MEDIZINREPORT: Studien im Fokus
Antiseptik auf Intensivstationen: Chlorhexidinwaschung schützt vor Nosokomialinfekten


Vor dem Hintergrund eines zunehmenden Anteils multimorbider Patienten mit erhöhten Infektionsrisiken auf Intensivstationen erlebt die Antiseptik von Körperhöhlen und -oberflächen eine Renaissance. Nun ist in einer clusterrandomisierten Studie untersucht worden, ob tägliches Waschen von Intensivpatienten mit einem Antiseptikum die Rate der Kolonisierung und Septikämien durch nosokomiale, multiresistente Erreger senkt.
7 727 Patienten auf neun Intensivstationen in US-amerikanischen Kliniken haben teilgenommen. Die Stationen wurden in zwei Cluster randomisiert: entweder einmal täglich Ganzkörperwaschung der Patienten, ausgenommen das Gesicht, mit Chlorhexidin-2-%-getränkten Tüchern oder Waschen ohne Antiseptikum. Nach 6 Monaten wurden die Stationen für ein weiteres halbes Jahr getauscht. Alle Patienten wurden binnen 48 Stunden nach Aufnahme und beim Verlassen der Station auf resistente Stämme von Staphylococcus aureus (MRSA) und auf Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) untersucht.
Die Rate der Besiedelung mit multiresistenten Erregern betrug 5,10 Fälle pro 1 000 Patiententage während der Interventionsperioden und 6,60 Fälle pro 1 000 Patiententage in den Kontrollphasen, eine statistisch signifikante Differenz von –23 % zugunsten der lokalen, antiseptischen Prävention (p = 0,03). Für nosokomiale Sepsen mit MRSA, VRE und Pilzen wie die zentrale Venenkathetersepsis (ZVK-Sepsis) lag die Rate bei 4,78 pro 1 000 Patiententage während der Interventionsphasen und bei 6,60 pro 1 000 Patiententage in den Kontrollperioden, eine Differenz von 28 % zugunsten der Chlorhexidinwaschung (p = 0,007).
Die relativen Risiken für Sepsis mit multiresistenten Keimen unterschieden sich signifikant in Abhängigkeit von der Länge des Krankenhausaufenthalts: Bei Klinikaufenthalt von mindestens 7 Tagen lag das Risiko bei täglichem Waschen mit dem Antiseptikum um durchschnittlich 31 % unter dem der Kontrollen, bei einem Klinikaufenthalt von wenigstens zwei Wochen betrug das relative Risiko 0,51. Am größten war der Effekt der Chlorhexidinwaschung für die Prävention der ZVK-Sepsis, und dabei vor allem für die durch Pilze. Es wurden keine gravierenden Hautreaktionen auf Chlorhexidin beobachtet.
Fazit: Auf Intensivstationen ist das tägliche Waschen mit Chlorhexidinlösung eine effektive Maßnahme zur Prävention nosokomialer Infektionen mit resistenten Pathogenen. „Die Studie ist exzellent ausgearbeitet“, meint Prof. Dr. med. Axel Kramer, Universitätsklinikum Greifswald. Die abgeleiteten Schlussfolgerungen seien valide, das entsprechende Vorgehen jeder Intensivtherapiestation zu empfehlen. „In Deutschland stehen auch Octenidin-basierte Präparate zur Verfügung, die in Wirksamkeit und Verträglichkeit Chlorhexidin noch übertreffen und alternativ zur Ganzkörperwaschung verwendet werden können.“ Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze
Climo MW, Yokoe DS, et al.: Effect of daily chlorhexidine bathing on hospital-acquired infection. NEJM 2013; 368: 533–42.