BRIEFE
Behandlungsfehler: Emotionale Auswirkungen von großer Bedeutung


Über den Beitrag „Behandlungsfehler“ habe ich mich sehr gefreut. In der Bayerischen Landesärztekammer haben wir dieses Thema öffentlich erstmals im November 2012 im Rahmen des Symposiums „Kooperation in Arzthaftungsfragen“ (BÄBl 12/2012, 700–1) angesprochen. Aufgrund der ausgesprochen positiven Resonanz werden wir uns in der kommenden Ausgabe des Bayerischen Ärzteblatts noch einmal diesem Thema widmen. Die Autorin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass ein guter Vorgesetzter seinen Mitarbeiter nach einem Zwischenfall in der Regel am besten auffangen kann. Ergänzend erscheint es mir sinnvoll zu sein, zu erwähnen, dass bestimmte psychische Reaktionen verzögert auftreten können. Als Vorgesetzter sollte man sich daher gewisse Grundkenntnisse zu möglichen Symptomen dysfunktionaler Verarbeitungsmechanismen zu eigen machen, um auch Reaktionen, die scheinbar „ohne konkreten Anlass“ oder schleichend auftreten, zu erkennen und in den richtigen Zusammenhang stellen zu können. Auch wenn dies möglicherweise „viel verlangt“ ist, dürfte es doch sowohl dem Wohl des einzelnen Arztes beziehungsweise des Teams/der Abteilung als auch dem Ziel der Verbesserung der Patientensicherheit dienen. Die von der Autorin zitierte Auffassung Frau Dr. Carola Seifarts, Ärzte würden durch ihr Studium schlecht auf die Konfrontation mit eigenen Fehlern vorbereitet und erlernten einen „Unfehlbarkeitsanspruch“ der klinischen Medizin, teile ich. Sie deckt sich ebenso mit den Erfahrungen, die wir als Gutachterstelle im Rahmen eines Lehrauftrags an der LMU München gewinnen durften. Wir vermitteln daher seit einigen Jahren den künftigen Ärztinnen und Ärzten neben den zivilrechtlichen Aspekten des Themas „Arzthaftung“ auch die möglichen emotionalen Auswirkungen eines medizinischen Zwischenfalls – für beide Seiten. Ich würde mich freuen, wenn dieses wichtige Thema weiterhin im Bewusstsein der Ärzteschaft bliebe.
Dr. Christian Schlesiger, Abteilungsleiter der Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen bei der Bayerischen Landesärztekammer, 81677 München
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