

Wer heilt, hat recht. Diese Aussage wird gern zitiert, wenn es um die Heilmethode geht, die sich bisher einem wissenschaftlichen Verständnis ihrer Wirkungsmethode entzieht – oder bei der keine belastbaren Studien für ihre Wirkung vorliegen: Es geht um die Homöopathie. Interessanterweise erfreut diese sich wachsender Beliebtheit, wo hingegen eine Heilmethode wenig bis gar keine Aufmerksamkeit erhält, bei der belastbare Studien zur Wirkung existieren. Es handelt sich um die Poesie- oder Schreibtherapie, mit der sich das Buch beschäftigt.
Die Autorin, eine praktizierende Poesietherapeutin, hat in dem Werk eine Vielzahl von Studien zum Thema Poesie- und Schreibtherapie verschiedenster Designs und Ergebnisse geordnet und damit einer breiten Leserschaft zugänglich gemacht. Nach einer Einführung und einer Auflistung von beobachteten Wirkfaktoren und Wirkungen, die die Poesietherapie entfaltet, werden die Studien und ihre Ergebnisse nach zwei grundsätzlichen Kriterien geordnet: nach Wirksamkeitsnachweisen und nach spezifischen Indikationen. Die Liste der Indikationen umfasst psychiatrische, psychosomatische und auch somatische Indikationen.
Die Autorin verschweigt auch widersprüchliche und negative Studienergebnisse nicht, die aber bei der heterogenen Studienlage und der Komplexität des Untersuchungsgegenstands zu erwarten sind. Mit analytischem Sachverstand und breitem medizinischem Wissen präsentiert die Autorin interessante Fakten und regt zum Nachdenken an. Die sorgfältig geordneten Fakten und die empirischen Erfahrungen, dass Schreiben hilft, schwierige Lebensereignisse besser verarbeiten zu können, lassen die Frage unbeantwortet, warum diese Hilfe zur Selbsthilfe noch immer nicht zum Kanon der etablierten Psychotherapieverfahren gehört.
Jedem, dem der Praxis- oder Klinikalltag noch nicht sämtliche Neugierde geraubt hat, sei die Lektüre des Buches ans Herz gelegt. Rolf Lange
Silke Heimes: Warum Schreiben hilft. Die Wirksamkeitsnachweise zur Poesietherapie. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012, 260 Seiten, kartoniert, 29,99 Euro