POLITIK
Private Krankenversicherung: Niedrige Zinsen – steigende Prämien


Die anhaltende Niedrigzinsphase macht den privaten Krankenversicherungen zu schaffen.
Wer jetzt im Herbst einen Brief von seiner privaten Krankenversicherung (PKV) im Briefkasten vorfindet, schwankt zwischen Vorfreude und Sorge: Im Kuvert könnte einerseits eine Mitteilung über die Beitragsrückerstattung für das Jahr 2012 sein (je nach Tarif), aber auch eine Prämienanpassung für das nächste Jahr angekündigt werden (nach oben, versteht sich).
Neben der steigenden Lebenserwartung und dem ausgabentreibenden medizinischen Fortschritt sind es aktuell vor allem die anhaltend niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt, die das Kalkulationsprinzip der PKV nicht aufgehen lassen und für steigende Prämien sorgen.
Wie funktioniert die private Krankenversicherung? Ausgehend vom Alter und vom Gesundheitszustand des Neukunden berechnet die Versicherung bei Vertragsabschluss, wie hoch die Krankheitskosten sind, die dieser Versicherte voraussichtlich bis zu seinem Tod (laut Sterbetafel) verursachen wird. Diese Summe wird dann durch die Anzahl der statistisch verbleibenden Lebensmonate geteilt, woraus sich die vermeintlich lebenslang konstante Monatsprämie ergibt. Die Zinserträge auf die Alterungsrückstellungen der Versicherten, die in der Ansparphase gebildet werden (Grafik), spielen für diese Kalkulation eine wichtige Rolle. Dabei basieren die Alt-Tarife auf einem Rechnungszins in Höhe von 3,5 Prozent. Für die neuen Unisex-Tarife seit Anfang 2013 hat die Branche den Rechnungszins vorsorglich bereits auf 2,75 Prozent gesenkt. Erwirtschaftet ein Anbieter weniger Ertrag auf die Alterungsrückstellungen seiner Versicherten, ist er verpflichtet, den Rechnungszins zu senken und die Prämie entsprechend zu erhöhen.
Im April dieses Jahres konnten nun 18 private Krankenversicherungsunternehmen nicht nachweisen, dass sie auch künftig den in der Kalkulation verwendeten Rechnungszins in Höhe von 3,5 Prozent sicher erwirtschaften werden. Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage von Harald Weinberg (Die Linke) hervor. Danach liegen die „aktuariellen Unternehmenszinse“ dieser Versicherer „nur“ zwischen 2,86 und 3,48 Prozent. Sie müssen jetzt den Rechnungszins mit Wirkung zum 1. Januar 2014 absenken. Zum 31. März 2013 waren etwa 2,9 der insgesamt knapp neun Millionen privat Krankenversicherten bei diesen 18 Unternehmen versichert.
Wer eine solche Prämienanpassung nicht klaglos hinnehmen will, kann den Anbieter wechseln, seine Selbstbeteiligung erhöhen, Leistungsausschlüsse vereinbaren oder den Tarif wechseln. Da Altkunden ihre Alterungsrückstellungen nicht mitnehmen dürfen, lohnt sich der Wechsel zu einem anderen Versicherer für sie nicht. Nur Versicherte, die von 2009 an in die private Krankenversicherung eingetreten sind, können ihre Rücklagen in den neuen Versicherungsschutz einbringen. Nach § 204 Versicherungsvertragsgesetz kann aber jeder Versicherte unter Anrechnung der Alterungsrückstellung in einen anderen Tarif seiner PKV mit gleichartigem Versicherungsschutz wechseln. Nur wenn der Zieltarif Mehrleistungen vorsieht, darf der Anbieter Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse vereinbaren.
Doch nicht alle Anbieter und Makler sind kooperativ, wenn der Versicherte sein Recht auf einen Tarifwechsel einfordert. In diesem Fall sollte sich der Versicherte zunächst beim Versicherer selbst beschweren, beispielsweise beim Vorstand. Sind die Fronten verhärtet, kann der PKV-Ombudsmann als Schlichter eingeschaltet werden. Gegen Honorar bieten auch unabhängige Versicherungsberater und spezialisierte Agenturen Hilfe beim Tarifwechsel an. Sie haben sich auf den PKV-Tarifwechsel spezialisiert und kennen sich gut im Tarifdschungel aus.
Jens Flintrop
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