MEDIZINREPORT: Studien im Fokus
Früherkennung des Zervixkarzinoms: Ein HPV-Test bietet mehr Sicherheit als die Zytologie


Durch Zusammenführen der Daten von vier Studien wurde erstmals eine ausreichend hohe Fallzahl erreicht, um die relative Effizienz eines HPV-basierten Screenings auf Zervixkarzinome mit der zytologischen Untersuchung als Screeningmethode zu vergleichen. Gepoolt wurden randomisierte Studien mit 176 464 Teilnehmerinnen und mindestens zwei Screeningrunden (1 214 415 Frauenjahre). Während der Nachbeobachtungszeit von im Mittel 6,5 Jahren wurden 107 invasive Zervixkarzinome ermittelt. Es wurde der Einfluss von Modifikatoren wie Alter, mögliche Unterschiede im Karzinomstatus und die Dauer der protektiven Wirkung eruiert – Voraussetzungen, um ein HPV-Screening in die Routine einzuführen. Beim Vergleich des experimentellen (HPV) mit dem Zytologie-Arm errechnete sich eine relative Inzidenzrate von 0,60 (Konfidenzintervall [KI] 0,40–0,89) von invasiven Zervixkarzinomen für den gesamten Zeitraum. In den ersten 2,5 Jahren waren die Detektionsraten in beiden Armen vergleichbar (0,79), im weiteren Verlauf gab es aber einen signifikanten Unterschied zugunsten des HPV-Armes (0,45).
Bei Frauen mit negativem Testergebnis in der ersten Untersuchung schnitt das HPV-basierte Screening noch besser ab mit einer relativen Inzidenzrate von 0,30. Die kumulative Inzidenz invasiver Karzinome lag hier mit 4,6/105 (8,7/105 nach 3,5 und 5,5 Jahren) deutlich niedriger als im Zytologie-Arm mit 15,4/ 105, was sich im Verlauf von 3,5 und 5,5 Jahren noch verstärkte (8,7 versus 36,0/105). Die Stadien der Karzinome unterschieden sich nicht, Adenokarzinome waren seltener als squamöse Formen. Die niedrigste relative Inzidenz gab es in der Altersgruppe zwischen 30 und 34 Jahren (0,36, KI 0,14–0,94).
Fazit: Ein HPV-basiertes Screening bewirkt im Vergleich mit der Zytologie einen um 60 bis 70 % höheren Schutz vor invasiven Zervixkarzinomen. Ein Alter von 30 Jahren scheint optimal für den Beginn der Früherkennung per HPV-Test, dann reichen offenbar Intervalle von fünf Jahren aus. „Insgesamt 6 randomisiert kontrollierte Studien, mehrere Kohortenstudien und Pilotprojekte belegen für die HPV-Testung übereinstimmend eine bessere Detektion echter Krebsvorstufen und eine bessere Prävention des Zervixkarzinoms im Vergleich mit der etablierten Zytologie“, kommentiert Prof. Dr. med. Karl Ulrich Petry vom Klinikum der Stadt Wolfsburg. Er verweist auf 2 deutsche HTA-Berichte und einen Bericht des IQWiG: Sie bestätigen den Nutzen des HPV-Screenings. Die aktuelle Metaanalyse aller primären Daten von 4 der 6 Studien belegt laut Petry erneut eine signifikant bessere Prävention.
Eine Umstellung der Krebsvorsorge auf HPV-Testung wurde in den Niederlanden und Italien schon offiziell beschlossen. Petry: „Angesichts der hohen Evidenz pro HPV-Testung und der berechtigten Sorgen von Zytologen und Zytoassistentinnen um ihre Existenz wird die politische Entscheidungsfindung in Deutschland ein spannender Präzedenzfall.“ Dr. rer. nat. Renate Leinmüller
Ronco G, et al.: Efficacy of HPV-based screening for prevention of invasive cervical cancer: follow-up of four European randomised controlled trials, Lancet online 2013 http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)62218-7.