ArchivDÄ-TitelSupplement: PRAXiSSUPPLEMENT: PRAXiS 2/2014Social Media in der ärztlichen Praxis: Chancen, Risiken, Trends

SUPPLEMENT: PRAXiS

Social Media in der ärztlichen Praxis: Chancen, Risiken, Trends

Dtsch Arztebl 2014; 111(17): [6]

Hartz, Tobias; Fangerau, Heiner; Albrecht, Urs-Vito

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Foto: Fotolia/jesussanz
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Weil soziale Medien zunehmend auch im Gesundheitswesen zur Information und Kommunikation genutzt werden, ist es wichtig für die Ärzte, sich damit aktiv, aber auch risikobewusst zu befassen.

Neue Techniken und digitale Medien, die es Menschen ermöglichen, sich untereinander auszutauschen, zu vernetzen und mediale Inhalte einzeln oder in Gemeinschaft zu generieren, werden als Social Media (soziale Medien) bezeichnet. Sie zeichnen sich durch relativ geringe Eintrittsbarrieren aus und vereinfachen die Veröffentlichung und Verbreitung von Inhalten jeglicher Art im Vergleich zu traditionellen Massenmedien erheblich. Experten unterscheiden zehn Kategorien von Social Media (1) (Tabelle).

Kleines Social Media Glossar
Tabelle
Kleines Social Media Glossar

Inwischen nutzen zunehmend auch Ärzte, Pflegekräfte und andere Versorger soziale Medien. Viele Kliniken und Arztpraxen verwenden sie beispielsweise zur Bekanntheitssteigerung, Imagebildung und Patientenbindung. Neben einem offiziellen Internetauftritt pflegen sie auch eine Facebook-Seite oder einen Twitter-Account, um gezielt aktuelle Themen aufzugreifen und sich zu präsentieren. Richtig eingesetzt, lässt sich damit eine große Reichweite erzielen und zielgruppenspezifisch informieren, um etwa Therapieadhärenz und Prävention zu verbessern. Niedergelassene Ärzte können über diese Medien ihre Patienten zum Beispiel an Impfungen erinnern, über Therapien informieren und Neuigkeiten aus ihrer Praxis (wie die Einstellung neuer Mitarbeiter) mitteilen.

Social Media sind in ihren verschiedenen Ausprägungen als ein weiterer Kanal zu verstehen, der für die Informationsvermittlung und für die Kommunikation zwischen Versorgern und Patienten genutzt werden kann. Das Besondere dabei ist, dass auch die Patienten selbst Inhalte schaffen können. Die Idee des „Empowerment of the Patient“ im Sinne der Steigerung der Patientenautonomie durch Übertragung von Verantwortung wird durch Social Media erst richtig gelebt. Zwar gibt es auch Risiken in dieser offenen Kommunikation und dem damit einhergehenden Umgang mit Informationsverantwortung – so sind die Qualität und Richtigkeit der Gesundheitsinformationen nicht gesichert –, doch belegen Angebote wie Wikipedia, dass die „Weisheit der Masse“ in der Regel funktioniert. Wenn Ärzte und andere Experten aus dem Gesundheitssektor „mitmischen“ und andere Einträge kommentieren und bewerten, so die Erwartung, werden die Falscheinträge schnell entlarvt und gute Informationen noch wertvoller gemacht.

Im Bereich seltener Erkrankungen sind die Vorteile sozialer Netzwerke schnell ersichtlich: Die Betroffenen haben darüber die Möglichkeit, andere Betroffene und Experten zu finden, mit ihnen Gruppen zu gründen und sich wie in einer Selbsthilfegruppe auszutauschen. Diese Möglichkeiten werden schon vielfach genutzt. Experten berichten, dass sie über Gruppen in sozialen Netzwerken schneller über neue Entwicklungen informiert werden als über Fachzeitschriften oder andere bisherige Informationswege. Durch diese Gruppen, die häufig von Patientenvereinigungen, Elternvereinen oder anderen engagierten Menschen gegründet und gepflegt werden, lassen sich auch leichter Patienten für Studien rekrutieren.

Gerade an diesem Beispiel lassen sich aber auch mögliche Risiken darstellen, die in der virtuellen Welt lauern. Neben falschen Informationen oder sogar Formen des Identitätsdiebstahls ist kaum sicherzustellen, dass sich Patienten in jedem Fall wohlinformiert für Studien begeistern lassen. Therapeutische Missverständnisse (wie der Gedanke, die Teilnahme an einer „Phase I“-Studie könne das Leiden eines Patienten lindern) lassen sich anhand kurzer oder fehlender persönlicher Kommunikation ebensowenig erkennen und ausräumen, wie in anonymen Befragungen etwa Altersgrenzen sicher gewahrt werden können. Wenn also die Deklaration von Helsinki (2) in Ziffer 30 das Einverständnis von rechtlichen Vertretern fordert, wenn Nichteinwilligungsfähige, zum Beispiel Minderjährige, an Studien teilnehmen sollen, so kann in sozialen Medien nicht sicher festgestellt werden, ob ein Teilnehmer volljährig ist. Hier scheinen Spezifikationen geltender Regeln oder neue Normen notwendig zu sein.

Hinzu kommt, dass die Menschen in sozialen Netzwerken viele persönliche Informationen veröffentlichen, und sei es nur für die Personen, mit denen sie „befreundet“ sind. Es besteht die Gefahr, dass Nutzer ungewollt so viele Informationen über sich preisgeben, dass ihre Identität ermittelt werden kann oder dass sie Informationen weitergeben, die eventuell im Versicherungsfall, bei der Arbeitssuche oder stigmatisierend im privaten Kontext gegen sie verwendet werden können.

Preisgabe von Privatem

Viele teilen auch bereitwillig mit, dass sie selbst oder einer ihrer Angehörigen von einer bestimmten Erkrankung betroffen sind. Wenn man von einem schweren Schicksalsschlag betroffen ist, spielt die Privatsphäre häufig eine untergeordnete Rolle. Da die Technik es ermöglicht, systematisch und automatisiert „offene Daten“ abzugreifen und Profile zu bilden, erscheint diese offene Information aus mehreren Gründen problematisch: Ihre Konsequenzen werden häufig nicht erkannt und sind auch nicht überschaubar, und der Datenschutz ist kaum gewährleistet. Zudem wird Forschung mit diesen Daten ermöglicht, ohne dass ein „Datenspender” je sein Einverständnis zur Datennutzung erteilt hat. Es kann also passieren, dass ein Betroffener an einer Forschung teilnimmt und zu Forschungszielen beiträgt, ohne dass er das eigentlich will, ja vielleicht sogar gegen die eigenen Interessen (3).

Für Ärzte hingegen können sich Rollenkonflikte ergeben. Sie leisten in sozialen Medien im besten Sinne eine „telemedizinische“ Arbeit, deren Effekte sie nicht kontrollieren können. Ihre allgemein gültigen Informationen werden von Patienten in individuellen Situationen genutzt, ihre individuellen Ratschläge verallgemeinert. Dadurch verlieren Ärzte die Kontrolle über ihre Informationen. Auch kann ihr Expertenwissen schaden statt nutzen. Im Austausch von Ärzten untereinander über Patienten ist besonders zu beachten, dass die Vernetzung unterschiedlicher Informationen aus sozialen Medien eventuell die Identifizierung von Individuen ermöglicht. Damit rücken die Schweigepflicht beziehungsweise eine nur fragliche Entbindung von der Schweigepflicht in den Fokus. Auch kollegiale Kritik am Handeln anderer Ärzte, wenn sie in diesen Medien öffentlich ausgetragen wird, stellt eine besondere professionelle Herausforderung dar. Zuletzt stellt sich die Frage, welche Form und welcher Grad von Werbung für die eigene Expertise in sozialen Medien noch statthaft ist.

All diese Probleme scheinen lösbar, sie müssen jedoch transparent und unter Beachtung geltender professionsethischer Regelungen diskutiert werden. Dies betrifft auch die Anwendung des Berufrechts auf den Bereich der sozialen Medien, denn gerade die telemedizinischen Aspekte, das Problem der Schweigepflicht und die Kollegialität stellen berufsrechtliche Herausforderungen dar.

Die Kommunikation über soziale Netzwerke berührt immer auch Fragen des Datenschutzes. Das betrifft vor allem die ärztliche Schweigepflicht als eine der grundlegenden Pflichten des Arztes. § 9 MBO-Ä bestimmt, dass Ärzte über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist – auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus – zu schweigen haben. Nicht zuletzt ist auch die Tatsache von der Schweigepflicht umfasst, dass der individuelle Patient überhaupt Patient des Arztes ist. Die Möglichkeit zur Offenbarung kann sich nur aus der gesetzlichen Bestimmung oder aus der ausdrücklichen oder mutmaßlichen Einwilligung des Patienten ergeben.

Rechtliche Implikationen

Beim Einsatz von sozialen Netzwerken ist daher besondere Vorsicht geboten. Bei aktiver Kontaktaufnahme mit den Patienten sollte sichergestellt sein, dass Dritte keinen Einblick in die Kommunikation haben. Wenn der Patient selbst einverstanden ist und die Reichweite überblicken kann, sollte eine Kommunikation möglich sein. Die weltweite Datenübermittlung und häufig unklare Verortung der Speicherung solcher Daten in Ländern mit unterschiedlichen Datenschutzniveaus macht das Vorgehen jedoch problematisch. Auch die Einwilligung des Patienten in die Offenbarung erscheint schwierig. Der Arzt müsste deutlich darauf hinweisen und die Einwilligung auch sorgfältig dokumentieren. Die Einwilligung dürfte auch nicht mutmaßlich gegeben sein, wie bei der Nutzung von spezieller Arztsoftware, die stets besondere datenschutzrechtlichen Anforderungen erfüllt und entsprechend zertifiziert ist.

Im Rahmen der Kommunikation könnte der Wunsch der Patienten an die Ärzte herangetragen werden, kleinere Anfragen zu beantworten. Unabhängig davon, dass in der Regel die persönliche Untersuchung und Beratung als fachgerechte Behandlung zivilrechtlich aus dem Behandlungsvertrag geschuldet sein wird, ist auch die rechtliche Problematik der Fernbehandlung von Bedeutung. Die ausschließliche individuelle ärztliche Behandlung und Beratung über Print- und Kommunikationsmedien ist verboten. Selbst bei telemedizinischen Verfahren ist zu gewährleisten, dass ein Arzt den Patienten unmittelbar behandelt. Übertragen auf Social Media bedeutet dies, dass die Kommunikation zwischen Arzt und Patient dann problematisch werden kann, wenn sie den rein administrativen Rahmen verlässt und konkret dem Zweck der Behandlung dient.

Grundsätzlich bieten sich soziale Medien auch für Werbezwecke an. Für Ärzte gilt jedoch auch hier das spezielle Werberecht, das im Gesundheitsbereich zum Zweck des Patientenschutzes besonders streng reglementiert ist. Im Ergebnis sind Werbemaßnahmen über den Weg der sozialen Netzwerke nicht untersagt, wenn sie sich im – sonst auch – vorgegebenen Rahmen bewegen. Dem Arzt sind grundsätzlich sachliche und berufsbezogene Informationen erlaubt; nicht gestattet sind irreführende, anpreisende oder vergleichende Werbung.

Empfehlungen

Die Bundesärztekammer (BÄK) hat jüngst eine Handreichung für Ärzte zum Umgang mit Social Medial herausgegeben (4). Diese basiert auf den Empfehlungen des 115. Deutschen Ärztetags (5) und des Weltärztebundes (6) und richtet sich ebenso an Neulinge wie an erfahrene Nutzer. Sie erläutert, worauf Ärzte beim Umgang mit diesem Werkzeug achten sollen, und stellt zehn Regeln zur sicheren und berufsrechtlich konformen Nutzung auf (Kasten „10 Regeln“).

Ärztliche Schweigepflicht beachten: Patientenbezogene Information sollte nicht und wenn, dann nur mit dem Einverständnis des Patienten, veröffentlicht werden. Auch dann muss die Vertraulichkeit gegenüber dem Patienten gewahrt bleiben. Auch aus der Summe der online zur Verfügung stehenden Information darf kein Rückschluss auf die Patientenidentität möglich sein.

Keine Kollegen diffamieren – Netiquette beachten: Entsprechend dem Berufsrecht sind die Regeln für die kollegiale Zusammenarbeit auch in sozialen Netzen gültig. Unsachliche Kritik an der Behandlungsweise oder dem beruflichen Wissen eines Arztes sowie herabsetzende Äußerungen sind berufswidrig. Auch Patienten dürfen nicht diffamiert werden.

Grenzen des Arzt-Patient-Verhältnisses nicht überschreiten: Das Verhältnis zwischen Patient und Arzt muss professionell und von rein persönlichen Beziehungen getrennt bleiben. Freundschaftsanfragen von Patienten sollten höflich mit der Begründung abgelehnt werden, dass regelmäßig keine Online-Freundschaften mit Patienten eingegangen werden.

Berufliches und privates Profil voneinander trennen: Berufliche Seiten und Profile sollten nach Möglichkeit eingerichtet werden, um eine Vermischung von beruflichen und privaten Interessen im Vorfeld zu vermeiden.

Fernbehandlungsverbot beachten: Ärzten ist es nach Berufsrecht untersagt, ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien therapeutische individuelle Empfehlungen zu geben. Erlaubt sind die Beantwortung allgemeiner Gesundheitsfragen. Grundsätzlich sollte darauf verwiesen werden, dass ein Online-Angebot eine Vorstellung beim Arzt nicht ersetzen kann.

Keine berufswidrige Werbung über soziale Medien: Die anpreisende, irreführende und vergleichende Werbung ist als berufswidrig untersagt. Die Stellungnahme „Werbung und Informationstechnologie: Auswirkungen auf das Berufsbild des Arztes“ der Zentralen Ethikkommission bei der BÄK gibt Orientierung.

Datenschutz und Datensicherheit beachten: Nicht nur im Sinne des Patientenschutzes, sondern auch im eigenen Interesse sind die gesetzlichen Vorgaben nach dem Bundesdatenschutzgesetz/Landesdatenschutzgesetz und Empfehlungen, zum Beispiel vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, zu berücksichtigen. Die Prüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Anbieter sind vor Nutzung auf die Aspekte von Datenverarbeitung, Datenschutz und Copyright zu prüfen.

Selbstoffenbarung von Patienten verhindern: Im Kontakt mit Patienten sollten diese nicht verleitet werden, persönliche Information und speziell Gesundheitsinformation preis zu geben, um einen Missbrauch zu verhindern.

Zurückhaltung bei produktbezogenen Aussagen: Getätigte Aussagen müssen entsprechend einer Tatsachenbehauptung wahr sein. Meinungsäußerungen sind möglich, doch dürfen sie nicht diffamierend sein, da Schmähkritik nicht mehr von der grundgesetzlich geschützen Meinungsfreiheit umfasst ist. Da die Grenzen hier mitunter verwischen, sollte der Verfasser bei produktbezogenen Äußerungen zurückhaltend sein, um nicht Ziel von Unterlassungklagen zu werden.

Haftpflichtversicherung checken: Aufgrund der geschilderten Haftungsrisiken sollte vom Social Media nutzenden Arzt geprüft werden, ob seine abgeschlossene Haftpflichtversicherung diese abdeckt.

Sicherheitsvorkehrungen

Die meisten Social-Media-Angebote bieten die Möglichkeit, Einstellungen zur Privatsphäre vorzunehmen. Gleich ob bei privater oder beruflicher Nutzung – die Nutzer sollten sich mit den Einstellungsmöglichkeiten vertraut machen und einen Überblick haben, wer was wie lesen kann. Facebook bietet etwa die Möglichkeit, sich seinen Account aus anderer Nutzerperspektive anzuschauen. Viele meinen, dass sie sich in sozialen Netzwerken mit einem Pseudonym schützen können und so nicht von Dritten gefunden werden. Die Vernetzung untereinander, die Freundesliste lassen aber dennoch in vielen Fällen Rückschlüsse zu, wer sich hinter einem Account verbirgt. Es ist daher wichtig, sich möglichst professionell und authentisch zu geben (Kasten „Sicherheitsvorkehrungen“).

Schulungen

Viele Akteure im Gesundheitswesen kennen vielleicht die Möglichkeiten von Social Media aus ihrem privaten Umfeld, aber sie wissen nicht, wie und wofür sie diese Medien einsetzen können und dürfen. Aus Verunsicherung und um keine Fehler zu begehen, meiden sie die neuen Techniken. Dies ist aber ein Fehler, denn es ist wichtig, dass Ärzte und andere Heilberufler sich beteiligen und die Entwicklungen zum Wohle der Patienten lenken. Dazu müssen sie die Techniken kennen und beherrschen. Neben Guidelines und Empfehlen sind daher praktische Schulungen wichtig.

Am Universitätsklinikum Mainz hat die AG eHealth des Instituts für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik verschiedene Kursangebote im Rahmen einer internen universitären Förderung zur innovativen Lehre entwickelt. Im Oktober 2013 wurde erstmalig für Medizinstudierende bundesweit ein Tagesworkshop zu „Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten – wie neue Medien uns vor neue Herausforderungen stellen“ erfolgreich angeboten (7). Die Lehrkonzepte, die auch im Rahmen einer Promotionsarbeit am dortigen Institut entwickelt werden, wurden für andere Zielgruppen ausgeweitet. Anfang 2014 wurden über das Fort- und Weiterbildungsprogramm der Universitätsmedizin Mainz zwei Pflegeschulungen angeboten. Die Angebote sollen weiter ausgebaut und auch an anderen Standorten, wie an der Medizinischen Hochschule Hannover, angeboten werden.

Ausblick und Fazit

Soziale Medien werden die Interaktion und Kommunikation zwischen allen Beteiligten ändern und potenziell verbessern. Eine größere Reichweite mit einfachen Mitteln (dabei auch eine gezielte Weitergabe von Informationen) wird möglich. Das Wissen von Patienten wird einfacher nutzbar und sichtbar gemacht. Social Media werden nicht nur helfen, neue Informationen zu generieren, sondern auch dafür sorgen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Vernetzung unter allen Akteuren wird dabei zunehmend wichtiger. Die persönlichen Empfehlungen aus dem eigenen Netzwerk werden an Bedeutung gewinnen, etwa bei der Suche nach einem neuen Hausarzt. Wichtig ist, dass der Gesundheitssektor bei dieser fortschreitenden Vernetzung die potenziellen Gefahren berücksichtigt und gegebenenfalls für erkannte Probleme auch geeignete Lösungen entwickelt oder dafür sorgt, entsprechende Alternativen zu fördern.

Im Vergleich zu Kliniken oder Ärzten sind andere Institutionen im Gesundheitsbereich schon deutlich weiter. Ein Beispiel ist die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS): Um neue Zielgruppen zu erreichen, hat das DKMS schon lange einen Facebook-Auftritt. Sogenannte Kommunikationsteams halten über Facebook Kontakt zu potenziellen Spendern und solchen, die sich haben typisieren lassen. Die „Follower“ werden über Aktionen informiert, erhalten Buchtipps und erfahren aus erster Hand, wie es Transplantationsempfängern ergangen ist. Das Thema Knochenmarkspende wird persönlich und „bekommt ein Gesicht“ (8).

Die Gesellschaft bewegt sich in weiter in Richtung des bevorzugten Austausches digitaler Information über soziale Medien. Ärzte und andere Mitglieder der Heilberufe dürfen sich diesem Trend nicht verschließen, um den Anschluss nicht zu verpassen und ein „Kommunikationsdefizit“ zu erfahren. Die Auseinandersetzung mit der Thematik ist wichtig, da sie neue Möglichkeiten des Informationsaustausches mit Potenzial für das Gesundheitswesen bildet. Bei Einhaltung einfacher Regeln steht der Nutzung nichts im Wege. Hilfe bei Fragen kann auch bei den zuständigen Landesärztekammer eingeholt werden.

Tobias Hartz

Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI)

Prof. Dr. med. Heiner Fangerau
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Universität Ulm

Dr. med. Urs-Vito Albrecht, MPH*
PLRI MedAppLab, Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover,
Albrecht.Urs-Vito@mh-hannover.de

Unter Mitarbeit von RA Dr. iur. Oliver Pramann, Kanzlei34 – Rechtsanwälte und Notare, Hannover.

Sicherheitsvorkehrungen in Social-Media-Anwendungen treffen

  • Privatsphäre: Prüfen Sie die eigenen Privatsphäre-Einstellungen regelmäßig. Beschränken Sie dabei die Sichtbarkeit von persönlichen Einträgen auf spezifische Personengruppen. Dies gilt auch für den Zugang zu selbstgegründeten Gruppen. Überprüfen Sie Ihre eigene Internetpräsenz, indem Sie den eigenen Namen „googeln”. Recherchieren Sie, welche Ihrer Inhalte für andere in sozialen Netzwerken sichtbar sind.
  • Vermischung von Beruflichem und Privatem: Sie sollten auch im Netz Privates und Berufliches strikt trennen. Legen Sie gegebenenfalls separate Profile an, und schöpfen Sie die Möglichkeiten der Privatsphäre-Einstellungen voll aus. Bedenken Sie, dass Sie bei einem rein beruflichen Account bei Verbindungen mit Patienten allein durch Ihren beruflichen Schwerpunkt Dritten, die diese Verbindung einsehen können, im Zweifel indirekt Auskunft über Ihren Patienten geben.
  • Mitteilungbedürfnis: Seien Sie beim Veröffentlichen privater Informationen generell zurückhaltend. Entwickeln Sie ein Bewusstsein dafür, dass unangemessene Beiträge den gesamten Berufsstand der Ärzte beeinträchtigen können.
  • Eigenverantwortung: Bedenken Sie stets die Folgen von veröffentlichten Inhalten, und tragen Sie gegebenenfalls die Konsequenzen dafür.
  • Freundschaftsanfragen: Finden Sie mit den Kollegen Ihrer Klinik eine einheitliche Lösung, wie mit Freundschaftsanfragen von Patienten umgegangen werden soll. Prinzipiell ist es ratsamer, Anfragen von Patienten auf das private Profil abzulehnen. Klären Sie den Patienten in einer freundlichen Nachricht darüber auf, dass man grundsätzlich keine Online-Freundschaften mit Patienten eingeht. Verweisen Sie gegebenenfalls auf Ihr berufliches Profil. Sollte die Annahme einer Freundschaftsanfrage unvermeidbar sein (etwa bei Kollegen oder Vorgesetzten), passen Sie die Privatsphäre-Einstellungen entsprechend an.
  • Kommunikation mit Patienten: Beachten Sie, dass laut (Muster-)Berufsordnung eine Beratung durch den Arzt nicht ausschließlich über Kommunikationsmedien erfolgen darf. Allerdings kann die Nutzung von Social Media als Türöffner genutzt werden, um ein Gespräch zu eröffnen. Das eigentliche Gespräch muss aber persönlich stattfinden.
  • Diskretion: Veröffentlichen Sie keine persönlichen Informationen zu einem Patienten. Beachten Sie, dass bei seltenen Erkrankungen häufig schon wenige Details ausreichen, um einen Patienten identifizierbar zu machen. Die Summe aller Informationen online (auch jene aus älteren Beiträgen) darf keine Rückschlüsse auf den Patienten zulassen.
  • Aufrichtigkeit: Äußern Sie Ihre Bedenken gegenüber Kollegen, wenn Sie unangemessenes Verhalten beobachten.

10 Regeln für Ärzte in sozialen Medien

nach der gleichnamigen Handreichung der Bundesärztekammer vom 20. Februar 2014 (3)

  • Ärztliche Schweigepflicht beachten
  • Keine Kollegen diffamieren – Netiquette beachten
  • Berufliches und privates Profil voneinander trennen
  • Grenzen des Arzt-Patient-Verhältnisses nicht überschreiten
  • Fernbehandlungsverbot beachten
  • Keine berufswidrige Werbung über soziale Medien
  • Datenschutz und Datensicherheit beachten
  • Selbstoffenbarung von Patienten verhindern
  • Zurückhaltung bei produktbezogenen Aussagen
  • Haftpflichtversicherung checken

@Literatur im Internet:
www.aerzteblatt.de/lit1714

1.
Grajales III FJ, Sheps S, Ho K, Novak-Lauscher H, Eysenbach G Social Media: A Review and Tutorial of Applications in Medicine and Health Care J Med Internet Res 2014; 16(2): e13. MEDLINE PubMed Central
2.
WMA Declaration of Helsinki – Ethical Principles for Medical Research Involving Human Subjects, Brazil 2013. www.wma.net/en/30publications/10policies/b3.
3.
Fangerau H. Ethik medizinischer Forschung. Schulz S, Steigleder K, Fangerau H, Paul N (Hg.). Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin. Suhrkamp, Frankfurt 2006, 283–300.
4.
Bundesärztekammer. Handreichung der Bundesärztekammer „Ärzte in sozialen Medien“ vom 20.02.2014. www.bundesaerztekammer.de/specialdownloads/Aerzte_in_sozialen_Medien.pdf.
5.
Empfehlungen der Bundesärztekammer für Ärzte und Medizinstudenten zur Nutzung sozialer Medien“, ausgesprochen (Stand 25. 5. 2012) beim 115. Ärztetag in Nürnberg. www.bundesaerztekammer.de/downloads/Empfehlungen_Aerzte_in_sozialen_Medien.pdf.
6.
WMA Statement on the Professional and Ethical use of Social Media. Adopted by the 62nd WMA General Assembly, Montevideo, Urugay, October 2011. www.wma.net/en/30publications/10policies/s11.
7.
www.unimedizin-mainz.de/de/imbei/informatik/projekte/aktuell/kommunikation-im-netz.html.
8.
http://sozialmarketing.de/nonprofits-in-sozialen-medien-die-top-20-im-fruehling-2014.
Kleines Social Media Glossar
Tabelle
Kleines Social Media Glossar
1.Grajales III FJ, Sheps S, Ho K, Novak-Lauscher H, Eysenbach G Social Media: A Review and Tutorial of Applications in Medicine and Health Care J Med Internet Res 2014; 16(2): e13. MEDLINE PubMed Central
2.WMA Declaration of Helsinki – Ethical Principles for Medical Research Involving Human Subjects, Brazil 2013. www.wma.net/en/30publications/10policies/b3.
3.Fangerau H. Ethik medizinischer Forschung. Schulz S, Steigleder K, Fangerau H, Paul N (Hg.). Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin. Suhrkamp, Frankfurt 2006, 283–300.
4.Bundesärztekammer. Handreichung der Bundesärztekammer „Ärzte in sozialen Medien“ vom 20.02.2014. www.bundesaerztekammer.de/specialdownloads/Aerzte_in_sozialen_Medien.pdf.
5.Empfehlungen der Bundesärztekammer für Ärzte und Medizinstudenten zur Nutzung sozialer Medien“, ausgesprochen (Stand 25. 5. 2012) beim 115. Ärztetag in Nürnberg. www.bundesaerztekammer.de/downloads/Empfehlungen_Aerzte_in_sozialen_Medien.pdf.
6.WMA Statement on the Professional and Ethical use of Social Media. Adopted by the 62nd WMA General Assembly, Montevideo, Urugay, October 2011. www.wma.net/en/30publications/10policies/s11.
7.www.unimedizin-mainz.de/de/imbei/informatik/projekte/aktuell/kommunikation-im-netz.html.
8.http://sozialmarketing.de/nonprofits-in-sozialen-medien-die-top-20-im-fruehling-2014.

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