ArchivDeutsches Ärzteblatt PP6/2014Dependente Persönlichkeitsstörung: Weder resignieren noch bedrängen

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Dependente Persönlichkeitsstörung: Weder resignieren noch bedrängen

Koch, Joachim

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Auf den ersten Blick scheinen Personen mit einer dependenten Persönlichkeitsstörung kooperativ und um eine Verbesserung bemüht, sie arbeiten mit und befolgen Ratschläge. Später wird jedoch deutlich, dass ihre Veränderungsgrenzen woanders liegen, sie sehen eigene Anteile an Problemen nicht und übergeben die Verantwortung für den Therapieprozess stärker als andere Patienten an die Therapeuten.

Das Buch will die Wissensgrundlage für eine erfolgreiche therapeutische Arbeit darstellen. Dazu werden die Inhalte in fünf Kapiteln dargelegt. Zuerst geht es um die Beschreibung und die Diagnostik der dependenten Persönlichkeitsstörung. Dann wird die Störungstheorie behandelt. Motivebene, Schemata sowie Spielebene werden geklärt. Bei der dependenten Persönlichkeitsstörung ist das zentrale Beziehungsmotiv die Verlässlichkeit. Zweifel an der Verlässlichkeit des Partners treiben die Klienten dazu, alle Erwartungen und Bedürfnisse des anderen erfüllen zu wollen. Dies ist doppelt problematisch, wenn einerseits die Erwartungen und Bedürfnisse nur angenommen werden und nicht auf ihren Realitätsgehalt geprüft werden (kommunikatives Problem). Für die Klienten kann es sehr überraschend sein, wenn sie feststellen, dass der Partner ganz andere Bedürfnisse hat, als sie angenommen haben. Andererseits führt diese extreme Ausrichtung zu einer profunden Vernachlässigung (fast Löschung) eigener Bedürfnisse.

Nach der Darstellung differenzialdiagnostischer Überlegungen im nächsten Kapitel wird die Therapie mit dependenten Klienten behandelt. Hier wird zuerst die therapeutische Grundhaltung geklärt. Der Therapeut soll beständig „an der Kante des Möglichen“ arbeiten, weder resignieren noch den Klienten bedrängen. Ratschläge zu geben und inhaltlich anzuleiten, wäre ganz falsch. Dann werden die vier Therapiephasen erläutert. Nach dem Beziehungsaufbau wird durch Transparentmachen der Spielebene ein Arbeitsauftrag erarbeitet. In dieser Phase wird der Klient mit seinen Intentionen, den Spielen und Manipulationen sowie den Kosten seiner Verhaltensweisen konfrontiert. Des Weiteren wird der therapeutische Umgang mit Vermeidung behandelt. Nach der in Phase drei erfolgten Schemaklärung wird dann in der Abschlussphase die Bearbeitung dysfunktionaler Schemata (bei Personen mit dependenter Persönlichkeitsstörung beispielsweise das wichtige Schema: „Ich bin nicht allein lebensfähig“) beschrieben und die Gestaltung des Transfers in den Alltag skizziert.

Die hohe Praxisorientierung des Buches wird besonders durch den letzten Teil erreicht. Hier wird auf 40 Seiten anhand von Transkripten die therapeutische Vorgehensweise bei dependenten Klienten gezeigt. Dies bietet den Lesern einen guten Einblick in die konkrete therapeutische Praxis des Ansatzes. Joachim Koch

Rainer Sachse, Janine Breil, Meike Sachse, Jana Fasbender: Klärungsorientierte Psychotherapie der dependenten Persönlichkeitsstörungen. Reihe: Praxis der Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen. Hogrefe, Göttingen 2013, 112 Seiten, kartoniert, 22,95 Euro

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