufnahme belegt ist (3). Für ihre Liste der kontrollierten Studien zur Therapie der MHE sind den Autoren die Studien der Arbeitsgruppe um Egberts und Schomerus zur Verbesserung der Fahrtauglichkeit durch verzweigtkettige Aminosäuren entgangen.
DOI: 10.3238/arztebl.2012.0502a
Prof. Dr. med. Mathias Plauth
Städtisches Klinikum Dessau
mathias.plauth@klinikum-dessau.de
Interessenkonflikt
Der Autor erhielt Beraterhonorare von Baxter Advisory Board und Vortragshonorare von Falk Foundation, Nestlé, Baxter, Roche und Ardeypharm sowie Honorare auf ein Drittmittelkonto mit Verantwortung der Honorare für die Durchführung mehrerer klinischer Phase-II/III-Studien von Roche AG.
1. | Kearns P, Young H, Garcia G, et al.: Accelerated improvement of alcoholic liver disease with enteral nutrition. Gastroenterology 1992; 102: 200–5. MEDLINE |
2. | Córdoba J, López-Hellín J, Planas M, et al.: Normal protein for episodic hepatic encephalopathy: results of a randomized trial. J Hepatol 2004; 41: 38–43. CrossRef MEDLINE |
3. | Plauth M, Raible A, Graser TA, et al.: Lactulose or paromomycin do not affect ammonia generation in the isolated perfused rat small intestine. Z Gastroenterol 1994; 32: 141–5. MEDLINE |
4. | Zhan T, Stremmel W: The diagnosis and treatment of minimal hepatic encephalopathy. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(10): 180–7. VOLLTEXT |
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World Journal of Hepatology, 201710.4254/wjh.v9.i14.667