ArchivDeutsches Ärzteblatt39/2013Schach: Späte Erleuchtung

SCHLUSSPUNKT

Schach: Späte Erleuchtung

Pfleger, Helmut

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Foto: Dagobert Kohlmeyer
Foto: Dagobert Kohlmeyer

Dr. Tomas Kunz aus dem „sonnigen“ Großbottwar (falls Sie in Geografie früher nicht aufgepasst haben sollten, das liegt im Schwäbischen) schreibt mir ins regnerische München, dass er wie jedes Jahr mit Dr. Friedemann Mack (selbstverständlich auch ein Schwabe) gemeinsam zur Ärzteschachmeisterschaft nach Bad Neuenahr fuhr und sie am Tag vor Turnierbeginn immer wandern. Diesmal war es der „Rotweinwanderweg“ mit seinen herrlichen Ausblicken auf das Ahrtal. Nun dürfte weder auf ihn noch auf die anderen Turnierteilnehmer der in der Gegend berühmte Spruch zutreffen:

„Wer an der Ahr war,
und weiß, dass er da war,
nicht an der Ahr war.“

Dazu schienen mir die Kollegen während des Turniers allesamt zu wach, doch post festum mag schon einmal ein Gläschen erlaubt oder vielleicht sogar ärztlicherseits indiziert sein, zumal gerade in diesen Tagen Dr. med. Gerhard Kreuter beim „Gesprächskreis Ahrwein“ über „Wein und Gesundheit – Neuester Stand der Wissenschaft“ referierte. Vermutlich war es keine allzu kritische Abrechnung mit diesem Aphrodisiakum, sondern eher im Sinne meines alten Freundes Dr. Timm Ludwig:

„Rotwein ist für alte Knaben
eine von den besten Gaben.“

Doch irgendwann muss man sich dem Ernst des Lebens, sprich dem Schachturnier stellen. Und anders als die Wanderung verlief der Start holprig, so dass Dr. Kunz in der dritten Runde gegen Dr. Siegmar Gottwald den Stier bei den Hörnern packen wollte, vor allem als sein Gegner die zweischneidige „Sweschnikow-Variante der Sizilianischen Verteidigung“ auspackte. Für die Unbeleckten (vermutlich fast alle) unter Ihnen: Für deren positionelles Harakiri bekam man als Schachschüler früher eins auf die Finger, inzwischen spielen so die Besten der Welt, zumindest die mutigen.

Dr. Kunz jedenfalls setzte alles auf Königsangriff, opferte sogar wagemutig (natürlich nicht tollkühn, wie es bei übermäßigem Rotweingenuss schon einmal passieren mag) einen Springer, um schließlich als Weißer am Zug diese Stellung zu erhalten:

Trotz Zeitnot schätzte er die Stellung (richtig) als gewonnen ein, doch nach 1. exf5? Lxd5 2. fxg6? (bei 2. cxd5 wäre es wohl remis geworden) fxg6 musste er aufgeben – rien ne va plus!

Die Stellung ließ ihm keine Ruhe, selbst während der nächsten beiden (Remis-) Runden spukte sie ihm durch den Kopf. Aber dann kam die „Erleuchtung“, und erleichtert gewann er die letzten vier Partien.

Doch wie hätte Dr. Kunz in der Diagrammstellung gewinnen können? Warnung – ziemlich schwer!

Lösung:

Nach 1. Txg6+! hxg6 2. Dxg6+ Kh8 (der Bauer f7 ist gefesselt) 3. Dh6+ Kg8 4. exf5! ist Schwarz merkwürdig hilflos gegen das durch 5. f6 und 6. Dg7 drohende Matt, z. B. 4. . . . Lxd5 5. f6 mit Matt im nächsten Zug.

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