POLITIK
Pflegeversicherung: Mehr Geld für Demenzkranke


Seit dem 1. Januar erhalten Menschen mit „erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz“ höhere Leistungen aus der Pflegeversicherung. Der Beitragssatz steigt von 1, 95 auf 2,05 Prozent.
Wie viel Hilfe braucht ein Mensch beim Essen, Waschen und Anziehen? Das war bislang die entscheidende Frage, wenn es um eine Pflegestufe ging. Allein körperliche Einschränkungen spielten bei den Leistungen der Pflegeversicherung eine Rolle. Demenzkranke fielen durchs Raster. Seit dem 1. Januar ist das nun anders. Auch Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz erhalten Geld. Das sieht das Pflegeneuausrichtungsgesetz (PNG) vor.
Finanziert werden sollen die zusätzlichen Leistungen durch höhere Beiträge. Der Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung ist zum 1. Januar von 1,95 Prozent auf 2,05 Prozent gestiegen – für Kinderlose von 2,2 auf 2,3 Prozent.
Mehr Geld erhalten Demenzkranke, die ambulant versorgt werden. Ihre Ansprüche in den Pflegestufen I und II werden aufgestockt. Auch Demenzpatienten, die bisher keine Pflegestufe haben, bekommen künftig Geld. Sie erhalten die Pflegestufe 0. Erfolgt die Versorgung durch Angehörige gibt es 120 Euro Pflegegeld. Für Sachleistungen, also die Betreuung durch einen Pflegedienst, 225 Euro.
Die Zahlungen bekommen Demenzkranke allerdings nicht automatisch. Nach Angaben von Dr. Kai Behrens, Sprecher der Barmer-GEK, erfolgt die Bewilligung der Leistungen „im Rahmen des gängigen Verfahrens“. Das bedeutet: Versicherte oder Angehörige müssen zunächst einen Antrag stellen. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen überprüft dann, ob ein Anspruch besteht.
Für Betroffene ist es mitunter schwierig, die Leistungen zu überblicken. Vielen ist nicht bekannt, dass es bereits die Möglichkeit gibt, bei „erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf“ bis zu 200 Euro im Monat für ergänzende Leistungen zu beantragen. Das sind niedrigschwellige Betreuungsanbote, etwa Gruppen für Demenzkranke.
Wer Schwierigkeiten bei der Beantragung von Leistungen oder der Pflege selbst hat, sollte sich von seiner Pflegekasse beraten lassen. Seit 2009 gibt es einen Rechtsanspruch auf kostenfreie Pflegeberatung. Pflegebedürftige und Angehörige können sie telefonisch oder persönlich in Anspruch nehmen. Durch das PNG werden die Kassen hier stärker in die Pflicht genommen. Sie müssen innerhalb von zwei Wochen einen Termin anbieten.
Mit der Pflegereform treten noch weitere Neuerungen in Kraft. Verbessert werden soll die ärztliche Versorgung in Heimen. Ärzte und Pflegeheime sollen Kooperationsverträge schließen. Für die bessere Betreuung werden Vergütungszuschläge vereinbart. Zunächst müssen aber die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen „Anforderungen an eine kooperative und koordinierte ärztliche und pflegerische Versorgung“ erarbeiten. Die Zuschläge sind für den Zeitraum bist zum 31. Dezember 2015 befristet. Die Kooperationen sollen evaluiert werden.
Dr. med. Birgit Hibbeler
@Die Neuregelungen des PNG im Detail: www.aerzteblatt.de/52854