POLITIK
74. Bayerischer Ärztetag: Weitgehend einig mit der Politik


Die Ärztin und neue Gesundheitsministerin des Freistaates, Melanie Huml, machte gleich zu Beginn ihrer Amtszeit den bayerischen Ärzten ihre Aufwartung. Von ihren Kolleginnen und Kollegen wurde sie herzlich begrüßt.
Vier Wochen nach der bayerischen Landtagswahl und drei Wochen nach der Bundestagswahl versammelte sich der 72. Bayerische Ärztetag im oberfränkischen Bamberg. Zur Eröffnung kam die neue Ministerin für Gesundheit und Pflege im Freistaat, Melanie Huml. Huml ist Ärztin und stammt aus Bamberg. Seit Oktober 2007 war sie Staatssekretärin im Staatsministerium für Gesundheit und Umwelt (siehe auch Personalien in diesem Heft).
Der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer, Dr. med. Max Kaplan, begrüßte die Politikerin bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt im neuen Amt und zeigte sich erfreut, „dass wir endlich ein eigenes Gesundheitsministerium bekommen haben“. Dies wertete er als Zeichen für den besonderen Stellenwert der Gesundheitspolitik. Die Ministerin wies darauf hin, dass der Umbau des Gesundheitsministeriums noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde. Im Zentrum ihres Wirkens stünden die Weiterentwicklung einer hochwertigen wohnortnahen Versorgung, die Steigerung der Attraktivität des Arztberufs sowie die nachhaltige Finanzierung des Gesundheitswesens. Sie strebt vor allem eine stärkere Verantwortung der Regionen an und nannte als Beispiel die Bedarfsplanung.
Huml will Hausärzte stützen
Ausdrücklich bekannte Huml sich zur Förderung der hausärztlichen sowie fachärztlichen Versorgung. Die Forderung nach Hausarzt-Verträgen ohne Honorar-Obergrenze werde sie in den anstehenden Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene energisch vertreten. Nicht nur bei den Hausärzten, sondern auch bei den Fachärzten müsse die bedrohliche Altersentwicklung beachtet werden. Der Arztberuf müsse attraktiv bleiben. Dazu gehöre das Bekenntnis zum freien Beruf. Ärzte, Psychotherapeuten, Pflegekräfte und alle, die in der medizinischen Versorgung tätig sind, bräuchten stabile Rahmenbedingungen und eine angemessene Honorierung ihrer wichtigen Arbeit.
Bayern werde sich weiterhin für eine dauerhafte Verbesserung der Krankenhausfinanzierung einsetzen. Bayerns Krankenhäuser bräuchten keine punktuellen Soforthilfemaßnahmen, sondern eine nachhaltige Krankenhausfinanzierung und eine dauerhafte Verbesserung der Betriebskostenfinanzierung. Hier sei ganz klar der Bund in der Pflicht. Im Bereich der Investitionskostenförderung müsse unverändert die Wahlmöglichkeit der Länder zwischen der Einzelförderung von Investitionen und der Förderung über Investitionspauschalen bestehen bleiben.
Außerdem müsse der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zum Wohle der Patienten gestärkt werden. Huml betonte: „Der zentralistische Gesundheitsfonds soll wieder abgeschafft werden. Die Krankenkassen sollen selbst über die Beitragshöhe entscheiden können. Das ist ein wichtiger Anreiz für mehr Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.“ Bayern will das duale System von gesetzlicher und privater Krankenversicherung erhalten und weiterentwickeln. Demgegenüber sei die Bürgerversicherung nur eine Worthülse und nicht geeignet, die Probleme der Krankenversicherung zu lösen.
Kaplan sah in dem Ärztetag kurz nach den Wahlen die große Chance, starke Signale in Richtung Politik auszusenden. Er lobte die Förderprogramme des Bayerischen Gesundheitsministeriums zur ärztlichen Nachwuchsförderung, die bereits erste Früchte trügen. Doch seien noch weitere Anstrengungen zu unternehmen: Das Bundesland Bayern müsse eine ausreichende Zahl an Medizinstudienplätzen schaffen, die Zugangskriterien für die Studienplatzvergabe an den medizinischen Fakultäten ändern, und es müssten bundeseinheitliche Auswahlkriterien geschaffen werden. Kaplan forderte auch eine flächendeckende und angemessene Aufwandsentschädigung im praktischen Jahr. Mit Investitionsförderungen sollte jungen Ärztinnen und Ärzten die Niederlassung in strukturschwachen Regionen erleichtert werden. „Darüber hinaus sind die mit dem Versorgungsstrukturgesetz eingeleiteten Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter auszubauen“, so Bayerns Ärzte-Präsident.
Für flexible Arbeitszeiten
Die Delegierten des Bayerischen Ärztetags forderten die Krankenhäuser auf, zeitnah familienfreundliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf habe sich als ein wesentlicher Grund für den Ärztemangel erwiesen. Notwendig seien unter anderem flexible Arbeitszeiten, verlässliche Arbeits- und Bereitschaftszeiten, eine gesicherte Kinderbetreuung und eine unbürokratische Umsetzung flexibler Elternzeitregelungen.
Die flächendeckende und wohnortnahe ambulante Versorgung durch niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten müsse für die Zukunft gesichert sein, wozu unter anderem auch die Wiederherstellung der diagnostischen und therapeutischen Freiheit zähle. Auch müsse der direkte Einfluss der Krankenkassen auf das Arzt-Patienten-Verhältnis zurückgefahren werden.
Die Delegierten des Bayerischen Ärztetags forderten den Ministerpräsidenten und die bayerischen Bundestagsabgeordneten auf, sich für eine angemessene Finanzierung der medizinischen Versorgung durch eine Umstrukturierung des Gesundheitsfonds einzusetzen, um so den Mittelabfluss aus Bayern, der letztendlich einem „kleinen“ Länderstrukturausgleich entspreche und zu einer Benachteiligung der bayerischen Versicherten führe, zu reduzieren und zu stoppen.
Klaus Schmidt
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