BRIEFE
Psychoanalyse: Viel zu spät


Es ist sehr bedauerlich, dass diese Buchbesprechung erst fast 70 Jahre nach dem Krieg erscheinen kann. Es zeigt, wie sehr die Psychoanalyse den Tabus der Gesellschaft verhaftet war.
Ich persönlich habe bereits Ende der 1970er Jahre die Auswirkungen der Kriegstraumata in mir erkannt und auch in meinen Analysen ausgesprochen. Diese Wahrheit brachte mir sehr viel Leid. Man stufte mich als sehr krank ein und beschuldigte mich, meine Analytiker verletzt zu haben. Die psychoanalytische Ausbildung wurde mir verwehrt, und man grenzte mich aus. Mein Buch über meine Erfahrungen wurde totgeschwiegen (Was mir Therapeuten schuldig blieben, Walter, 2000) und verramscht.
Mittlerweile haben die Bindungsforschung, die Traumaforschung und die Epigenetik meine Erkenntnisse bestätigt, aber die Psychoanalyse beschäftigt sich jetzt erst mit den Kriegskindheiten der Therapeuten. Gut so, aber viel zu spät.
Anna F. Dott, Psychologische Psychotherapeutin, 25761 Westerdeichstrich
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