ArchivDeutsches Ärzteblatt3/2013Finanzierung der Universitätsmedizin: An der Grenze der Belastbarkeit

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Finanzierung der Universitätsmedizin: An der Grenze der Belastbarkeit

Albrecht, Michael; Kroemer, Heyo K.; Strehl, Rüdiger

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Die Fehlentwicklungen in der Krankenhausfinanzierung treffen die Universitätsklinika besonders hart. Denn als Supramaximalversorger können sie sich nicht auf lukrative Bereiche spezialisieren. Eine Sonderfinanzierung der Universitätsmedizin ist wegen ihrer spezifischen Aufgaben angemessen.

Foto: mauritius images
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Die Universitätsmedizin ist durch den Aufgabenverbund von Forschung, Lehre und Krankenversorgung geprägt. Diese drei Aufgaben werden in einem Organisationskonstrukt aus medizinischer Fakultät und Universitätsklinikum verfolgt. Ohne diese Universitätsmedizin gäbe es das deutsche Gesundheitswesen in seiner international beachteten Form und Leistungsfähigkeit nicht. Nahezu alle Ärztinnen und Ärzte werden von ihr ausgebildet. Die Weiterbildung zum Facharzt wird maßgeblich von ihr geleistet, in Spezialfächern fast ausschließlich. Unklare Fälle werden letztlich durch sie diagnostiziert, Schwerst- und Todkranke vornehmlich durch sie klinisch versorgt.

Foto: picture alliance
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Es gibt in Deutschland mehr als 2 000 Krankenhäuser, aber nur 32 Universitätsklinika. Dennoch vorsorgen diese circa zehn Prozent aller stationären Patienten. Die biomedizinische Grundlagenforschung, die klinischen Erprobungen und die Erstanwendungen der meisten medizinischen Innovationen erfolgen im Rahmen der Universitätsmedizin. Gleichwohl vergüten die Kostenträger die in den Universitätskliniken erbrachten Leistungen nach den gleichen Kriterien wie in allen anderen Krankenhäusern. In der ambulanten Versorgung erhalten die hochspezialisierten Hochschulambulanzen zu weiten Teilen sogar noch geringere Entgelte als die niedergelassenen Vertragsärzte.

Defizite der Krankenhausfinanzierung

Die Krankenhäuser werden dual von der Krankenversicherung und den Bundesländern finanziert. Während die Investitionsmittel über die Länder getragen werden, sind die nichtinvestiven Kosten von Kostenträgern in einem gesetzlich vorstrukturierten Fallpauschalensystem (DRGs) zu finanzieren.

Foto: laif
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Die Investitionszuschüsse sind seit Jahren rückläufig und unzureichend. So sind weder die Infrastrukturkosten gesichert, noch die Finanzierung des medizinischen Fortschritts. Mit der Föderalismusreform II dürfte die Finanzkraft der Länder spätestens ab 2020 noch schwächer ausfallen. Moderne Medizin ist aber ohne ständige Investitionen undenkbar. Bleiben sie aus oder fallen sie nachhaltig viel zu niedrig aus, können die besten Ärzte ihre Arbeit nicht mehr machen.

Das Entgeltsystem für die Betriebskosten im stationären Bereich basiert auf mehr als 1 000 DRG-Fallpauschalen und einem Budgetierungsverfahren. Beide Elemente leiden unter Funktionsverlusten und offenbaren eklatante Schwächen. Die Budgetierung der Leistungen öffnet zunehmend eine Schere: Die Faktorpreissteigerungen etwa beim Personal, teuren Medikamenten oder stetig steigenden Energiekosten werden wegen der künstlichen und realitätsfremden Deckelung der Entgeltfortschreibungen niemals ausgeglichen. Die Kosten steigen permanent schneller als die Entgelte. Als Folge dessen können die Krankenhäuser immer weniger Personal trotz steigender Patientenzahlen bezahlen.

Foto: laif
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Anders als die Politik suggeriert, handelt es sich bei dieser Entgeltsystematik nicht um ein marktwirtschaftliches Preissystem. Das Krankenhaus als Leistungsanbieter kann die eigenen Kostensteigerungen bei seiner Angebotspreisgestaltung eben nicht angemessen berücksichtigen. Das Entgeltsystem basiert vielmehr auf der statistischen Auswertung von zugelieferten Kostendaten einiger Krankenhäuser. Dabei werden Normbereiche definiert. Kostendaten außerhalb dieser Normbereiche werden nicht berücksichtigt. Dieses Fallpauschalensystem kennt keine relevante Differenzierung. Sämtliche Krankenhäuser, egal ob groß oder klein, vollausgelastet oder nur unzureichend belegt, erhalten die gleichen Entgeltpauschalen, obwohl sie erkennbar ungleiche Kosten haben.

Notfallversorgung: Es entziehen sich Krankenhäuser einer defizitbringenden Leistung, die dann von anderen, vor allem den Universitätsklinika ohne angemessenes Entgelt vorgehalten und erbracht werden muss. Foto: picture alliance
Notfallversorgung: Es entziehen sich Krankenhäuser einer defizitbringenden Leistung, die dann von anderen, vor allem den Universitätsklinika ohne angemessenes Entgelt vorgehalten und erbracht werden muss. Foto: picture alliance

Diese Kombination von Budgetierung und Einheitspauschalen haben diejenigen Krankenhäuser am erfolgreichsten verarbeitet, die sich spezialisiert haben. Somit konnten sie hohe Fallzahlen pro Leistung mit einer stetigen Leistungsausweitung kombinieren. Unattraktive Leistungen beziehungsweise Kostenausreißer wurden so aussortiert. Diejenigen, die diesen Weg nicht beschritten haben, bewegen sich in roten Zahlen oder steuern auf negative Wirtschaftsergebnisse zu. Universitätsklinika haben Endversorgungspflichten als Supramaximalversorger und können dieses Erfolgsmodell der Fallzahlsteigerung in ausgesuchten profitablen Bereichen nur zu einem geringen Teil verfolgen. Aufgrund ihres breiten Leistungsspektrums als Basis für Aus- und Weiterbildung und ihrer Forschungsorientierung, trifft sie diese Unart des Budgetierungs- und Entgeltsystems in besonderer Weise. Ohne grundlegende Reformen im Gesundheitswesen, die derzeit nicht absehbar sind, muss für die Universitätsklinika über andere Lösungen nachgedacht werden.

Spezifische Belastungen der Universitätskliniken

Die Universitätsmedizin kann die Fehlentwicklungen durch Budgetierung und Preissystem gerade deshalb nicht länger hinnehmen, weil sie im Unterschied zu anderen Krankenhäusern weitere Belastungen zu meistern hat:

  • Extremkostenfälle. Als Letztversorger von schwierigen und komplizierten Fällen haben die Universitätsklinika einen signifikant größeren Anteil an den Extremkostenfällen. Diese Behandlungen sind extrem aufwendig, erfordern eine hohe Interdisziplinarität und weisen zumeist eine überdurchschnittlich lange Verweildauer auf. Ihre Versorgung setzt eine teure Infrastruktur voraus. Die entsprechenden Zusatzkosten werden über eine normale, als Mittelwertkalkulation festgesetzte DRG-Fallpauschale nicht ausreichend erfasst.
  • Ambulanzpauschalen. Die Hochschulambulanzen sind nach dem Gesetz nur für Forschung und Lehre zugelassen. Hier operiert das Sozialgesetzbuch (SGB) V mit der Fiktion, die Sicherstellung der Ambulanzversorgung sei durch die Vertragsärzte gegeben. Dies trifft nachweislich nicht zu. Insbesondere in der hochspezialisierten tertiären Ambulanzversorgung (spezielle ambulante Versorgung im Unterschied zur primärärztlichen Grundversorgung und zur grundständigen fachärztlichen Versorgung) werden viele Angebote nur oder überwiegend durch die Universitätsmedizin bereitgestellt. Diese Versorgung ist aufwendig in Diagnostik und Therapie und wird durch Quartalspauschalen, die in vielen Bundesländern deutlich unter 100 Euro liegen, nicht annähernd ausfinanziert. Auch neue Reformansätze für die spezialisierte ambulante Versorgung (§ 116 b SGB V) werden hier keine Verbesserungen bringen. Diese Ansätze basieren auf etablierten Leistungsbeschreibungen und Vergütungen. Die innovative und teure Versorgung durch die Hochleistungsmedizin ist hier nicht enthalten. Zugleich steigt der Bedarf der Universitätskliniken am Ambulanzzugang stetig. Die „Ambulantisierung“ der Medizin führt dazu, dass der Aus- und Weiterbildungsauftrag der Universitätsmedizin nur mit stationären Patienten nicht mehr sachgerecht erfüllt werden kann.
  • Innovationszentren. Moderne Medizin lebt von ständigen Innovationen, um die Grenzen der diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten weiterzuentwickeln. Die klinische Erprobung und Erstanwendung von neuen Behandlungsmethoden erfolgt zumeist in der Universitätsmedizin. Damit ist eine mehrfache finanzielle Belastung verbunden. Erstens sind neue Produkte und Verfahren in den ersten Jahren der Markteinführung zumeist extrem teuer. Zweitens müssen diese Innovationen klinisch kontrolliert eingeführt werden. Die erforderlichen Studien und Untersuchungen sind ihrerseits aufwendig und begründen einen weiteren Finanzierungsbedarf. Drittens wird die Eingliederung von innovativen Leistungen in das Entgeltsystem zumeist jahrelang hinausgezögert. Eine systematische Lösung dieser Problematik ist derzeit nicht in Sicht. Der größere Profiteur des Status quo, die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) als Kostenträger von mehr als 90 Prozent der Patienten, lehnt eine Finanzierungsbeteiligung in den meisten Fällen mit rechtlichen Begründungen ab. Die Universitätsmedizin, die sich ihrer Aufgabe als Zentrum von Innovationen nicht entziehen kann, bleibt somit zum großen Teil auf ihren Kosten sitzen.
  • Weiterbildung. Auch die ärztliche Weiterbildung ist für die Universitätsklinika sehr finanzaufwendig. Berufsanfänger haben bei weitem nicht die Produktivität wie erfahrene Fachärzte. Für die gleichen Leistungen werden oftmals mehr Ärzte benötigt, dadurch fällt ein zusätzlicher direkter Personalaufwand an. Zusätzlich muss auch für die erfahrenen Ober- und Fachärzte ein zusätzlicher Aufwand veranschlagt werden, weil diese sich um die Anleitung der Berufsanfänger kümmern. Dies ist zumeist dann einschlägig, wenn forensische Vorschriften auf den Facharztstandard abheben. Insgesamt verzögern sich in den Universitätsklinika viele Abläufe durch den überdurchschnittlich hohen Anteil von Nichtfachärzten in der Weiterbildung. In den Niederlanden erhalten die Universitätsklinika 123 000 Euro je Weiterbildungsassistent im Jahr, 67 000 Euro für das Gehalt und 56 000 Euro für die Zusatzkosten.
  • Notfallversorgung. Die Sicherstellung der Notfallversorgung ist sehr ungleich verteilt: Es gibt Krankenhäuser, die beteiligen sich überhaupt nicht, andere wiederum nur selektiv zu bestimmten Zeiten in der Woche. Wieder andere beteiligen sich nur in bestimmten Fachdisziplinen oder praktizieren Fallzahlbegrenzungen, um ihre Vorhaltungen zu limitieren. Eine komplette Notfallversorgung rund um die Uhr über alle chirurgischen, internistischen und neurologischen Disziplinen dürften nur wenige der circa 2 000 Krankenhäuser in Deutschland anbieten. Notfallversorgung produziert Vorhaltekosten. Ob die Zahl der Fälle, und damit die Summe der Entgelte aus Fallpauschalen, diese Vorhaltekosten abdeckt, muss für viele Krankenhäuser bezweifelt werden. Die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen war bisher der Auffassung, dass daher zwischen den Krankenhäusern eine Umverteilung angebracht wäre. Ein solcher Ausgleich ist aber bislang nicht gelungen: Derzeit wird der Basisfallwert von knapp 3 000 Euro nur bei den Häusern um 50 Euro vermindert, die nachweislich überhaupt nicht an der Notfallversorgung teilnehmen. Es ist offensichtlich, dass damit der Zusatzaufwand für eine unfallchirurgische Nothilfe, eine Schlaganfallstation oder ein Herzinfarktzentrum nur annähernd beglichen werden kann. Es entziehen sich also Krankenhäuser einer defizitbringenden Leistung, die dann von anderen, vor allem den Universitätsklinika ohne angemessenes Entgelt vorgehalten und erbracht werden muss.
  • Interdisziplinäre Krankenversorgungszentren. Moderne Hochleistungsmedizin ist interdisziplinär und lebt von dem ständigen Transfer von Innovationen. Interdisziplinarität ist deswegen teuer, weil viele Spezialisten gleichzeitig an den entsprechenden Konferenzen teilnehmen, was zu deutlich erhöhten Personalkosten führt. Aus diesem Grund können laut Gesetz für solche Behandlungszentren Zuschläge mit den Krankenkassen ausgehandelt werden. Diese Regelung ist bislang jedoch entweder nicht angewandt worden oder die Kassen haben sich geweigert, den echten und kompletten Zusatzaufwand für Dokumentationen, Fallkonferenzen, Beratungen und Zweitmeinungen, Auswertungen und Nachkontrollen zu erstatten. Damit bleiben gerade universitätsmedizinische Behandlungszentren für Krebs, Gefäßerkrankungen, Rheuma und seltene Erkrankungen unterfinanziert.
  • Seltene Erkrankungen. Seltene Erkrankungen sind meist genetisch mitbedingt und zurzeit häufig nicht heilbar. Sie bedürfen einer besonders zeitintensiven Zuwendung zum Patienten und aufwendiger Spezialdiagnostik, die nicht durch Automatisierung erledigt werden kann. Sie fallen zumeist nur in kleinen Fallzahlen pro Krankenhausstandort an. Damit greift methodisch das diagnosebezogene Fallpauschalensystem nicht, weil dieses nur dann kalkulieren kann, wenn hinreichende Fallzahlen mit prüfbaren statistischen Verteilungen als Datengrundlage herangezogen werden.
  • Aufgabenverbund und Organisationskosten sowie Zeitverluste. Nur die Universitätsmedizin geht mehreren Aufgaben gleichzeitig im Verbund nach. Damit hat sie organisatorisch erhebliche Nachteile gegenüber Krankenhäusern, die sich überwiegend der stationären Krankenversorgung widmen können. Solche Mischaufgabengebiete können nicht annähernd so effizient gestaltet werden wie die Übertragung nur einer Kernaufgabe. Mit diesem Aufgabenverbund sind zudem erhebliche zeitliche Verzögerungen verbunden. Die Universitätsmedizin hat allein aus dem Aufgabenverbund ein Organisationshandicap und damit einen höheren Kostenaufwand gegenüber reinen Krankenhäusern.

Für einzelne dieser Zusatzbelastungen ist bereits versucht worden, spezielle Finanzierungslösungen im System zu finden. So wurde ein Teil der Extremkostenfälle in das DRG-System integriert, für den Rest sah sich das zuständige Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) nicht in der Lage, eine Lösung anzubieten. Diese Fälle individuell zu kalkulieren, wäre extrem aufwendig, methodisch schwierig und eine endlose Quelle für bürokratische Einzelfallprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, heißt es. Ausreichende Finanzierungen für die unterfinanzierten Hochschulambulanzen werden seit Jahrzehnten ohne Ergebnis diskutiert. Maßgeblich ist hier der Widerstand der niedergelassenen Vertragsärzte mit ihren Vereinigungen und der Krankenkassen. Adäquate Finanzierungsregelungen für Innovationszentren, interdisziplinäre Krankenversorgungszentren, seltene Erkrankungen und die Notfallversorgung hätten im geltenden Finanzierungssystem vereinbart werden können. Verantwortlich für die unzureichende Umsetzung sind einmal die Krankenkassen. Diese haben für moderne universitär geprägte Versorgungsangebote bislang zu wenig Verständnis und Bereitschaft zur Regelung und Finanzierung aufgebracht. Man darf aber auch die Widerstandshaltung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) nicht übersehen, die ihre Interessenwahrnehmung vorrangig an den mehr als 2 000 nichtuniversitären Krankenhäusern ausrichtet. Aber selbst für die Weiterbildung, die finanzierungstechnisch mit einer Pauschale je Absolvent finanziert werden könnte, haben die Kassen und die DKG im bestehenden System keinerlei Lösung kreieren können.

Angesichts der methodischen und systemischen Schwierigkeiten spricht daher viel dafür, nicht für jeden der einzelnen acht Tatbestände eine eigene technische Finanzierungslösung anzustreben. Abgesehen davon, dass es an Konzepten weitgehend fehlt, ist die Gefahr sehr groß, dass solche Verhandlungen in der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens interessengeprägt versanden oder zusätzlichen bürokratischen Verfahren unterzogen werden. Der Blick ins Ausland rät eher dazu, für die Summe dieser Tatbestände einen Systemzuschlag für universitäre Medizin vorzusehen. Solche Lösungen sind von Österreich, den Niederlanden und aus bestimmten Regionen der USA bekannt. Ein solcher Ansatz hat den Vorteil, dass er methodisch nicht anspruchsvoll und bürokratisch nicht anfällig ist. Naturgemäß würde die Fixierung des Systemzuschlags einen gewissen normativen Charakter haben. So müssen derzeit die universitären Medizinzentren in Kalifornien ihren Zuschlag von 15 Prozent auf die normalen Krankenhausentgelte schon in einer Diskussion mit den Kostenträgern versuchen nachzuweisen. Dennoch entfalten die acht aufgeführten Sondertatbestände der Universitätsmedizin eine generelle Argumentationskraft für einen solchen Zuschlag. Es ist richtig, dass einzelne dieser Zusatzaufgaben und Handicaps auch in nichtuniversitären Krankenhäusern anzutreffen sind. Aber nur in den 32 universitätsmedizinischen Zentren fallen alle acht Zusatzaufgaben in ausgeprägter Form an.

Frühere Möglichkeiten, Defizite in der Krankenversorgung durch Zweckentfremdungen von Finanzmitteln für Forschung und Lehre auszugleichen, entfallen, weil diese Zuschüsse einerseits selbst unter Kürzungsdruck stehen und andererseits die Controllinginstrumente in den Klinika inzwischen greifen. Es ist überfällig, dass sich die Politik ausdrücklich zu diesem Sonderstatus der Universitätsmedizin bekennt und ihren Zusatzaufgaben eine faire Finanzierung zuordnet.

Würde man beispielhaft die Daten der deutschen Universitätsklinika mit der kalifornischen Zuschlagsregelung kombinieren, würde ein Systemzuschlag einen Mehraufwand von ungefähr einer Milliarde Euro ausmachen. Eine Anlehnung an das niederländische Modell mehrerer Zuschüsse aus den Etats des Wissenschafts- und des Gesundheitsministeriums würde einen höheren Zuschlagsbetrag ergeben.

Nur geringe Mehrausgaben für den Gesundheitsfonds

Als Finanziers in Deutschland kommen die gesetzliche Krankenversicherung und der Haushalt des Bundesministeriums für Wissenschaft in Betracht. Wichtige der angeführten Sonderbelastungen haben einen eindeutigen Akzent entweder in der Krankenversorgung oder in der Forschung. Eine Teilfinanzierung über die gesetzlichen Krankenkassen würde den Gesundheitsfonds mit weniger als 0,3 Prozent seines heutigen Volumens belasten. Das Bundeswissenschaftsressort fährt derzeit schon mehrjährige Pakte und Sonderprogramme (Exzellenzinitiative, Gesundheitszentren, Programmpauschalen), in die eine Finanzbeteiligung für einen Systemzuschlag für die Universitätsmedizin eingegliedert werden könnte. Die Verteilung eines solchen Systemzuschlags sollte entgeltfern erfolgen, also nicht den Einzelfall in der Universitätsklinik verteuern, damit die Wettbewerbsstruktur im Krankenhausbereich nicht verzerrt wird. Wie die Verteilung auf die 32 universitätsmedizinischen Zentren erfolgen könnte, ist noch zu diskutieren. Auch hier sollte klar sein, dass methodische Erwägungen gegenüber pragmatischen Gesichtspunkten Nachrang haben müssten.

  • Zitierweise dieses Beitrags:
    Dtsch Arztebl 2013; 110(3): A 65–8

Anschrift für die Verfasser
Dipl.-Kfm. Dipl.-Pol. Rüdiger Strehl,
Verband der Universitätsklinika Deutschland e.V., 10559 Berlin
strehl@uniklinika.de

Der Artikel basiert auf einem Papier, dass im Anschluss an eine Gesprächsrunde im niedersächsische Wissenschaftsministerium verfasst wurde. Weiterhin an diesem Treffen beteiligt waren Prof. Dr. med. Dieter Bitter-Suermann und Dr. med. Andreas Tecklenburg, Medizinische Hochschule Hannover, Dr. med. Sebastian Freytag und Dr. med. Martin Siess, Universitätsmedizin Göttingen, sowie Prof. Dr. med. Hans-Jochen Heinze, Universitätsklinikum Magdeburg.

Vorsitzender des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Dresden: Prof. Dr. med. Albrecht
Präsident des Medizinischen Fakultätentages, Sprecher des Vorstands der Universitätsmedizin Göttingen:
Prof. Dr. rer. nat. Kroemer
Generalsekretär des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands: Dipl.-Kfm., Dipl.-Pol. Strehl

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