PHARMA
Pathologische Narben: Früher Therapiebeginn begünstigt Langzeitergebnis


Ziel der Therapie von hypertrophen Narben und Keloiden ist es, Juckreiz, Rötungen und Schmerzen zu lindern sowie das Gewebe weicher und elastischer zu machen.
Pathologische Narben, die durch schwere Traumata oder nach Operationen entstehen können, sind nicht nur Ausdruck einer verzögerten Wundheilung, sondern belasten auch die Psyche der Patienten. Daher ist es für ein positives Langzeitergebnis ratsam, mit einer Narbenbehandlung so früh wie möglich zu beginnen und diese Therapie über einen längeren Zeitraum fortzuführen.
Diese Empfehlung gaben Dermatologen anlässlich der 17. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Dermopharmazie. Normalerweise, so Dr. med. Gerd Gauglitz, Ludwig-Maximilians-Universität München, laufe die Narbenheilung problemlos in drei Phasen (eine entzündliche, eine proliferative und eine regenerative) ab. „Kommt es jedoch aufgrund großflächiger Verletzungen zu einem Ungleichgewicht zwischen Kollagenauf- und -abbau und somit zu einer Wundheilungsstörung, entstehen Narben, die vorwiegend aus dem Bindegewebe gebildet werden.“
Genetische Prädisposition
Der Dermatologe verwies auf zwei Varianten: hypertrophe Narben, die auf das ursprüngliche Verletzungsareal begrenzt sind und sich innerhalb von zwei Jahren abflachen, sowie die Keloide, die an Arealen mit großer Hautspannung stärker ausgeprägt sind. Letztere wüchsen über den eigentlichen Wundbereich weit hinaus und könnten auch nach erneuter Exzision wieder auftreten. „Keloide sind nicht nur kosmetisch störend, durch Schmerzen, Juckreiz und Kontrakturen schränken sie die Lebensqualität stark ein.“ Eine genetische Prädisposition sowie hormonelle Zusammenhänge (Pubertät, Schwangerschaft), entzündliche Hauterkrankungen (Akne, Conglobata) begünstigten die Keloidbildung. Eine hohe Inzidenz bei Allergikern sei ebenfalls festzustellen.
Laut Dr. med. Jürgen P. Bauerschmitz, Hautklinik Universitätsklinikum Erlangen, ist die Lebensqualität von Narbenpatienten vergleichbar mit denen von jenen mit Psoriasis, zumal die hohe Rezidivrate von 50 bis 80 Prozent bei Keloidnarben problematisch sei. Durch bestimmte Operationstechniken mit einer an die Hautspannungslinien angepassten Schnittführung (Zickzack-Linien) und spannungsfreien Nahttechniken, könnten das Risiko für eine pathologische Narbenbildung erheblich gemindert und mit Verbänden und sorgfältiger Nachsorge Rezidive vermindert werden.
Zu den gängigen Therapieverfahren zählt der Dermatologe: Kortikoide (auch in Kombination mit Kryotherapie über vier bis fünf Zyklen als Injektion ins Bindegewebe), Silikongel, -folien und -kissen, Ultraschall und Laserbehandlungen, Druckverbände sowie spezielle Kompressions-Mieder bei Keloiden an Brust, Schulter und Arm, Narbenpflaster sowie topische Narbengele wie Contractubex® mit Zwiebelextrakt (Extractum Cepae), Heparin und Allantoin.
Diese Wirkstoffkombination verstärke und ergänze sich gegenseitig: Zwiebelextrakt wirke antiproliferativ und entzündungshemmend, bakterizid und regenerationsfördernd, Heparin hemme Entzündungen und lockere die Kollagenstruktur auf. Allantoin wirke keratolytisch und mildere den Juckreiz. Auch werde das Wachstum von überschießendem Bindegewebe vermindert. In einer tierexperimentellen Studie konnte gezeigt werden, dass das zwiebelextrakthaltige Narbengel eine erhöhte Kollagensynthese verhindert, indem es die vermehrte Bildung von Wachstumsfaktoren wie TGF-ß 1 und 2 sowie die Bildung von Laminin und Fibronektin vermindert.
Applikation per Ultraschall
In diversen placebo-kontrollierten Studien und Langzeitbeobachtungen bei über 2 000 Patienten wurde das Narbentherapeutikum positiv beurteilt. Besonders wirkungsvoll erwies sich die Applikation per Ultraschall an jedem dritten Tag. Auch gegenüber einer Kortikoidtherapie bei hypertrophen Narben erwies sich das Narbengel in einer multizentrischen Kohortenstudie mit 771 Patienten (Alter: 6 bis 66 Jahre) als überlegen. 555 Patienten wurden über mindestens 28 Tage mit Contractubex, 216 mit einem Kortikosteroid behandelt.
Die Zeit bis zur Normalisierung der Narbe war mit dem Narbengel kürzer (344 Tage) als die mit Kortikoiden (507 Tage). Auch die Nebenwirkungen waren geringer: Teleangiektasien (Gel sieben versus Kortison 15 Prozent), Narbenatrophien (zwei versus zehn Prozent) und Atrophie des umliegenden Gewebes (ein versus elf Prozent).
Aufgrund dieser positiven Ergebnisse wurde Contractubex in die S2k-Leitlinien-Empfehlung der DDG vom April 2012 aufgenommen. Allerdings sollte das Narbengel über drei bis sechs Monate hinweg mindestens zweimal täglich angewendet werden.
Regine Schulte Strathaus
Satellitensymposium der Merz Pharmaceuticals GmbH anlässlich der 17. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Dermopharmazie in Mainz.