STATUS
Approbation: Entzug wegen Steuervergehen


Die Approbationsbehörde kann bei der Feststellung der Unwürdigkeit auf das Strafurteil Bezug nehmen, ohne den Sachverhalt einer eigenen Prüfung zu unterziehen.
Mit Beschluss vom 19. Juli 2013 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) den Widerruf der Approbation eines Arztes wegen „Unwürdigkeit“ bestätigt, der in einem Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Die Approbationsbehörde hatte zur Begründung der Unwürdigkeit auf die Feststellungen des Strafurteils Bezug genommen, ohne den Sachverhalt einer eigenen Prüfung zu unterziehen. Dies wurde vom BayVGH so bestätigt.
Vertrauen ist unabdingbar
Die Entscheidung reiht sich in eine Vielzahl gleichgerichteter Entscheidungen ein. Ärzte sind über diesen Zusammenhang und die Maßstäbe, nach denen die „Unwürdigkeit“ bestimmt wird, nicht hinreichend aufgeklärt. Der Widerruf der Approbation stellt angesichts der gravierenden Folgen für die berufliche und persönliche Lebenssituation des Arztes häufig das größere Übel im Vergleich zum Strafverfahren dar. Der Grundstein für eine erfolgreiche Verteidigung gegen den Widerruf der Approbation wird jedoch im Strafverfahren gelegt.
Strafrechtliche Verfehlungen eines Mediziners können die Unwürdigkeit im Sinne von § 5 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 1, S. 1, Nr. 2 Bundesärzteordnung (BÄO) begründen und den Widerruf der Approbation zur Folge haben. Das Tatbestandsmerkmal der Unwürdigkeit konkretisiert das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) dahingehend, „dass derjenige Mediziner unwürdig ist, der ein Fehlverhalten gezeigt hat, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist, und der daher nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung des Berufes unabdingbar nötig ist“.
Diese Voraussetzungen können im Allgemeinen durch eine strafrechtliche Verfehlung gegeben sein. Ob eine solche vorliegt, wird in einem Strafverfahren festgestellt. Die Approbationsbehörde prüft sodann in einem eigenständigen Verfahren, ob ein Widerrufsgrund vorliegt. Dabei ist sie nicht verpflichtet, den Sachverhalt selbst festzustellen, sondern darf die rechtlichen und tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts zur Tat und zur Person übernehmen.
Dem Strafverfahren kommt also im Hinblick auf das Approbationsverfahren entscheidende Bedeutung zu. Für den betroffenen Arzt stellt dies eine schwierige Situation dar. Er ist in der Regel zuerst mit den Ermittlungen der Strafjustiz konfrontiert. Ein laufendes Ermittlungsverfahren ist für das Renommee und damit für das Unternehmen des Arztes besonders schädlich. Die Sorge, dass die Öffentlichkeit von den Vorwürfen Kenntnis bekommt, ist groß, und nicht selten ist daher das Verteidigungsverhalten von dem Wunsch geprägt, das Strafverfahren möglichst schnell und „geräuschlos“ hinter sich zu bringen. Sieht die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe als hinreichend belegt an und erhebt Anklage, tendiert der Arzt häufig dazu, die Hauptverhandlung durch die in der Strafprozessordnung vorgesehene Verständigung (Deal) zu beenden. Kursorisch dargestellt, „einigen“ sich im Rahmen dieser Verständigung Gericht, Staatsanwaltschaft und Angeklagter/Verteidigung für den Fall des Geständnisses des Angeklagten auf ein Strafmaß. Dies hat für alle Verfahrensbeteiligten den Vorteil, dass eine umfangreiche Hauptverhandlung vermieden wird. Der Angeklagte weiß außerdem womit er zu rechnen hat und kann eine öffentlichkeitsträchtige Beweisaufnahme vermeiden.
Falsches Kalkül
Von diesem taktischen Kalkül war wohl auch der Arzt in dem hier dargestellten Verfahren motiviert. Der Verurteilung war ein Deal vorausgegangen. Der Arzt wurde absprachegemäß wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm war dabei nicht bewusst, dass er mit dieser „konsensualen“ Beendigung selbst den Sachverhalt schuf, auf dessen Grundlage die Approbationsbehörde die Approbation nach Rechtskraft des Strafurteils widerrief. Im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Regensburg gegen den Widerruf der Approbation widersprach der Arzt daher der Verwertung der strafgerichtlichen Feststellung mit der Begründung, das Strafgericht sei von einem zu hohen Steuerschaden ausgegangen, seine steuerrechtlichen Vergehen seien nicht so schwerwiegend, wie vom Strafgericht unterstellt. Seiner Ansicht nach sei der vom Strafgericht festgestellte Sachverhalt nicht geeignet, seine Unwürdigkeit zu begründen.
Dieses Vorbringen wurde vom VG Regensburg als irrelevant erachtet. Im Urteil vom 27. September 2012 heißt es: „Damit dürfen Gerichte Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zugrunde legen, ohne diese auf ihre vom Betroffenen bestrittene Richtigkeit selbst überprüfen zu müssen. (. . .) Wären die vom Kläger begangenen Straftaten tatsächlich nicht so schwerwiegend gewesen, wie dies der Kläger nunmehr im approbationsrechtlichen Verfahren glauben machen will, so hätte er sich im Strafverfahren wohl kaum auf eine Verständigung im Sinne des § 257 c StPO eingelassen.“ Der BayVGH bestätigte dieses Urteil im Berufungsverfahren.
Ärzte müssen sich darüber im Klaren sein, dass ihre taktischen Überlegungen im Strafverfahren, insbesondere der Wunsch nach einem schnellen Ende, der häufig Motiv für ein „taktisches“ Geständnis ist, im Approbationsverfahren irrelevant sind. Die oft verzweifelten Versuche der Betroffenen, die Motivlage für die Annahme eines Deals darzulegen, sind erfolglos.
Wenig Problembewusstsein
Die Entscheidung des BayVGH vom 19. Juli 2013 ist noch in einem weiteren Punkt bedeutsam: Offenkundig war dem betroffenen Arzt nicht nur die Verbindlichkeit der strafgerichtlichen Sachverhaltsfeststellung nicht bewusst, sondern er rechnete offenkundig auch nicht damit, dass steuerrechtliche Verfehlungen geeignet sind, einen Approbationswiderruf zu begründen. Der Beschluss des BayVGH setzt die strengen Maßstäbe der Verwaltungsgerichte bei Widerruf der Approbation fort.
Die Praxis zeigt, dass Ärzte dann mit Problembewusstsein hinsichtlich berufsrechtlicher Folgeverfahren agieren, wenn ihnen strafrechtliches Vergehen zur Last gelegt wird, welches unmittelbar aus dem Behandlungsverhältnis zum Patienten resultiert. Dieses Problembewusstsein nimmt jedoch zunehmend ab, je weiter das strafrechtlich relevante Verhalten sich vom Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit entfernt. Die Sorge, dass ein Verstoß gegen allgemeine Strafnormen, die für alle Bürger gelten, ärztlich-berufsspezifische Konsequenzen nach sich ziehen kann, ist nur rudimentär vorhanden. Auch deshalb werden die Bedeutung des richtigen Verhaltens im Strafverfahren und die der dort getroffenen Sachverhaltsfeststellungen unterschätzt, mit der Folge, dass der Betroffene im Approbationsverfahren die Versäumnisse aus dem Strafverfahren nicht mehr korrigieren kann.
Christoph Klein,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht, Köln
Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.am Samstag, 7. Dezember 2013, 17:37
Hochnotpeinlich: "doctorstrich"!
Und dann kommt aus dem Dunkel der Anonymität, sozusagen nach "Heckenschützenart" ein möglicher Arztkollege namens "doctorstrich" daher, konfabuliert zum dargestellten, arztrechtlichen Thema etwas völlig abseitiges wie "Individuelle Gesundheitsleistungen" (IGeL) und fantasiert über "Nötigung" bzw. standrechtliche Erschießungen oder "Heilpraktiker".
Hier liegt die häufig beschworene Sprach-, Verständnis- und Respektlosigkeit zwischen der ärztlichen und juristischen Profession offenkundig n i c h t auf der Seite des Juristen, Rechtsanwalts und Fachanwalts für Strafrecht in Köln.
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund (z. Zt. Kaprun/A)
am Freitag, 29. November 2013, 21:44
IGEL == Nötigung, stellt sie alle an die Wand !
Muß man die halt zum Heilpraktiker überweisen näch, wenn die Methode doch eingesetzt werden soll.