ArchivDeutsches Ärzteblatt48/2013Psychisch Kranke: Vorbildliche Versorgungskonzepte
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Der Bericht über das Symposium der Bundespsychotherapeutenkammer Mitte Oktober bringt das Problem in der Versorgung schwer psychisch Kranker wieder einmal auf den Punkt. Eigentlich wissen die Akteure, wie es gehen könnte, aber die flächendeckende Umsetzung hinkt weit hinterher.

Das genannte vorbildliche Modell der Psychiatrie-Initiative Berlin-Brandenburg von Dr. Norbert Mönter und Kollegen ist ein gutes Beispiel dafür. Die im Artikel erwähnte externe Evaluation, in mehrjähriger guter Zusammenarbeit der Leistungserbringer und der Krankenkassen durch das Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie entstanden (die fälschlicherweise im Artikel genannte Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie war mit der externen Qualitätssicherung betraut, nicht mit der Kosten-Nutzen-Evaluation) und inzwischen publiziert, stellt eine Reihe positiver Effekte des Modells heraus. Die IV-Behandlung konnte die Anzahl der Krankenhaustage für die Gesamtgruppe, in allen Regionen Berlin, Brandenburg und Niedersachsen/Bremen und für die Subgruppen der Patienten mit Depression und Schizophrenie/schizoaffektiver Störung statistisch signifikant senken. Obwohl die klinikvermeidend und klinikersetzend erbrachten ambulanten Komplexleistungen sehr aufwendig waren, blieben die Kosten über einen Beobachtungszeitraum von 1,5 Jahren stabil und waren nicht höher als unter herkömmlicher stationärer Versorgung. Neben den für die Krankenkassen wichtigen positiven ökonomischen Ergebnissen kam es zum Aufbau einer Vielzahl von ambulanten Strukturen, von denen nun alle anderen Krankenkassen profitieren könnten. Dennoch bleiben die seit Jahren hochengagierten Leistungserbringer in diesem Modell mit der flächendeckenden Ausweitung ihres Angebotes stecken. Ein Großteil der Krankenkassen ist nicht interessiert.

Warum also nicht einmal einen neuen Paragrafen im SGB V, der die Krankenkassen in die Pflicht nimmt? Die bisherigen gesetzlichen Rahmenbedingungen erlauben bereits eine große Vielfalt von Ausgestaltungen vernetzter Versorgung. Solange Krankenkassen aber nur unter vordergründig ökonomischen Gesichtspunkten entscheiden, ob sie Verträge mit Netzwerken abschließen oder nicht, und Partikularinteressen die Vernetzung verhindern, wird den psychisch Kranken nicht geholfen werden.

Allerdings hätten die Akteure es auf allen Seiten leichter, Entscheidungen zur Ausweitung von Versorgungsnetzen zu treffen, wenn es noch mehr wissenschaftliche Evidenz zur Wirksamkeit und zum Kosten-Nutzen-Verhältnis von innovativen Versorgungsformen, sektorenübergreifender Versorgung und Vernetzungen gäbe . . .

Literatur bei der Verfasserin

Dr. med. Anne Berghöfer, Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie,
Charité, Universitätsmedizin Berlin, 10117 Berlin

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