MEDIZIN: Diskussion
Interessengeleitete Berichterstattung
Reporting Guided by Competing Interests
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Die gesamte Forschungsarbeit sowie zwei der drei Autoren wurden vom Impfstoffhersteller finanziert, die Erstautorin Frau Theidel ist zudem bei einem Auftragsinstitut beschäftigt, das laut eigener Webseite die „strategische Beratung“ von 48 Pharmaunternehmen betreibt. Durch Interessenkonflikte steigt die Wahrscheinlichkeit der Selektion positiver Studienergebnisse durch die Autoren (1).
In diesem Zusammenhang erscheint zum Beispiel die irrationale Fokussierung auf den Prevenar-Impfstoff auffällig. Er wird im Artikel hochgelobt, denn es seien zumindest „[...] doch die Erfolge der Konjugatimpfung bei Kindern offenkundig“, obwohl dies überhaupt nicht Thema des Artikels ist (2). Ein weiteres Beispiel für eine unserer Meinung nach zu positive Gewichtung: „Die eingeschränkte Empfehlung der STIKO zum Einsatz des Pneumokokken-Konjugat-Impfstoffs bei der Erwachsenenimpfung wird von medizinischen Experten äußerst kritisch gesehen [...]“. Die Autoren geben Experten, die mehrheitlich Geld von Pfizer bekommen haben (http://erj.ersjournals.com/site/misc/statements39.xhtml; http://data.aerzteblatt.de/pdf/103/24/a1690.pdf), den Vorrang vor einer konsentierten STIKO-Empfehlung (3), die im Gegensatz dazu Prevenar kritisch sieht.
Auch die Ergebnis-Botschaft in der Zusammenfassung: „Die optimistischste Schätzung ergab einen Anteil der Pneumokokken-Impfungen in der Gesamtpopulation von 3,75 % [...]“ ist irreführend gewählt, weil eine Impfung der Gesamtpopulation gar nicht angestrebt wird – in diesem Zusammenhang suggeriert sie jedoch passend eine Unterversorgung.
Unerklärtes Ziel dieses Artikels ist nach unserer Auffassung deshalb, den Marktzugang des Pfizer-Konjugat-Impfstoffs Prevenar zu beflügeln.
Wir sind der Meinung, dass als Konsequenz Personen mit erheblichen Interessenkonflikten als Autoren zukünftig ausgeschlossen werden sollten, wie das zum Beispiel „The Lancet“ zumindest in Teilbereichen bereits umsetzt, um die wissenschaftliche Güte der Publikation zu erhöhen.
DOI: 10.3238/arztebl.2014.0250a
Dr. Niklas Schurig, Bietigheim, Vorstandsmitglied MEZIS e.V.
schurig@mezis.de
Weitere Koautoren in alphabetischer Reihenfolge:
Anton J. Beck, Rottenburg
Dr. Hannes Blankenfeld, München
Manja Dannenberg, Neubukow, Vorstandsmitglied MEZIS e.V.
Dr. Michael Freitag, Weimar
Dr. Martin Hirte, München
Dr. Vanadis Kamm-Kohl, Nürnberg
sowie 9 weitere Unterzeichner
1. | Lieb K, Klemperer D, Koch K, Baethge C, Ollenschläger G, Wolf-Dieter Ludwig: Interessenkonflikte in der Medizin: Mit Transparenz Vertrauen stärken. Dtsch Arztebl 2011; 108(6): A 256–60 VOLLTEXT |
2. | Theidel U, Kuhlmann A, Braem A: Pneumocccal vaccination rates in adults in Germany—an analysis of statutory health insurance data on more than 850 000 individuals. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(44): 743–50 VOLLTEXT |
3. | Epidemiologisches Bulletin 7/2012: Stellungnahme zur Impfung Erwachsener gegen Pneumokokken; RKI; www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2012/07/Art_01.html?nn=2375548 (Last updated on 20 Februray 2012; last accessed on 20 February 2014). |
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