MEDIZIN: Aktuell
Serie: Diabetische Neuropathie – Klinik, Diagnostik und Therapie der kardiovaskulären autonomen Neuropathie
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Die autonome diabetische Neuropathie (ADN) wird erst seit 1945 als klinische Entität aufgefaßt (38). Ihr
Einfluß auf die Morbidität und Mortalität des Diabetikers wird erst in letzter Zeit zunehmend erkannt. Man
unterscheidet zwischen der subklinischen ADN, die nur durch Tests diagnostiziert wird, und der klinischen
ADN, die mit Symptomen oder klinischen Zeichen einhergeht (9, 34). Prinzipiell kann jedes autonom
innervierte Organ von einer Funktionsstörung des peripheren autonomen Nervensystems betroffen sein. Die
kardiovaskulären Störungen spielen eine besonders wichtige Rolle, da sie relativ häufig zu diagnostizieren und
prognostisch bedeutsam sind. Die Prävalenz der mit Hilfe von autonomen Funktionstests nachgewiesenen
kardiovaskulären autonomen diabetischen Neuropathie (KADN) beträgt etwa 25 Prozent bei Typ-I- und etwa
35 Prozent bei Typ-II-Diabetikern. Es besteht eine deutliche Beziehung zum Ausmaß der symmetrischen
distalen Neuropathie, bei der in mehr als der Hälfte der Fälle mit einer KADN zu rechnen ist. Bereits zum
Zeitpunkt der Diagnosestellung des Typ-I-Diabetes liegt bei 9,2 Prozent der Patienten eine grenzwertige und
bei 7,7 Prozent eine gesicherte KADN vor, deren weiterer Verlauf von der Güte der langfristigen
Stoffwechseleinstellung abhängt (50, 52, 53). Die KADN kann somit nicht als Spätkomplikation des Diabetes
aufgefaßt werden. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß ihre subklinischen Stadien bereits frühzeitig
im Verlauf des Diabetes vorliegen können. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer Frühdiagnostik mit dem
Ziel einer Prävention dieser potentiell lebensbedrohlichen Komplikation. Auf die in mehreren prospektiven
Studien berichtete etwa fünffach erhöhte Mortalität der Patienten mit KADN gegenüber Diabetikern ohne
KADN innerhalb von fünf bis zehn Jahren (12, 13, 17, 21, 28, 31, 32, 35, 37, 39) wurde bereits im ersten
Beitrag im Rahmen dieser Serie hingewiesen.
Es werden zwei mutmaßliche Mechanismen der erhöhten Mortalität bei KADN diskutiert (13, 33). Zum einen
besteht möglicherweise eine Prädisposition für maligne ventrikuläre Arrhythmien in Zusammenhang mit der
bei KADN nachweisbaren Verlängerung der QT-Dauer (13) in Analogie zur QT-Verlängerung beim
"idiopathischen langen QT-Syndrom". Dieses ist durch eine erhöhte Inzidenz des plötzlichen Herztodes infolge
Kammerflimmerns charakterisiert (40). Interessanterweise konnte kürzlich eine Assoziation zwischen QTVerlängerung und plötzlichem Tod auch bei Patienten mit alkoholtoxischen Lebererkrankungen nachgewiesen
werden (11).
Die zweite Hypothese geht davon aus, daß nicht die abnormen kardiovaskulären Reflexe, sondern eine zentrale
Fehlregulation der Atmung mit resultierendem respiratorischen Arrest zu der ungünstigen Prognose beiträgt
(33). Diese Sicht wird durch Studien unterstützt, die über ein gehäuftes Vorkommen der Schlafapnoe sowie
einen herabgesetzten Atemantrieb gegenüber zunehmender Hyperkapnie beziehungsweise Hypoxämie bei
Patienten mit KADN berichten (36, 48).
Klinisches Bild
Ruhetachykardie und orthostatische Hypotonie
Als frühestes Zeichen einer KADN gilt die Abnahme der Herzfrequenzvariabilität (HRV) beziehungsweise der
respiratorischen Sinusarrhythmie. Sie kann im Verlauf zu einer nahezu kompletten Herzfrequenzstarre führen.
Fortgeschrittene Stadien sind durch Ruhetachykardie (Vagusläsion) und orthostatische Hypotonie
(Sympathikusläsion) gekennzeichnet. Im Rahmen der orthostatischen Hypotonie kommt es zu lageabhängigen
systolischen Blutdruckabfällen von 30 mmHg und mehr, vereinzelt bis zu 90 mmHg. Typische Symptome
umfassen Schwindel, Benommenheit, Schwächegefühl und manchmal Synkopen. Eine häufig auftretende
orthostatische Symptomatik wird bei gezieltem Befragen von zirka 10 Prozent der Diabetiker angegeben (49).
Selten tritt eine postprandiale Hypotonie auf. Diese Symptome dürfen nicht als Nebenwirkungen von Pharmaka
verkannt oder als Ausdruck einer Hypoglykämie fehlgedeutet werden. Manche Patienten können dadurch
arbeitsunfähig oder sogar bettlägerig werden. Die orthostatische Hypotonie wird auf eine Schädigung der
sympathischen Neurone mit konsekutiver Reduktion der Konzentration von Noradrenalin im Liegen mit
inadäquatem Anstieg nach dem Aufstehen zurückgeführt (hypoadrenerge Form). Gleichzeitig kann eine
Denervierungshypersensitivität gegenüber Katecholaminen vorliegen. Bei manchen Patienten ist der
Noradrenalinspiegel im Liegen und nach dem Aufstehen jedoch erhöht (hyperadrenerge Form). In diesen
Fällen kommen als pathophysiologische Mechanismen eine reduzierte Ansprechbarkeit der Gefäße gegenüber
endogenem Noradrenalin und intravasale Volumenänderungen in Betracht (10).
Nächtliche Blutdruckerhöhung
Mit Hilfe der kontinuierlichen Registrierung der HRV und des Blutdrucks über 24 Stunden wurde bei
Diabetikern mit KADN eine Umkehr der normalen zirkadianen Rhythmik mit relativer Prädominanz der
nächtlichen sympathischen Aktivität in Verbindung mit erhöhtem nächtlichen Blutdruck nachgewiesen, die das
zirkadiane Muster von akuten kardiovaskulären Ereignissen modifizieren und dadurch zu der beschriebenen
erhöhten Inzidenz dieser Ereignisse während der Nacht beitragen könnte (42, 43, 46). Die Umkehr des
zirkadianen Blutdruckrhythmus korreliert sowohl mit orthostatischer Hypotonie infolge einer KADN als auch
mit der diabetischen Nephropathie.
Belastungsintoleranz und linksventrikuläre Dysfunktion
Weiterhin läßt sich bei Diabetikern mit KADN ohne Hinweis auf koronare Herzkrankheit im Vergleich zu
denen ohne KADN eine herabgesetzte Belastungstoleranz mit eingeschränktem Anstieg der Herzfrequenz und
des Blutdrucks unter Belastung nachweisen (22). Darüber hinaus kann die linksventrikuläre Auswurffraktion in
Ruhe und unter Belastung vermindert sein (55). Eine Störung der linksventrikulären diastolischen Füllung in
Abhängigkeit vom Schweregrad der KADN wurde ebenfalls beschrieben (23). Die reduzierte
Belastungstoleranz ist bei der Planung und Durchführung von körperlichen Trainingsprogrammen zu
berücksichtigen.
Bei Diabetikern mit KADN treten gehäuft Narkosezwischenfälle in Form hypotoner und bradykarder Phasen
auf (4). Die erhöhte Instabilität intraoperativ sowie während der Intubation und Extubation erfordert häufiger
die Gabe von vasopressorisch wirksamen Substanzen. Ein präoperatives Screening von Patienten mit
Risikoindikatoren für eine KADN (periphere Neuropathie, Nephropathie, proliferative Retinopathie) ist zu
empfehlen, um gezielt ein intensiveres perioperatives Monitoring zu veranlassen.
Stumme Myokardischämie
Der seit langem postulierte, jedoch auch angezweifelte (1) Zusammenhang zwischen KADN und stummer
Myokardischämie wurde durch invasive Untersuchungen erhärtet. Unter Patienten mit stummer
Myokardischämie finden sich deutlich häufiger Diabetiker. Eine Reduktion der 24-h-HRV ließ sich bei den
Diabetikern mit stummer Ischämie, jedoch nicht bei Nichtdiabetikern mit stummer Ischämie nachweisen (18,
30). Die Wahrnehmungsschwelle der Angina pectoris unter Belastung ist bei Diabetikern im Vergleich zu
Nichtdiabetikern mit nachgewiesener koronarer Herzkrankheit insbesondere erhöht, wenn gleichzeitig
eine KADN vorliegt (3). Eine solche Schwellenerhöhung führt dazu, daß bei fehlenden Warnzeichen
(Schmerz) ausgeprägte Ischämieperioden toleriert werden.
Diagnostische Aspekte
Die Funktionsprüfung des kardiovaskulären autonomen Nervensystems erfolgt indirekt durch Messung der
autonomen Einflüsse auf die Funktion des Zielorgans mit Hilfe von Reflextests. Da die klinische Symptomatik
der KADN vieldeutig ist und subklinische Formen sich einer klinischen Untersuchung entziehen, sind
zuverlässige diagnostische Testverfahren erforderlich. Sie sollten 1.) für Untersucher und Untersuchten einfach
durchführbar sein, 2.) eine hohe Sensitivität und Spezifität zeigen und 3.) nicht invasiv und gut reproduzierbar
sein (14). Die Diagnose der KADN sollte nicht auf der Grundlage eines einzelnen Tests gestellt werden, da ein
abnormer Einzelbefund nicht notwendigerweise eine autonome Dysfunktion beweist (50, 53). Die
diagnostischen Vor- und Nachteile der einzelnen Tests wurden im Rahmen von zwei Konsensuskonferenzen
diskutiert (9, 34).
Die Untersuchung der HRV kann mit der Standardanalyse im Zeitbereich sowie mit Hilfe der Spektralanalyse
im Frequenzbereich erfolgen (Grafik). Mit der Spektralanalyse können die einzelnen Periodizitäten, aus denen
sich biologische Rhythmen zusammensetzen, charakterisiert werden. Diese Methode erlaubt eine Auftrennung
der HRV in ihre verschiedenen Komponenten, das heißt in sinusoidale Funktionen von unterschiedlicher
Frequenz. Hierdurch kann der jeweilige sympathische und parasympathische Einfluß auf das Herz weitgehend
getrennt quantifiziert werden (2). Das Leistungsspektrum der HRV besteht im wesentlichen aus drei
Peaks, die im niedrigen, mittleren und hohen Frequenzbereich anzusiedeln sind. Das Leistungsspektrum im
Niederfrequenzband wird überwiegend durch das sympathische Nervensystem beeinflußt. Die mittelfrequente
HRV wird durch das parasympathische und sympathische System vermittelt, während die hochfrequente HRV
parasympathisch beeinflußt wird. Da die spektralanalytische Untersuchung der HRV unter Ruhebedingungen
durchgeführt wird, hat sie den Vorteil, daß sie keine aktive Mitarbeit seitens des Patienten erfordert (50, 53).
Bei der Beurteilung der HRV sind physiologische Einflußgrößen wie Alter, Herzfrequenz, Atemfrequenz,
Blutdruck, Gewicht, Körperposition, Tageszeit und Nahrungsaufnahme zu berücksichtigen. Als
pathophysiologische diabetesunabhängige Einflußfaktoren sind Streßzustände, Dehydratation, Genußmittel
(Kaffee, Nikotin), Herz-Kreislaufwirksame Pharmaka (zum Beispiel Antihypertensiva, a-, b-Blocker,
Antidepressiva), kardiale Erkrankungen (KHK, Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz) sowie primäre und
sekundäre Formen der autonomen Dysfunktion (Alkoholismus, Urämie, Vitamin B12-Mangel, Malignome,
AIDS) zu beachten (50, 53).
Um akute Einflüsse auszuschalten, sollten vor Durchführung der autonomen Funktionsdiagnostik innerhalb
von acht Stunden keine Hypoglykämie und innerhalb der letzten fünf Tage keine ketotische
Stoffwechselentgleisung vorgelegen haben.
Zur Prüfung der HRV stehen heute Computersysteme zur Verfügung (zum Beispiel Neurodiag), die alle
Anforderungen an eine zuverlässige Messung der R-R-Intervalle einschließlich der Spektral- und
Vektoranalyse zur Diagnostik der KADN hinreichend erfüllen. Die von uns validierte und vorgeschlagene
Testbatterie ist in der Grafik mit jeweils einem Beispiel eines normalen und pathologischen Testbefundes
dargestellt. Sie umfaßt die Messung der im Textkasten erwähnten Parameter.
Die altersabhängigen Normgrenzwerte wurden publiziert (50, 53). Eine gesicherte KADN wird als das
Vorhandensein von >3 pathologischen Befunden unter diesen sieben Indizes definiert. Eine grenzwertige
beziehungsweise beginnende KADN kann im Falle von > 2 abnormen Befunden angenommen werden. Falls
zur Diagnostik der KADN kein Computersystem zur Verfügung steht, sollten die in der Grafik
gekennzeichneten vier Parameter bestimmt werden, die jeweils eine Untersuchungsdauer von lediglich zirka
einer Minute erfordern. Eine KADN wird in diesem Falle bei >2 abnormen Befunden diagnostiziert (50).
Neuerdings kann als nuklearmedizinisches Verfahren die Metajodobenzylguanidin (MIBG)-Szintigraphie zur
direkten Quantifizierung der kardialen sympathischen Innervation bei der KADN eingesetzt werden (53).
MIBG partizipiert als nicht-metabolisiertes Analogon von Noradrenalin um dessen Aufnahme in
die postganglionären sympathischen Neurone.
Die MIBG-Szintigraphie ist im Vergleich zu den herkömmlichen indirekten autonomen Funktionstests
offensichtlich eine sensitivere Methode zur frühen Erfassung der KADN (8, 29, 51). Dieses Verfahren ist
derzeit aber noch wissenschaftlichen Fragestellungen vorbehalten.
Therapeutische Optionen
Kausale Therapie
Der primäre Ansatz zu einer kausalen Therapie basiert auf der Ausschaltung des ätiologischen Faktors
Hyperglykämie durch möglichst normnahe Stoffwechseleinstellung. Im Diabetes Control and Complications
Trial (DCCT) trat eine kardiale autonome Dysfunktion innerhalb von fünf Jahren unter konventioneller
Insulintherapie bei 8,7 Prozent und unter intensivierter Insulintherapie bei lediglich 4,3 Prozent der Typ-IDiabetiker auf.
Nach neun Jahren war jedoch bei einem Teilkollektiv (sekundäre Interventionsgruppe) kein Unterschied in der
HRV zwischen intensiviert und konventionell behandelten Patienten festzustellen (44, 45). Dies hängt
offensichtlich damit zusammen, daß nur bei wenigen Patienten unter intensivierter Insulintherapie ein
normaler HbA1c-Wert erreicht wurde. Langzeitstudien bei Patienten mit fortgeschrittener kardialer
Neuropathie konnten zeigen, daß die weitere Progression der Neuropathie unter normnaher
Stoffwechseleinstellung verlangsamt wird, jedoch in der Regel frühestens nach mehr als zwei Jahren (25, 41).
Pathogenetisch begründbare Therapie
Es handelt sich bei der pathogenetisch begründeten Therapie um medikamentöse Therapieformen, die aus den
aktuellen Konzepten zur Pathogenese der diabetischen Neuropathie heraus entwickelt wurden. Sie bestehen in
der
1. Inhibition des Polyolstoffwechselweges durch Aldose-Reduktase-Inhibitoren (Tolrestat), (Alredase®; in
Deutschland nicht zugelassen),
2. Korrektur des gestörten Metabolismus der essentiellen Fettsäuren und Prostanoide durch Substitution von
Gamma-Linolensäure,
3. Gabe von Antioxidantien (a-Liponsäure) zur Reduktion des oxidativen Stresses,
4. Verbesserung des reduzierten endoneuralen Blutflusses und der konsekutiven Hypoxie durch
Vasodilatatoren,
5. Hemmung der nicht-enzymatischen Glykosylierung durch Gabe von Aminoguanidin sowie
6. Unterstützung des Neurotrophismus durch Nervenwachstumsfaktoren (NGF) (5). Einige dieser
Therapieansätze sind derzeit Gegenstand von klinischen Prüfungen. Günstige Effekte auf die herabgesetzte
HRV ließen sich kürzlich in randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudien mit Tolrestat (200
mg/die p. o.) über ein Jahr (15, 16) sowie mit a-Liponsäure (800 mg/die p. o.) bei Typ-II-Diabetikern nach vier
Monaten zeigen (Dekan-Studie) (54). Der hier nachgewiesene Anstieg der HRV sollte in Langzeitstudien
verifiziert werden.
Symptomatische Therapie
Eine ausgeprägte Sinustachykardie kann mit kardioselektiven b-Rezeptorenblockern behandelt werden. Es wird
angenommen, daß Diabetiker mit einer kardiovaskulären autonomen diabetischen Neuropathie (KADN) von bBlockern besonders im Sinne einer sekundären Prävention der kardiovaskulären Mortalität profitieren (24). Zu
beachten ist, daß bei Patienten mit KADN die Wahrnehmung von Warnsymptomen einer Hypoglykämie
eingeschränkt sein kann.
Die medikamentöse Behandlung der orthostatischen Hypotonie gestaltet sich häufig schwierig, da die
Blutdrucknormalisierung im Stehen häufig mit deutlichem Blutdruckanstieg im Liegen erkauft werden muß.
Diese Problematik wird insbesondere bei Patienten mit diabetischer Nephropathie offenbar. Die Situation wird
zusätzlich durch die komplexe Pathogenese der orthostatischen Hypotonie erschwert.
Der erste therapeutische Schritt sollte zunächst stets in der Ausschöpfung physikalischer Maßnahmen bestehen
(Tragen von elastischen Kompressionsstrumpfhosen, vorsichtiges körperliches Training, Schlafen mit
erhöhtem Oberkörper, langsames Aufstehen sowie Fuß- und Beingymnastik nach Bettruhe). Auch Manöver wie
das Kreuzen der Beine im Stehen und eine hockende Position können günstige zirkulatorische Effekte entfalten
und unmittelbar zu einer Besserung der orthostatischen Symptomatik führen (26, 47). Falls keine
Kontraindikation vorliegt, kann die Kochsalzzufuhr um 2 bis 6 Gramm pro Tag zusätzlich erhöht werden.
Substanzen wie Diuretika und Psychopharmaka sollten möglichst gemieden werden.
Wenn die orthostatische Hypotonie mit Hilfe von physikalischen Maßnahmen nicht zu beherrschen ist, hat sich
in letzter Zeit in mehreren kontrollierten Studien der a-Rezeptorenagonist Midodrin als effektiv erwiesen (20,
27).
Die Substanz führt zu einer Vasokonstriktion der Arteriolen und der venösen Kapazitätsgefäße und entfaltet
keine direkten kardialen oder zentralnervösen Effekte. Ihr Vorteil besteht in einer relativ langen Wirkdauer.
Die Dosierung sollte einschleichend erfolgen, beginnend mit zweimal 2,5 Milligramm pro Tag bis maximal
dreimal 10 Milligramm pro Tag.
Das Mineralokortikoid Fludrokortison (9-a-Fluorohydrokortison) hat sich ebenfalls bewährt (6, 7). Als
Nebenwirkungen müssen jedoch vor allem eine Flüssigkeitsretention und die Ausbildung von peripheren
Ödemen beachtet werden (cave: Herzinsuffizienz, Hypertonie, Hypokaliämie). Die Dosierung beträgt initial
ein- bis zweimal 0,1 Milligramm pro Tag p. o.
Sie wird im weiteren Verlauf individuell angepaßt mit dem Ziel einer Minderung der Orthostasesymptomatik
bei gleichzeitiger Vermeidung der Ausbildung von Ödemen, einer ausgeprägten Hypertonie im Liegen oder
einer Herzinsuffizienz. Die Erhaltungsdosis liegt in der Regel bei 0,1 bis 0,3 Milligramm pro Tag p. o. und
damit deutlich unter den Dosierungen, die zur Therapie der idiopathischen orthostatischen Hypotonie benötigt
werden.
Kürzlich wurde über Erfolge unter einer sechs- bis neunwöchigen Behandlung mit Erythropoietin (dreimal 50
IE/kg KG/Woche s.c.) bei Diabetikern mit reduziertem Hämatokrit, die nicht hinreichend auf Fludrokortison
ansprachen, berichtet (19). Die Effekte und Nebenwirkungen einer Langzeittherapie sind jedoch nicht bekannt.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1996; 93: A-1262–1268
[Heft 19]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck,
anzufordern über die Verfasser.
Anschrift für die Verfasser:
Priv.-Doz. Dr. med. Dan Ziegler
Diabetes-Forschungsinstitut an der Heinrich-Heine-Universität
Auf’m Hennekamp 65
40225 Düsseldorf
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