ArchivDeutsches Ärzteblatt49/1998Recht: Immobilienerwerb in Europa

VARIA: Immobilien

Recht: Immobilienerwerb in Europa

Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS Trotz aller Harmonisierungstendenzen in Europa bestehen immer noch zahlreiche Unterschiede, zum Beispiel in den rechtlichen Rahmenbedingungen beim Immobilienkauf.
Für den Auslandserwerb von Immobilien können im wesentlichen drei Motive unterschieden werden: die unternehmerische Nutzung, die Kapitalanlage und die private Nutzung zu Ferienzwecken oder als Dauerwohnsitz. Mit der Einführung des Euro erhalten diese Motive einen neuen Stellenwert. Es läßt sich absehen, daß der Immobilienerwerb im Ausland mit einer gemeinsamen Währung an Attraktivität gewinnt. Der europäische Immobilienmarkt wird deutlich transparenter. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ergeben sich aber innerhalb der Europäischen Union vor allem in wichtigen Einzelfragen nicht unerhebliche Unterschiede.
Während der Erwerb von Immobilien zu betrieblichen Zwecken grundsätzlich möglich ist, gilt dies für die lediglich private Nutzung nicht in jedem Land. So gelten in Griechenland, in Dänemark und in der Schweiz Erwerbsbeschränkungen. Diese sind für EU-Bürger teilweise gelockert, so daß zum Beispiel mit fünfjährigem Aufenthalt die EU-Bürger Inländern gleichgestellt sind.
Nachweis des Eigentumsrechts
Um sich gegen rechtliche Risiken abzusichern, muß der Käufer einer Immobilie auf jeden Fall überprüfen, ob der Verkäufer auch tatsächlich der verfügungsberechtigte Eigentümer ist. Ein Grundbuch, aus dem sich alle Rechte und Lasten an einem Grundstück ersehen lassen, existiert zwar inzwischen in den meisten Ländern, jedoch oft nicht mit der gleichen Aussagekraft wie in Deutschland. Hier schützt der sogenannte gute Glaube den Erwerber; nicht eingetragene Tatsachen muß der Erwerber nicht gegen sich gelten lassen. Im wesentlichen ergeben sich zwei Unterschiede zum deutschen Grundbuch. Zum einen sind vielfach verschieden Register vorhanden, aus denen sich auf unterschiedliche Weise die Eigentumslage oder die Grundstücksbelastungen ergeben. Beispielsweise sind in Frankreich Grundbuch und Hypothekenregister getrennt. Auch in Griechenland bestehen nebeneinander das Transkriptionsbuch, das Hypothekenbuch und das Vindikationsbuch. Zum anderen befindet sich zum Beispiel in der Schweiz und in England teilweise die katastermäßige Erfassung der Grundstücke insbesondere in ländlichen Gebieten im Aufbau. Auch sind in Spanien die Grundstücke häufig nur ungenau erfaßt, was leicht zu Grenzauseinandersetzungen führen kann.
Sofern sich die Eigentumsverhältnisse nicht aus dem Grundbuch ergeben, muß der Verkäufer sein Eigentumsrecht auf andere Art nachweisen, etwa durch die Vorlage einer Kette von Übertragungsurkunden (so etwa in England) oder durch ein Eigentümernachweisverfahren (Spanien). Ein Käufer muß in jedem Fall sicherstellen, daß der Eigentumsnachweis durch Grundbucheinsicht oder auf andere Art und Weise geprüft wird. Denn nicht in allen Ländern muß für den Eigentumsübergang ein Notar hinzugezogen werden, der, wie zum Beispiel in Italien, verpflichtet ist, das Grundbuch einzusehen.
Eigentumserwerb
Sehr unterschiedlich stellen sich in den einzelnen Ländern auch der Abschluß und die Abwicklung des Kaufvertrags über eine Immobilie dar.
Formlose beziehungsweise privatschriftliche Kaufverträge ohne Beteiligung eines Notars sind beispielsweise in England oder Dänemark wirksam. In Belgien ist die notarielle Beglaubigung nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit des Vertrags, aber erforderlich für dessen Eintragung in das Grundbuch. In Griechenland wiederum ist die Mitwirkung eines Notars beziehungsweise Rechtsanwalts bei einem Immobilienerwerb durch Ausländer grundsätzlich vorgeschrieben.
Im Hinblick auf die teilweise weniger strengen Formvorschriften entfalten daher Vorverträge oft weitergehende Bindungen. Während etwa in Deutschland auch ein Vorvertrag notariell beurkundet werden muß, könnte in Spanien und Italien eine Vertragspartei aufgrund einer formlosen Abrede den Abschluß des eigentlichen Kaufvertrags gerichtlich einklagen. In Italien ist sogar der Vorvertrag die Vereinbarung mit der größeren Bedeutung. Er ist nämlich ein schuldrechtlich bindender Vertrag. Der eigentliche Kaufvertrag stellt dann nur noch einen formalen Akt dar.
Besonders wichtige Unterschiede finden sich auch in der Behandlung des Eigentumsübergangs. So erfolgt in Deutschland, Österreich und Griechenland der Eigentümerwechsel nicht aufgrund des Kaufvertrags, sondern durch eine gesonderte Erklärung (Auflassung) und die Umschreibung des Grundstücks im Grundbuch. Dieses Auseinanderfallen von Kaufvertrag und Übertragung des Eigentums (Abstraktionsprinzip) kennen die meisten anderen Länder nicht.
Ein Käufer kann daher aus dem Grundbuch nicht immer erkennen, ob der als Eigentümer eingetragene Verkäufer das Grundstück nicht schon wirksam an einen anderen Käufer veräußert hat. Sinnvoll ist deshalb in jedem Fall, den Kaufpreis bei einem Notar oder Treuhänder so lange zu hinterlegen, bis der Eigentumserwerb erfolgt oder zumindest gesichert ist.
Finanzierung
Deutschen Banken ist es erlaubt, Grundstücke in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union als Beleihungssicherheit zu verwenden. Auslandsimmobilien, insbesondere Ferienobjekte, werden jedoch als Sicherheit erfahrungsgemäß nur gering bewertet, so daß eine weitere Absicherung oder die persönliche Bonität gefordert ist. Die Absicherung der Darlehen erfolgt üblicherweise durch Hypotheken. Zumeist kennen die Rechtssysteme nur die Buchhypothek, nicht aber die im deutschen Recht übliche Briefhypothek. So entsteht zum Beispiel in Frankreich die Hypothek erst mit Eintragung in das Grundbuch, wohingegen ein Eigentumswechsel auch ohne Grundbuchumschreibung erfolgt.
Grundschulden - also von dem Bestand der Forderung unabhängige Sicherungen - sind in den meisten europäischen Staaten unbekannt. Beispielsweise ist es in England Sache der Beteiligten, den Rechtscharakter ihrer Sicherung zu vereinbaren und auszugestalten.
(Auszugsweiser Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus Ulrich Herfurth: Immobilienerwerb in Europa, Economica Verlag, Bonn, 1998)

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote