POLITIK
Künftiges Wissenschaftssystem in Deutschland: Universitäten sollen „Herzstück“ bleiben


Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat fordern mehr Geld für die Universitäten. Auch der Medizinische Fakultätentag und die Universitätsklinika sehen dem Auslaufen der bisherigen Förderprogramme mit Sorge entgegen.
Der Wettbewerb zur Förderung der Spitzenforschung hat die deutsche Wissenschaftslandschaft verändert wie kaum ein anderes Hochschulsonderprogramm. Dabei war der Widerstand zunächst groß, als vor neun Jahren die damalige Bildungs- und Forschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) einige Universitäten im Rahmen der Exzellenzinitiative „zu international sichtbaren Leuchttürmen der Forschung“ ausbauen wollte.
Nun steht das deutsche Wissenschaftssystem abermals an einem Scheideweg: 2017 läuft die Exzellenzinitiative aus. Sie hat den Universitäten – ebenso wie den beiden anderen großen Sonderprogrammen des Bundes und der Länder, dem Hochschulpakt und dem Pakt für Forschung und Innovation – in den letzten Jahren dringend erforderliche Mittel beschert. Diese stopfen derzeit zumindest einige der Finanzlücken, die mit der Föderalismusreform und dem Rückzug des Bundes aus der direkten Hochschulfinanzierung entstanden sind.
Angesichts des Auslaufens dieser Förderungen fordern der Verband der Universitätsklinika (VUD) und der Medizinische Fakultätentag (MFT), die Universitäten und insbesondere die Hochschulmedizin finanziell besser auszustatten. „Die Universitätsklinika und medizinischen Fakultäten brauchen eine angemessene und verlässliche Förderung ihrer Investitionen. Dabei dürfen die gezielte Förderung einiger weniger Leuchttürme und die Absicherung der Finanzierung über die gesamte Breite der Hochschulmedizin nicht gegeneinander ausgespielt werden. Beides ist notwendig“, betont Prof. Dr. Heyo Kroemer, Präsident des MFT. Auch der Vorsitzende des VUD, Prof. Dr. med. Michael Albrecht, fordert den Bund auf, wieder in die Finanzierung von Forschung und Lehre einzusteigen.
Rückendeckung erhalten die Organisationen jetzt vom Wissenschaftsrat und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). In seinen Empfehlungen zur Weiterentwicklung des deutschen Wissenschaftssystems von Mitte Juli fordert der Wissenschaftsrat Bund und Länder auf, möglichst bereits im nächsten Jahr einen „Zukunftspakt“ für Forschung und Lehre bis 2025 zu schließen, der die drei auslaufenden Pakte ablösen soll. Kernpunkt der Empfehlungen ist eine Stärkung der Hochschulen durch eine erhöhte Grundfinanzierung. „Das Wissenschaftssystem braucht keine Revolution“, betonte der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Prof. Dr. Wolfgang Marquardt. Die Politik müsse jedoch klare Prioritätensetzungen vornehmen, und die wissenschaftlichen Einrichtungen müssten sich stärker profilieren.
Auch die DFG stellte sich bei der Vorstellung ihres Positionspapiers zur Zukunft des Wissenschaftssystems in Deutschland am 4. Juli hinter die Universitäten und forderte für diese eine deutlich bessere finanzielle Grundausstattung. „Die Universitäten sind das Herzstück des Wissenschaftssystems und werden es auch in Zukunft bleiben“, betonte DFG-Präsident Prof. Dr. Peter Strohschneider bei der Präsentation des Papiers in Berlin. Dieses sieht vor, die drei großen Sonderprogramme des Bundes und der Länder in eine „Rahmenvereinbarung kooperative Wissenschaftsfinanzierung“ münden zu lassen. „Wir sind in Deutschland bezüglich der Finanzierung in eine riskante Schieflage geraten. Während die außeruniversitäre Forschung verlässlich, stabil und auskömmlich finanziert ist, stagnieren die von den Ländern getragenen Grundhaushalte der Universitäten oder sinken gar – ungeachtet eines insgesamt wachsenden Budgets für die Wissenschaft“, warnte Strohschneider.
In ihrem Positionspapier skizziert die DFG – ähnlich dem Wissenschaftsrat – konkrete Vorschläge für ein künftiges Wissenschaftssystem: So sollen die bisherigen Mittel für die Graduiertenschulen und Exzellenzcluster dauerhaft in das Programmportfolio und den Haushalt der DFG übergehen. Die Exzellenzcluster sollten in den Universitäten verortet bleiben und weiterhin finanziert werden können.
Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
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