

Die Autoren haben in ihrem Beitrag eine wertvolle und relevante Analyse des TraumaRegisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie dargestellt (1). Im Gegensatz zu kleinen Single-Center-Studien ist die hier vorgestellte Untersuchung wichtig, denn sie präsentiert umfassende deutsche Daten von Schwerverletzten über einen Zeitraum von 1993 bis 2008. Derartige Analysen sind mittlerweile unverzichtbar und deshalb von herausragender Bedeutung.
Retrospektive Untersuchungen sind oft in der Identifikation von Ursachen limitiert, weil meist im Nachhinein nicht alle relevanten Einflussfaktoren eruierbar sind und daher die Interpretation der Daten problematisch werden kann (2). Wenngleich diese retrospektive Arbeit keine nennenswerten Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern für die analysierten Zielgrößen finden konnte, so zeigt sie einige wichtige Punkte jedoch sehr deutlich: Die Zeitdauer vom Unfall bis zum Eintreffen des Notarztes betrug in Deutschland im Mittel 19 ± 13 beziehungsweise 17 ± 13 Minuten (min) und lag damit deutlich oberhalb der geforderten Hilfsfristen verschiedener Bundesländer, meist maximal 10–12 min, in keinem Bundesland aber länger als 15 min (3). Streng genommen beginnt die Hilfsfrist zwar meist mit dem Eingang des Gespräches bei der Rettungsleitstelle, jedoch dürfte dies maximal 1–2 min ausmachen und daher in der Bewertung vernachlässigbar sein. Auch die Dauer vom Unfall bis zur Klinikaufnahme (76 ± 35 vs. 69 ± 35 min) und die Dauer der Schockraumbehandlung (65 ± 40 vs. 72 ± 43 min) sind in der Realität in Deutschland anscheinend wesentlich länger als in der interdisziplinären AWMF-S3-Leitlinie Polytrauma gefordert.
Um die Prognose nach einem Polytrauma zu verbessern, muss zwingend dieses gravierende strukturelle Defizit im Deutschen Notarztsystem beseitigt werden. Durch die dann mögliche Einhaltung der „golden hour of shock“ ist eine weitere Reduktion der polytraumainduzierten Mortalität zu erreichen.
DOI: 10.3238/arztebl.2013.0504a
PD Dr. med. Jochen Hinkelbein
Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Köln
jochen.hinkelbein@uk-koeln.de
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Last accessed on 27 April 2012.
1. | Mand C, Müller T, Lefering R, Ruchholtz S, Kühne CA: A comparison of the treatment of severe injuries between the former East and West German states. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(12): 203–10. VOLLTEXT |
2. | Hammer GP, du Prel JB, Blettner M: Avoiding Bias in Observational Studies. Dtsch Arztebl Int 2009;106(41): 664–8. VOLLTEXT |
3. | Hinkelbein J, Gröschel J, Krieter H: Definition von Zeitpunkten und Zeitabschnitten zur Beschreibung der Struktur- und Prozessqualität im organisatorischen Rettungsablauf. Notarzt 2004; 20: 125–32. CrossRef |
e1. | Behrendt H, Schmiedel R, Auerbach K: Überblick über die Leistungen des Rettungsdienstes in der Bundesrepublik Deutschland im Zeitraum 2004/2005. Notfall & Rettungsmedizin 2009; 12: 383–8. CrossRef |
e2. | Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie and Sektion NIS: TraumaRegister DGU – Jahresbericht 2012. www.traumaregister.de Last accessed on 27 April 2012. |
e3. | Wutzler S, Westhoff J, Lefering R, Laurer HL, Wyen H, Marzi I: Zeitintervalle während und nach Schockraumversorgung. Eine Analyse anhand des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Unfallchirurg 2010; 113: 36–43. CrossRef MEDLINE |
e4. | Mand C, Müller T, Lefering R, Ruchholtz S, Kühne CA: A comparison of the treatment of severe injuries between the former East and West German states. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(12): 203–10. |
e5. | Mand C, Müller T, Lefering R, Ruchholtz S, Kühne CA: A comparison of the treatment of severe injuries between the former East and West German states. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(12): 203–10. |
e6. | Hammer GP, du Prel JB, Blettner M: Avoiding Bias in Observational Studies. Dtsch Arztebl Int 2009;106(41): 664–8. VOLLTEXT |
e7. | Hinkelbein J, Gröschel J, Krieter H: Definition von Zeitpunkten und Zeitabschnitten zur Beschreibung der Struktur- und Prozessqualität im organisatorischen Rettungsablauf. Notarzt 2004; 20: 125–32. |
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