AKTUELL
Randnotiz: Der Auftritt der Notfallmedizin


Ich diagnostiziere in meiner Praxis einen frischen Myokardinfarkt und stimme mit meinen beiden Mitarbeiterinnen das Vorgehen ab: Die eine informiert die Rettungsleitstelle, die andere stabilisiert mit mir den Patienten. Parallel werden Kopien der durchgeführten Untersuchungsmaßnahmen, der wichtigsten Teile der Krankenakte sowie des Medikamente- und Diagnoseplans erstellt. Der Patient hängt am EKG, hat seine Infusion erhalten und muss jetzt nur noch wegen möglicher Komplikationen mit Notarztbegleitung ins Krankenhaus gebracht werden.
Aber jetzt kommt der große Auftritt der Notfallmedizin: Mit Martinshorn (Warum? Der Patient ist doch unter ärztlicher Überwachung.) kommen zuerst die Rettungssanitäter und dann der Notarzt vor die Praxis gefahren, versperren alle Parkplätze sowie die Zufahrt und stürmen mit fünf Männern, vier Sanitäter und ein Notarzt, in die Praxis. Der Hausherr wird erst ignoriert, dann examiniert. Nachdem der Notarzt einen kurzen Blick auf den Patienten geworfen hat, prüft er, ob alle Vorarbeiten ordnungsgemäß erledigt wurden. Anschließend füllen die Herrschaften den Patientenbegleitbogen aus und beschimpfen das Personal, weil es eine ungewünschte Krankenhauseinweisung vorlegt. Als Krönung folgt die Frage, ob man sich bereits darum gekümmert habe, in welches Krankenhaus der Patient gebracht werden soll. Dann sind sie wieder weg. Das Sprechzimmer ist verwüstet und zugemüllt.
Warum benötigt man für einen Transport von A nach B heute vier Sanitäter und einen Notarzt? Früher habe ich das zusammen mit zwei Sanitätern erledigt.
*Internist mit Praxis in Oberasbach,
Fachkunde für internistische Intensivmedizin, Notfallmedizin und Arbeitsmedizin
Scharfe, Uta
Zimmer, Matthias
Muth, Claus-Martin; Böttiger, Bernd W.
Mewes, Frank
Leserkommentare
Um Artikel, Nachrichten oder Blogs kommentieren zu können, müssen Sie registriert sein. Sind sie bereits für den Newsletter oder den Stellenmarkt registriert, können Sie sich hier direkt anmelden.
am Mittwoch, 7. August 2013, 16:41
Leserbrief wird leider nicht gedruckt
Sehr geehrter Herr Kollege Urbainczyk,
Ihr als „Randnotiz“ im Ärzteblatt vom 22. Juli 2013 abgedruckter Kommentar zum „Auftritt der Notfallmedizin“ kann so nicht unwidersprochen bleiben.
Selbstverständlich fahren Notarzt und RTW zum Transport eines STEMI-Patienten mit Sonderrechten an und dann mit Patienten ebenfalls mit Sonderrechten zur Klinik, da die Akut-Intervention bekanntermaßen zeitkritisch ist. Selbstverständlich suchen sich die Einsatzfahrzeuge keinen freien Parkplatz vor der Praxis, sondern halten aus dem gleichen Grund an erstbester geeigneter Stelle. Auch hat nicht jeder niedergelassene Arzt Ihre intensivmedizinische und notfallmedizinische Ausbildung, so dass sich viele Kollegen bei kritischen Patienten durchaus über etwas Eile seitens des Rettungsdienstes freuen.
Selbstverständlich wird der einweisende Arzt nach dem Zielkrankenhaus gefragt und selbstverständlich wird zur Dokumentation ein DIVI-Protokoll ausgefüllt („Patientenbegleitbogen“).
Selbstverständlich hat der Notarzt aus guten Gründen heutzutage (meist) einen Fahrer für sein NEF und selbstverständlich fahren Auszubildende als Dritte auf dem RTW mit (das macht dann die 4 Sanitäter und einen Notarzt).
Ob ein Übergabegespräch als „Examinierung“ des einweisenden Arztes empfunden wird kann unterschiedliche Gründe haben, Tatsache ist, dass ein Austausch der Informationen unerlässlich ist.
Inakzeptabel sind natürlich eine Beschimpfung des Praxispersonals und ein Ignorieren des einweisenden Kollegen. In meinen Rettungsdienstbereichen ist es überdies üblich, seinen „Müll“ zusammenzupacken und in der Regel mitzunehmen.
Aber: Wenn es dem Notarzt bzw. dem Rettungsteam im konkreten Fall an Professionalität und Kollegialität im Umgang gemangelt haben sollte, so ist dies allerdings definitiv keine Rechtfertigung für eine derart ignorante und pauschale Verunglimpfung der Notfallmedizin im Deutschen Ärzteblatt. Vielmehr wäre dies Anlass zu einem klärenden Gespräch unter Kollegen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Rüdiger Clemenz
91080 Marloffstein
am Samstag, 27. Juli 2013, 03:47
Götter in Weiß...
wie ich sehe, geben Sie Ihre Fachkunde in der Intensivmedezin und Notfallmedezin an. Nach Ihren Aussagen in dem o.g. Artikel vermute ich, dass Sie diese Fachkunde vor 30 Jahren abgelegt haben und seitdem an keiner Fortbildung mehr teilgenommen haben. Es hat sich in den letzten Jahren so einiges im Bereich der Notfallmedizin geändert. Die Zeiten des Handauflegens sind nun einmal vorbei. Vielleicht lesen Sie hier die Leserbriefe und überlegen noch einmal was Sie hier veröffentlicht haben. Fehler macht jeder einmal doch nur die, die Größe haben gestehen diese auch ein! Ich würde mich freuen, wenn Sie in Zukunft an der einen oder anderen Fortbildung teilnehmen könnten. Das würde nach Ihrem Auftreten hier die Patienten beruhigen, unseren Berufsstand nicht hinunterreißen und Ihren Horizont erweitern. Viele Grüße aus Lübeck
am Freitag, 26. Juli 2013, 19:54
Sehr geehrter Herr Kollege Urbainczyk,
Als jemand, der selbst pro Monat 5-10 mal je 12 Stunden mit Martinshorn durch die Gegend fährt, hier meine Antwort als Telegramm: Notarztindikation - Rettungsdienstgesetz - Teamplayer (weil dies im Rettungsdienst / Notarztdienst so unglaublich wichtig ist....und ich mich immer freue, wenn jemand zur Stelle ist, um mir zu assistieren gleich nocheinmal: Teamplayer) - call to needle time - Zeit ist Myokard - Klinik mit EKG vorab zu versorgen ist inzwischen eigentlich Standard!
Der von Ihnen angekündigte "große Auftritt der Notfallmedizin" ist das, auf das wir hier in unserer Republik stolz sein können und sollten. Die Zusammenarbeit mit dem nicht-ärztlichen Personal (egal welcher Organisation) ist durchweg sehr gut und in der Regel sehr gut auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt.
Durch diesen Artikel haben Sie uns ärztlichen Kolleginnen und Kollegen, die wirklich in der Notfallmedizin arbeiten, keinen Gefallen getan und aus meiner Sicht wäre eine Entschuldigung - nicht nur bei den sogenannten "Sanitätern" mehr als Angebracht.
am Donnerstag, 25. Juli 2013, 01:45
Vor dem Schreiben mal nachgedacht?
2. Wenn Sie sich zum Thema Myokardinfarkt auf dem laufenden halten würden, dann wüssten Sie, dass heutzutage, vielleicht anders als vor 20 Jahren, das Prinzip gilt, das der Patient schnellst möglich einer Klinik mit Herzkatheterbereitschaft zugeführt werden sollte. Daher erfolgt auch die Anfahrt und der Transport mit Martinshorn und Blaulicht.
3. Wenn Sie schon über andere Berufsgruppen lästern, dann nutzen Sie bitte auch die richtigen Berufsbezeichnungen, ich nenne Sie ja auch nicht Schamane. Zur Erinnerung, es heißt: Rettungshelfer, Rettungssanitäter und Rettungsassistent. Demnächst noch Notfallsanitäter.
4. Wenn Sie dem Rettungsdienstpersonal so gegenüber getreten sind, wie sie hier Ihren Beitrag schreiben (beschweren warum man mit Martinshorn kommt, das Parken kritisieren usw.), dann können Sie sich kaum beschweren, dass man Ihnen nicht mit Respekt begegnet.
5. Warum sollte der Hausarzt sich nicht um ein passendes Krankenhaus bemühen und den Patienten dort anmelden? Würde vieles erleichtern und die Autos, die Ihre Parkplätze versperren, wären viel schneller wieder weg.
am Mittwoch, 24. Juli 2013, 17:56
Erstaunlich, erstaunlich...
Aha. Gemacht vor 40 Jahren und seither unter U für unwichtig im Gehirn abgelegt.
Wenn es tatsächlich ein MI war, dann wäre er in der Praxis bestimmt hervorragend beim Sterben begleitet worden.
am Mittwoch, 24. Juli 2013, 16:01
In Besitz einer Approbation??
am Mittwoch, 24. Juli 2013, 15:23
Toleranz, Akzeptanz, Verständnis...?
am Mittwoch, 24. Juli 2013, 08:09
Der tägliche Wahnsinn
Und zum Thema Voranmeldung im Krankenhaus kann ich mich den anderen nur anschließen!!
am Mittwoch, 24. Juli 2013, 07:53
Faber est suae quisque fortunae
Rettungsassistent ist im übrigen die korrekte Berufsbezeichnung.
Nun erlauben sich diese Herren mit Martinshorn anzufahren und nicht erst eine Stunde nach einem geeignetem Parkplatz zu suchen, welch Frevel.
(Diagnose war doch Myokardinfarkt)
Zu Ihrem Schock wird nun der Patient weiter versorgt und das sogar in Ihrem Königreich... noch ein Frevel.
Was haben Sie die letzten 10 Jahre gemacht?
am Mittwoch, 24. Juli 2013, 07:29
Eine Erklärung...
zur Steigerung der Qualität der prähospitalen Versorgung von Patienten mit ACS
wurden untersucht. Diese Strategien zielen hauptsächlich daraufhin ab, Patienten
mit Infarkt schnell zu identifizieren, um
die Zeit bis zur Reperfusionstherapie zu
verkürzen. " (Quelle: http://rd.springer.com/content/pdf/10.1007%2Fs10049-010-1371-2.pdf , Seite 628) Davon kann man ableiten, dass Zeit anscheinend eine Rolle bei Patienten mit Verdacht auf Herzinfarkt zu spielen scheint. Das die Sanitäter die Parkplätze versperren ist natürlich nur schwer hinnehmbar. Sicher hätten sie einparken können oder ggf. das nächstgelegene Parkhaus aufsuchen können. Das der Hausherr ignoriert wird ist sicher nicht in Ordnung, da er vermutlich beim Patienten stand und nicht bei der Übergabe in einem anderen Raum war. Die Kontrolle der Vorarbeiten ist in der Notfallrettung weit verbreitet, da man einerseits die Verantwortung für den Patienten übernimmt und andererseits auf die bereits eingeleitete Therapie aufbaut. In diesem Fall hat der Patient ja bereits eine Infusion erhalten. Im Rettungsdienst werden hier ggf. noch Medikamente wie ASS, B-Blocker, Heparin, Morphin u.a. verwendet. Das das Rettungsfachpersonal die Frage nach dem Krankenhaus stellt, ist normal. Denn auch hier kann ein Zeitvorteil durch eine bereits bestehende Voranmeldung entstehen. Beschimpfungen allerdings sind nicht in Ordnung. Ob ich mit obigem richtig liege, mögen andere beurteilen. Ich wünsche allen einen angenehmen Start in den Tag!
am Dienstag, 23. Juli 2013, 23:00
Ja wie denn sonst?
Wenn Ihnen mit dem Rendezvous System NEF ( 2 Rotjacken) und RTW (2 weitere Rotjacken + meist ein Praktikant/Azubi o.ä. eben auch in einer roten Jacke) zu viel wichtiges Personal in die Praxis läuft, dann nutzen Sie doch Ihre Kompetenz als Notfallmediziner und bitten Ihre Mitarbeiterinnen, sich um Ihre weiteren Pat. zu kümmern, während Sie den Pat. in die Klinik begleiten. Als Notfall- und Intensivmediziner wissen SIe ja sicherlich mit den malignen Rhythmusstörungen auf dem Transport umzugehen, und kennen den Weg in das nächste Corolabor, welches nach kurzem Anruf durch SIE den Tisch freihält. Denn auch hier gilt: der Hausarzt darf gerne Kontakt aufnehmen und das EKG bereits gefaxt haben. Dann ist der Weg zur raschen PCI für den Patienten bereits geebnet.