BRIEFE
Vertragsärzte: Die falschen Entscheider


Die dringliche Notlage, in welcher sich Patienten/Versicherte, Ärzte und Therapeuten, ja im Grunde das gesamte deutsche Gesundheitswesen heute befinden, verlangt offensichtlich nach sehr einschneidenden Schritten. Ich meine jedoch, dass der Vorschlag von Herrn Köhler, eine Befragung der Mitglieder bezüglich Beibehaltung beziehungsweise Novellierung des Sicherstellungsauftrages durchzuführen, nur ein allererster Schritt sein kann.
Denn: Die Krankenkassen und der G-BA sind als Kern des Problems anzusehen. Diesen ist der Verfall der Therapie- und Diagnosefreiheit zuzuschreiben. Wir leben schon seit Jahren damit, dass Buchhalter, Juristen und Ökonomen . . . die eigentlichen medizinischen Entscheidungen treffen. Solange diese Strukturen noch weiter fortbestehen, wird es keinerlei Hoffnung auf eine zukunftsfeste Erneuerung des Gesundheitswesens geben. Selbstbestimmung und Demokratie – als dem 21. Jahrhundert angemessene Grundvoraussetzungen hierfür – sind in den Köpfen der Kassen-Player, aber auch der Lobbyisten aus Pharma und Industrie Fremdwörter. Sie dürfen keine bestimmende Rolle im Gesundheitswesen mehr spielen!
Aus diesem Grunde bin ich der Auffassung, dass:
1. die Krankenkassen bereits mittelfristig – in drei bis vier Jahren – komplett aufgelöst werden. An ihre Stelle tritt eine – wesentlich kostengünstiger finanzierbare – Unterbehörde der Finanzämter, die die Gelder der Versicherten an die Leistungserbringer weitergibt. Die Versichertenbeiträge werden hinfort als Steuer – mit einer in etwa der Einkommensteuer analogen Progression – erhoben;
2. der G-BA durch ein Gesundheitsparlament ersetzt wird, welches sich aus circa 600 Abgeordneten zusammensetzt, die analog zum Bundestag alle vier Jahre aus freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgehen. Dieses Parlament trifft alle Entscheidungen des Gesundheitswesens. Der Sicherstellungsauftrag kann an dieses Parlament übergehen;
3. ab sofort die Unterscheidung zwischen Privat- und Vertragsärzten entfällt. (Auf diese Weise wäre einem drohenden Ärztemangel ein erster Riegel vorgeschoben.) Mit sofortiger Wirkung werden die im Sozialgesetzbuch V genannten „Besonderen Therapierichtungen“ ideell und vergütungsmäßig der konventionellen Medizin gleichgestellt. Es gelten hinsichtlich der Therapiewahl alleine die zwischen Patient und Arzt/Therapeut getroffenen Vereinbarungen . . .
Dr. med. Mathias Poland, 79669 Zell