

Dass eine private Krankenversicherung nicht unbedingt ein Rundum-sorglos-Paket ist, hat sich wohl schon lange herumgesprochen. Während gesetzlich Krankenversicherte relativ umstandslos und ohne vorherige Nachfrage und Abklärungen in eine psychotherapeutische Klinik aufgenommen werden können, stehen Privatpatienten quasi unter Generalverdacht. Der medizinische Dienst der Privatversicherer möchte es ganz genau wissen. Wie schwer ist die Symptomatik eigentlich? Sind die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten tatsächlich ausgeschöpft? Nimmt der Patient Medikamente? Und überhaupt – wie steht es mit der Compliance? Zur rethorisch-strategischen Abwehr dieser Fragenkataloge hat so manche Privatklinik für psychische Erkrankungen zumindest einen Justiziar beschäftigt, der sich mit nichts anderem befasst.
Bei solch unterschiedlichen Vorgehensweisen drängt sich die Frage auf: Welches Menschenbild haben die privaten Krankenversicherungen eigentlich in Bezug auf ihre Mitglieder? Ganz klar: Dem Versicherungsnehmer ist nicht zu trauen. Ein Lügendetektor für den Patienten und seinen behandelnden Arzt wäre angebracht, ist aber leider gesetzlich verboten. Der Patient ist womöglich gar kein Patient, sondern Trittbrettfahrer oder gar Simulant, für den sein Arzt ein Gefälligkeitsattest nach dem anderen ausfüllt. Vielleicht sollten die Privatversicherer in Zeiten des Turbokapitalismus und der Gewinnmaximierung einen stationären Aufenthalt bei psychischen Erkrankungen generell aus dem Leistungskatalog herauskatapultieren. Denn ihre Versicherten sind überwiegend selbstständig und beißen sich schon irgendwie durch.
*Dr. med. Burkhard Voß, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie in Krefeld
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