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Virtueller Therapeut: Arbeitsbeziehung kann sich entwickeln


An computergestützten Selbsthilfeprogrammen wird oft kritisiert, dass es ihnen an allgemeinen psychotherapeutischen Wirkfaktoren mangele, insbesondere am therapeutischen Arbeitsbündnis. Britische Psychologen von der University of Sussex (Großbritannien) haben jetzt untersucht, ob Nutzer solcher Programme eine Beziehung, also quasi ein „virtuelles Arbeitsbündnis“, aufbauen. Sie überprüften dies an drei kognitiv-behavioralen Computerprogrammen, die über das Internet angeboten werden und Anleitungen zur Selbsthilfe bei leichten bis mittelschweren Depressionen geben. Die Programme bieten unter anderem interaktive Module wie Foren und E-Mail-Kontakt, Arbeitsmappen, Handbücher, Newsletter sowie Multimedia mit Texten, Cartoons, Videos und Animationen. Die Wissenschaftler analysierten, inwieweit die Programme in der Anfangsphase für Nutzer verständlich und leicht zu bedienen waren, Hoffnung, Empathie, Verständnis und bedingungslose Akzeptanz vermittelten und die Nutzer motivierten, anleiteten und berieten. Außerdem prüften die Wissenschaftler, ob die Programme zur Vertiefung des Arbeitsbündnisses beitrugen, etwa durch die Bestärkung von Vertrauen in die Programme und die Methoden, und ob sie den Nutzern hinsichtlich ihrer Gedanken, Gefühle und Verhalten Rückmeldungen gaben. Darüber hinaus ging es um die Aufrechterhaltung des Arbeitsbündnisses, zum Beispiel indem individuelle, flexible Nutzungsmöglichkeiten angeboten oder Therapieabbrüchen vorgebeugt werde. Wie die Autoren feststellten, war eine gelingende therapeutische Arbeitsbeziehung auch zwischen einem Nutzer und einem nicht realen Therapeuten im gewissen Umfang möglich. „Allerdings waren die Elemente zum Aufbau eines Arbeitsbündnisses in der Anfangsphase der Therapieprogramme weitaus vielfältiger und stärker vertreten als in späteren Therapiephasen“, sagen die Autoren und fordern eine entsprechende Nachbesserung der Programme. ms
Barazzone N, Cavanagh K, Richards D: Computerized cognitive behavioural therapy and the therapeutic alliance. British Journal of Clinical Psychology 2012; 51(4): 396–417. MEDLINE
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