

Sie wird in der heutigen Medizin zu Recht gefordert, die Partnerschaft des Patienten, der auf Augenhöhe die Therapie mitbestimmt, über alle Eventualitäten, alle Störwirkungen und Komplikationen von Diagnostik und Therapie informiert ist und auf dieser Basis frei entscheiden kann. Damit dies auch wirklich überall und jederzeit realisiert wird, hat die Jurisdiktion dem Patienten Rechte gegeben. Aufklären sollen wir, auch die seltenste Störwirkung erläutern, Komplikationen kommentieren, Zwischenfälle zerreden. Häufig ist aber nicht die Zeit dazu, befindet man sich doch zwischen Aufklärungspflicht und Sofortmaßnahmen förmlich in einer Magill-Zange. Sollte man es aber versäumt haben, im Eifer des Gefechts den Patienten gründlich aufzuklären, so sieht man sich hinterher bittersten Vorwürfen ausgesetzt.
Wie zum Beispiel von meiner Patientin, bei der ich zufällig eine malignomtypische Raumforderung im Pankreas nachgewiesen hatte und sie zügig zur Computertomographie des Abdomens vorstellte. „Also, Herr Doktor, ich muss mich beschweren, das können Sie mit mir nicht machen. Nach dem Kontrastmittel habe ich Durchfall bekommen, das war total schlimm!“ Was ein Glück, dass ich mit ihrem Hausarzt so gut kooperiere und dieser die weiteren notwendigen Schritte einleitet.
„In der Rechnung behaupten Sie, Sie hätten mit dem Chefarzt telefoniert! Sie haben mir doch den Arztbrief mitgegeben, in dem alles drinstand! Dass Sie überflüssigerweise telefonieren, hätten Sie mir vorher sagen müssen. Sie wollen sich nur bereichern, ich werde das nicht bezahlen!“ echauffiert sich eine ältere, privat versicherte Dame, die sich gerade von der erneuten Herzoperation erholt hat. Zuvor hatte ich einen Thrombus nachgewiesen, der ihre Kunstprothese in Aortenposition blockierte. Nun, des lieben Friedens willen übe ich mich in Honorarverzicht.
„Das mache ich nicht noch mal mit! Auf der Station hat der Nachbar so geschnarcht, ich sage Ihnen: nie wieder!“ will dieser Patient seine kritischen Koronarstenosen mittels Stent versorgt wissen. Dann bin ich wohl gezwungen, ihn künftig beim Herzchirurgen vorzustellen. Kann dieser aber eine schnarcherfreie postoperative Betreuung garantieren?
Dies sind nur wenige, aus der täglichen Routine gegriffene Beispiele, die aber eindrucksvoll belegen, dass die Aufklärung unserer Patienten im Allgemeinen als auch in Notfallsituationen noch unvollkommen ist. Daher mein Appell an mich als auch an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Nutzen Sie bitte die kurze Spanne der Aufmerksamkeit, die uns beispielsweise ein Patient zwischen Kammerflattern und Kammerflimmern noch schenken kann, um über Rippenknirschen nach Reanimation oder Unannehmlichkeiten auf der Überwachungsstation aufzuklären.
Jetzt werden sicher einige Leser meinen, ich würde übertreiben. Diese Glosse ist ja lächerlich. Anstatt solch einen Blödsinn zu verzapfen, sollte ich lieber in der Praxis meiner Arbeit nachgehen. Ist ja gut, ich sehe es ein und tue, was mir nahegelegt wird. Der Nächste, bitte. „Herr Doktor, wenn Sie mich nicht damals bei dem Infarkt wieder zum Leben zurückgeholt hätten, dann hätte ich heute nicht so furchtbar schlimme Kreuzschmerzen!“
Dr. med. Thomas Böhmeke
ist niedergelassener Kardiologe in Gladbeck.