ArchivDeutsches Ärzteblatt7/2014Altersversorgung: In der Regel keine Wahl

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Altersversorgung: In der Regel keine Wahl

Heise-Luis, Ernst

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Ein Überblick über die wichtigsten Unterschiede zwischen der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung oder bei einem ärztlichen Versorgungswerk

Foto: Fotolia HaDeVau
Foto: Fotolia HaDeVau

Ärztinnen und Ärzte haben in der Regel keine Wahl. Sowohl für die gesetzliche Rentenversicherung als auch für die ärztlichen Versorgungswerke bestehen Versicherungs- beziehungsweise Teilnahmepflichten. Angestellte und arbeitnehmerähnlich tätige Ärzte sind Pflichtversicherte der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie sind außerdem wegen der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit und ihrer Kammermitgliedschaft zur Teilnahme am ärztlichen Versorgungswerk verpflichtet. Allerdings haben sie das Recht, sich ihrer doppelten Beitragspflicht durch einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu entledigen, wenn sie berufsspezifisch tätig sind. Der Antrag muss bei jedem Arbeitsplatzwechsel neu gestellt werden.

Die wichtigsten Unterschiede

Die beiden Systeme unterscheiden sich in den folgenden Punkten:

  • Finanzierung. Während die gesetzliche Rentenversicherung ihre Einnahmen nahezu sofort für ihre Leistungen verwendet (Umlageverfahren), ist Merkmal der Ärzteversorgung eine Ansparung von Kapital und dessen gewinnbringende Anlage (Kapitaldeckungsverfahren unterschiedlicher Ausprägung).
  • Berufsunfähigkeit. Wenn gesundheitliche Einschränkungen zur Berufsunfähigkeit führen, haben Angehörige der ärztlichen Versorgungswerke einen Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente. Der Begriff der ärztlichen Tätigkeit ist zwar weit auszulegen, und eine Teilberufsunfähigkeit ist auch nicht vorgesehen, die Verweisungsmöglichkeiten der gesetzlichen Rentenversicherung (für nach 1960 Geborene sogar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, also auf jede denkbare Berufstätigkeit) sind den Versorgungswerken dagegen fremd. Versuche, die Lücke zwischen einer Berufsunfähigkeit für die ausgeübte Tätigkeit und einer Berufsunfähigkeit nach der Definition der Ärzteversorgung durch den Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung zu schließen, scheitern oft an den Versicherungsbedingungen der Versicherungsgesellschaften oder an den Prämien, die sie für diese Absicherung einfordern.

Eine Beratung unabhängig von möglichen Provisionsinteressen ist hier ratsam. Eine solche – kostenpflichtige – Beratung bieten Versicherungsberater (zu finden beim Bundesverband der Versicherungsberater – www.bvvb.de), die als Gegenleistung für ihr Honorar allein ihren Mandanten verpflichtet sind.

Gerade bei Jüngeren errechnet sich aus den tatsächlich im Laufe ihrer Erwerbsbiografie gezahlten Beiträgen eine oft sehr niedrige Rentenanwartschaft. Deshalb sehen die Satzungen der Versorgungswerke ebenso wie die gesetzlichen Regelungen für die Rentenversicherung eine Zurechnungszeit vor, die mit persönlichen Durchschnittswerten rentensteigernd bewertet wird. Während die Zurechnungszeit in der Rentenversicherung wohl demnächst vom 60. auf das 62. Lebensjahr angehoben wird, sehen die für die Ärzteversorgungen geltenden Satzungen unterschiedliche Laufzeiten der Zurechnungszeit vor. Eine Entscheidung, während einer beitragsfreien Zeit keine Beiträge zu entrichten, führt bei den Versorgungswerken oft zum Verlust des Anspruches auf die Zurechnungszeit und damit zu einem erheblichen Absinken des Anspruches.

Gesetzlich Rentenversicherte verlieren den Anspruch auf die Erwerbsminderungsrenten meistens vollständig, wenn sie zwei Jahre lang keine Pflichtbeiträge entrichtet haben und können dann auch durch Zahlung freiwilliger Beiträge nicht gegensteuern.

  • Rehabilitation. Leistungen zur Rehabilitation werden von den Versorgungswerken lediglich bezuschusst, wohingegen die gesetzliche Rentenversicherung sowohl die Kosten für die Maßnahme trägt, als auch in vielen Fällen Übergangsgeld als Lohnersatzleistung zahlt. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gehören zum Spektrum der Rentenversicherung, nicht jedoch der Ärzteversorgung.
  • Leistungen an Witwen und Witwer werden von den Versorgungswerken in der Regel in Höhe von 55 bis 60 Prozent der Ansprüche des Mitgliedes gezahlt. Außer durch Wiederheirat sind die Ansprüche nicht (wie teilweise in der gesetzlichen Rentenversicherung) befristet. Eine Einkommensanrechnung findet anders als in der Rentenversicherung nicht statt. Eine Zahlung der vollen Rente oder Rentenanwartschaft für die ersten drei Monate nach dem Tod ist zwar bei den Versorgungswerken nicht üblich, viele Satzungen und Statuten sehen aber ein Sterbegeld vor.
  • Kindererziehungszeiten. In der gesetzlichen Rentenversicherung werden für ab 1992 geborene Kinder der Mutter oder dem Vater drei Kindererziehungsjahre rentensteigernd angerechnet. Für ältere Kinder wird lediglich ein Jahr berücksichtigt (politische Absicht ist hier eine Anhebung auf zwei Jahre). Diese Leistungen werden aus Steuermitteln erbracht und stehen nach einem Rechtsstreit nun auch Mitgliedern der Versorgungswerke zu. Erforderlich für die Anerkennung ist ein Antrag, der auf dem Vordruck V800 der Deutschen Rentenversicherung üblicherweise zusammen mit einem Antrag auf Kontenklärung (Vordruck V100) gestellt wird. Der Antrag kann auch noch zusammen mit einem solchen auf Regelaltersrente auf Vordruck R100 gestellt werden. Voraussetzung für den Anspruch auf Altersrente ist neben dem Erreichen des vorgesehenen Lebensalters die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 60 Monaten (fünf Jahren). Auch Kindererziehungszeiten sind Beitragszeiten. Durch die Erziehung zweier nach dem 31. Dezember 1991 geborener Kinder wird schon die allgemeine Wartezeit erreicht. Wer die Wartezeit nicht erfüllt, kann die fehlenden Monate durch freiwillige Beitragszahlung auffüllen. Der Antrag wird zusammen mit dem Rentenantrag gestellt. Der früher geltende Ausschluss von Personen, die von der Versicherungspflicht befreit wurden, von der freiwilligen Beitragszahlung wurde abgeschafft.

Bestehen neben dem so erworbenen Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und dem aus dem Versorgungswerk noch Ansprüche aus einem Dienstverhältnis als Beamter, ist vor der Entrichtung freiwilliger Beiträge eine Beratung sinnvoll, weil die in der Beamtenversorgung geltenden Höchstgrenzen möglicherweise zu einer Kürzung der Leistung des Dienstherrn führen können. Beratung zu diesem Themenkomplex bieten Rentenberater (Bundesverband der Rentenberater: www.rentenberater.de).

  • Gesetzliche Krankenversicherung. Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse werden in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert, wenn sie in der zweiten Hälfte ihres Berufslebens mindestens neun Zehntel der Zeit bei einer gesetzlichen Kasse versichert waren. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich hierbei um Pflichtversicherungszeiten, Zeiten einer freiwilligen Versicherung oder gar einer Familienversicherung handelt. Alle übrigen Mitglieder – auch Bezieher einer Rente von der Ärzteversorgung – können als Rentner nur freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung werden beziehungsweise bleiben. Dies hat Folgen für die Beitragsbemessung: Während pflichtversicherte Rentner zur Beitragszahlung nur aufgrund des Zahlbetrages ihrer Rente, von Erwerbseinkommen und von Versorgungsbezügen herangezogen werden, müssen freiwillig Versicherte Beiträge auf alle Einnahmen entrichten, die sie zum Lebensunterhalt verbrauchen können. Hierzu zählen auch Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalerträgen.

Zusätzlich zu der unter Umständen erheblich ungünstigeren Beitragsbemessungsgrundlage werden von den Versorgungseinrichtungen – ebenso wie von Zahlstellen der Betriebsrenten und von den Trägern der Beamtenversorgung und im Gegensatz zur Rentenversicherung – keine Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung gezahlt. Einnahmen aus Versorgungsbezügen, aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalerträgen werden mit dem vollen Beitragssatz (derzeit 15,5 Prozent) herangezogen, wohingegen Rentner der gesetzlichen Rentenversicherung einen Beitragsanteil beziehungsweise einen Beitragszuschuss in Höhe von derzeit 7,3 Prozent ihrer Rente erhalten.

Die alleinige Verantwortung für den gesamten Beitrag dürfte wegen der deutlich höheren Rentenzahlungen für Ärzte zu verkraften sein. Eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrundlage durch Einkünfte, die bei anderen nicht zu berücksichtigen sind, kann den Beitrag jedoch schmerzhaft anheben.

Aktuelle Entwicklungen

Die für einige Geburtsjahrgänge geplante Wiedereinführung der abschlagfreien Altersrente mit 63 hat keine Auswirkungen auf die Ärzteversorgung. Ob die verbesserte Anrechnung der Kindererziehungszeiten für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, auch den Mitgliedern der Versorgungswerke zugute- kommt, ist noch offen. Denn geplant ist ein Einsatz von Beiträgen der Rentenversicherung, nicht wie bisher von Steuermitteln.

Während gesetzlich Rentenversicherte stets bei einem Versicherungsträger versichert sind, führt ein Wechsel des Beschäftigungsortes über Zuständigkeitsgrenzen von Versorgungswerken seit 2005 vielfach zu einer neuen Mitgliedschaft bei einer anderen Einrichtung und zu einer Zersplitterung von Anwartschaften, für deren Bezug dann sehr unterschiedliche Regelungen gelten können.

Ernst Heise-Luis, Rentenberater, Horneburg

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