MEDIZIN: Aktuell
Störungen der Schilddrüsenfunktion: durch Amiodaron Pathogenese, Diagnostik und Therapie
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Amiodarone-related Thyroid Disorders
The increasing popularity of amiodarone among cardiologists has been accompanied by an increased frequency
of adverse reactions and drug-related complications. Concerning the clinical management of patients receiving
amiodarone, it is mandatory to distinguish the expected drug-related changes in thyroid hormone levels from
clear-cut disturbances of thyroid function requiring therapy. This article is intended to familiarize the reader with
the latest developments in the pathogenesis, diagnosis and therapy of amiodarone-related thyroid disorders.
Moreover, as amiodarone-induced thyrotoxicosis represents a frequent complication in patients with endemic
multinodular goitre and may necessitate aggressive therapy, strategies designed to anticipate and prevent
amiodarone-related thyroid disorders are warranted.
Key words: Amidarone-, iodine-induced thyrotoxicosis, iodine-induced hypothyroidism, pathogenesis,
prevention
Amiodaron wurde vor über 30 Jahren zur Behandlung der Angina pectoris in die klinische Medizin eingeführt,
nachfolgend jedoch hauptsächlich als Antiarrhythmikum eingesetzt. Seit 1971 ist bekannt, daß Amiodaron zu
einer Reihe unerwünschter extrakardialer Effekte und insbesondere zu thyreoidalen Nebenwirkungen führen
kann. Seitdem beschäftigt die Substanz Kardiologen und Thyreologen gleichermaßen, da Amiodaron häufig zu
Veränderungen von Schilddrüsenfunktionsparametern führt und Hypothyreosen und Hyperthyreosen zu den
häufigsten therapielimitierenden extrakardialen Nebenwirkungen zählen.
In jüngster Zeit wurden zahlreiche neue Erkenntnisse zur Pathogenese, Diagnostik, Therapie und Prävention von
durch Amiodaron induzierten Schilddrüsenfunktionsstörungen gewonnen, die im täglichen Umgang mit der
Substanz von Bedeutung sind.
Kardiale Wirkungen von Amiodaron
Nach den CAST-I- und -II-Studien (Klasse-I-Antiarrhythmika) und der SWORD-Studie (Sotalol) zählt
Amiodaron zu den wenigen verbliebenen Therapiemodalitäten, die bei malignen ventrikulären Arrhythmien und
höhergradiger linksventrikulärer Funktionseinschränkung mit vertretbarem Nebenwirkungsrisiko
(proarrhythmische und negativ inotrope Effekte) eingesetzt werden können. Weitere, erst zum Teil gesicherte
Indikationen für den Einsatz von Amiodaron bestehen bei Patienten mit stark eingeschränkter linksventrikulärer
Funktion, bei Überlebenden eines plötzlichen rhythmogenen Herztodes sowie bei Patienten mit
therapierefraktären symptomatischen supraventrikulären Arrhythmien, Vorhofflimmern und Vorhofflattern (21,
27, 31).
Amiodaron ist ein Benzofuran-Derivat und Klasse-III-Antiarrhythmikum mit hohem Jodgehalt und struktureller
Ähnlichkeit zu den Schilddrüsenhormonen T3 und T4 (46) (Grafik 1). Amiodaron und der Hauptmetabolit
Desethylamiodaron (DEA) weisen sowohl T3-agonistische als auch T3-antagonistische Effekte auf, wobei
letztere in den peripheren Geweben überwiegen. Im Reizleitungssystem des Herzens verlängert Amiodaron als
Repolarisationsverzögerer die Aktionspotentialdauer und senkt so die Herzfrequenz sowie den myokardialen
Sauerstoffverbrauch (31, 49). Da diese kardialen Effekte denen bei Patienten mit Hypothyreose ähneln, wurde
postuliert, daß Amiodaron am Herzgewebe zu einem einer Hypothyreose ähnlichen Zustand führe (25). Die
Vermutung, Amiodaron wirke am Herzen als Antagonist der Schilddrüsenhormonwirkung, wird durch die
Beobachtung gestützt, daß DEA die Bindung von Trijodthyronin (T3) an seine Rezeptoren im Zellkern in vitro
in einem Dosisbereich hemmt, der auch in vivo beim Einsatz von Amiodaron am Menschen erreicht wird (2, 17,
47, 49). Als Folge des T3-Antagonismus auf zellulärer Ebene wirkt Amiodaron ähnlich wie ein
Betarezeptorenblocker, indem es die Betarezeptorendichte und die maximale Bindungskapazität von
Betarezeptoren im Herzmuskelgewebe reduziert (36, 47). Für diese Effekte ist die Gegenwart von
Schilddrüsenhormon erforderlich (50). Amiodaron wie auch sein Metabolit DEA besitzen in vivo und in vitro
sehr ähnliche elektrophysiologische Eigenschaften, so daß vermutlich beide Substanzen für die kardialen
Wirkungen von Amiodaron verantwortlich sind. Da dejodiertes Amiodaron trotz potenter Effekte auf den
Schilddrüsenhormonmetabolismus keine kardialen Wirkungen mehr aufweist, dürfte der Jodanteil an den
kardiotropen Effekten wesentlich beteiligt sein.
Schilddrüsenfunktionsveränderungen
Bei der Behandlung mit Amiodaron sind obligatorische Effekte, die erwartungsgemäß in jedem Behandlungsfall
auftreten und ohne therapeutische Konsequenzen bleiben, von fakultativen Nebenwirkungen (Amiodaroninduzierte Hypo- oder Hyperthyreose) zu unterscheiden, die nur bei einem Teil der behandelten Patienten zum
Tragen kommen, dann jedoch häufig therapeutische Konsequenzen erfordern.
Obligatorische Effekte von Amiodaron
Die obligatorischen Effekte von Amiodaron sind in erster Linie Folge der medikamentös induzierten
Jodbelastung des Organismus und betreffen sowohl die Schilddrüse als auch extrathyreoidale Gewebe (8, 12,
19). Amiodaron besteht zu 39 Prozent seines Gewichts aus organischem Jod (75 000 Mikrogramm pro 200-mgTablette!). Unter Dauertherapie werden durch Metabolisierung der Substanz täglich große Mengen an
ungebundenem Jodid (3 750 bis 11 250 Mikrogramm bei niedrig dosierter täglicher Erhaltungsdosis von 100 bis
300 mg, 15 000 bis 22 500 Mikrogramm bei 400 bis 600 mg/die) ins Blut freigesetzt. Diese um das bis zu
100fache über dem täglichen Bedarf liegende Jodidfreisetzung bewirkt bei chronischer Anwendung eine massive
Ausdehnung des zirkulierenden Jodpools sowie einen Anstieg der Jodidausscheidung im 24-Stunden-Urin auf
das 40fache der Ausgangswerte. Der intrathyreoidale Jodgehalt steigt bei euthyreoten Personen unter chronischer
Behandlung mit Amiodaron um das Vierfache an (49). Amiodaron und DEA weisen extrem lange
Eliminationshalbwertszeiten (56 beziehungsweise 129 Tage), ein großes Verteilungsvolumen und eine starke
Akkumulation in diversen Geweben (Fettgewebe, Leber, Lunge, Niere, Herz) auf. Dies erklärt, warum bei etwa
50 Prozent der über einen längeren Zeitraum mit Amiodaron behandelten Patienten trotz euthyreoter
Stoffwechsellage Veränderungen von Schilddrüsenfunktionsparametern auftreten (Textkasten Obligatorische
Veränderungen).
Bei hoher Jodexposition schützen normalerweise eine Reihe von Mechanismen den Organismus vor einer
überschießenden Produktion von Schilddrüsenhormonen (20). In hohen Konzentrationen hemmt Jod sowohl
seine eigene Organifizierung (Wolff-Chaikoff-Effekt) als auch die thyreoidale Jodid-Clearance. Darüber hinaus
blockiert Amiodaron die Wirkung des biologisch aktiven Schilddrüsenhormons T3 durch Hemmung der
Bindung an T3-Rezeptoren im Zellkern (intrazelluläre Hypothyreose) (22). Ferner hemmt Amiodaron das
Enzym Typ-I-Jodothyronin-5’-Deiodase, das in peripheren Geweben (Herzmuskel, Niere, Leber) das Prohormon
T4 in das biologisch aktive Schilddrüsenhormon Trijodthyronin (T3) sowie reverses T3 (rT3) in Dijodthyronin
(T2) umwandelt (42, 49). Aufgrund dieser Effekte resultiert unter Amiodaron eine Zunahme der Serumspiegel
von T4 und reversem T3 und eine Abnahme des T3-Serumspiegels, also eine Befundkonstellation wie beim "Nieder-T3-Syndrom" ("euthyroid sick syndrome") (49). Bereits nach kurzfristiger Anwendung
von Amiodaron ist also mit einem Anstieg der Gesamt-T4-, fT4- und rT3-Serumspiegel in den oberen
Normbereich oder supranormalen Bereich zu rechnen, während die Gesamt-T3- und fT3-Serumspiegel in den
unteren Normbereich absinken und der basale TSH-Spiegel leicht ansteigt (22, 23, 49). Mit zunehmender
Einnahmedauer führt Amiodaron direkt zu einer Hemmung der hypophysären TSH-Freisetzung, die sich in
einem normalen oder erniedrigten (selten supprimierten) basalen TSH-Spiegel äußert (24, 49) (Textkasten
Obligatorische Veränderungen).
Fakultative Effekte: Hypothyreose und Hyperthyreose
Die thyreoidalen Effekte und Nebenwirkungen von Amiodaron zeigen keine enge Korrelation mit den
Amiodaron-Serumkonzentrationen und lassen sich auch bei einem Serumspiegel unter 2,5 µg/ml nicht sicher
vermeiden. Etwa die Hälfte aller langfristig mit Amiodaron behandelten Patienten entwickelt unter Therapie
abnorme Schilddrüsenfunktionsparameter (8, 49). Abhängig von diversen Faktoren (funktioneller und
immunologischer Ausgangszustand der Schilddrüse, Jodversorgung, Geschlecht) kann Amiodaron entweder eine
Hypothyreose oder eine Hyperthyreose auslösen (Textkasten Fakultative Veränderungen). Bei latenter
Immunthyreoiditis vom Typ Hashimoto resultiert - insbesondere bei Frauen - häufiger eine Hypothyreose, bei
latenter Immunhyperthyreose vom Typ Morbus Basedow oder Knotenstruma mit latenter Autonomie häufiger
eine Hyperthyreose (Typ I). In Regionen mit grenzwertiger Jodzufuhr oder endemischem Jodmangel
(Deutschland) treten unter Amiodaron häufiger Hyperthyreosen (bis 12 Prozent der Behandlungsfälle), in
Regionen mit ausreichender oder üppiger Jodversorgung häufiger Hypothyreosen (bis 13 Prozent) auf. So
werden in der Literatur Hyper- und Hypothyreose-Frequenzen unter Amiodaron in den USA von 2 Prozent und
22 Prozent, in Italien dagegen von 10 Prozent und 5 Prozent angegeben (22, 49). In neueren europäischen
(EMIAT) und kanadischen (CAMIAT) Multicenter-Studien mit niedrigeren Amiodarondosen (100 bis 300
mg/die) wurden Hypothyreosen (0,6 bis 5 Prozent) und Hyperthyreosen (1,6 bis 3,3 Prozent) seltener registriert.
Bei Personen mit normaler Schilddrüse ist für das Auftreten einer Hyperthyreose (Typ II) infolge von
Amiodaron oder des darin enthaltenen Jodanteils meist eine destruierende Thyreoiditis verantwortlich, die sich
histologisch und ultrastrukturell als zelluläre thyreoidale Entzündungsreaktion mit thyreozytotoxischen
Merkmalen darstellt.
Pathogenese der Hypothyreose
An der Entstehung einer durch Amiodaron induzierten Hypothyreose sind eine Reihe von Faktoren und
Mechanismen beteiligt, die bislang erst teilweise bekannt sind (45). Hierzu zählen in erster Linie der hohe
Jodgehalt der Substanz und eine gestörte Autoregulation der Schilddrüse bei hoher Jodexposition, aber auch
thyreoidale Autoimmunprozesse sowie entzündliche und zytotoxische Vorgänge im Schilddrüsenparenchym.
Substanzen mit hohem Jodgehalt (Natrium-Ipodat, andere jodhaltige Röntgenkontrastmittel, Amiodaron)
hemmen die Synthese von Schilddrüsenhormonen. Das bei der Verstoffwechslung von Amiodaron in exzessiven
Mengen freigesetzte Jodid überfordert die Autoregulationsmechanismen der Schilddrüse und hemmt die Bildung
und Freisetzung von bioaktivem Schilddrüsenhormon. Das Vorliegen einer subklinischen Immunthyreopathie
vom Typ Hashimoto steigert die Empfindlichkeit gegenüber den inhibitorischen Effekten einer exzessiven
Jodbelastung. Eine immunogene Eigenwirkung von Amiodaron mit Induktion antithyreoidaler Antikörper wird
dagegen nur sehr selten beobachtet (40, 49). Allerdings haben insbesondere Frauen mit positiven
antithyreoidalen Antikörpern, die in einem Jodmangelgebiet leben, ein erhöhtes Risiko (13,5fach gegenüber der
Normalbevölkerung) für eine durch Amiodaron induzierte Hypothyreose (30). Neueren Untersuchungen zufolge
treten 40 bis 71 Prozent der durch Amiodaron induzierten Hypothyreosen bei Patienten mit positivem TPOAntikörper-Titer und sonographischen Kriterien einer Immunthyreopathie auf. Hingegen wird bei Patienten ohne
schilddrüsenspezifische Antikörper vor Therapiebeginn ein Auftreten von Schilddrüsenantikörpern und einer
Hypothyreose unter Behandlung mit Amiodaron nur selten beobachtet.
Ein latenter Immunprozeß der Schilddrüse kann unter der amiodaronassoziierten Jodbelastung demaskiert
werden und beschleunigt ablaufen. Dem Nachweis von TPO-Antikörpern vor Therapiebeginn kommt also
insofern prognostische Bedeutung zu, als er ein erhöhtes Risiko für eine durch Amiodaron induzierte
Hypothyreose signalisiert (34, 45).
Diagnostik und Therapie der Hypothyreose
Die Diagnose einer manifesten Hypothyreose unter Amiodaron-Therapie wird durch den Nachweis eines
erhöhten basalen TSH-Serumspiegels (TSH > 4,0 µU/ml) in Gegenwart eines erniedrigten fT4-Serumspiegels
(unter Amiodaron sonst erhöht!) gestellt. In den ersten zwölf Behandlungswochen ist unter Amiodaron ein
erhöhter basaler TSH-Spiegel bei erhöhtem fT4-Serumspiegel als Reaktion auf die extreme Jodbelastung zu
erwarten und nicht als Hypothyreose zu werten. Bei erhöhtem basalem TSH- und normalem fT4-Serumspiegel
liegt am ehesten eine latente Hypothyreose vor, wenngleich eine manifeste Hypothyreose nicht definitiv
auszuschließen ist. In Einzelfällen kann zum Nachweis einer durch Amiodaron induzierten Hypothyreose die
Schilddrüsenszintigraphie hilfreich sein, die bei Hypothyreose trotz des Jodüberschusses noch eine erhaltene
thyreoidale Anreicherung des Radionuklides zeigt. Die fT3-Serumspiegel sinken auch bei manifester
Hypothyreose meist nicht unter den Normbereich ab und tragen deshalb wenig zur Diagnostik bei.
Ausgeschlossen ist eine durch Amiodaron induzierte Hypothyreose, wenn der basale TSH-Spiegel im
Normbereich liegt.
Je nach Ausgangslage der Schilddrüse kann eine durch Amiodaron induzierte Hypothyreose transient verlaufen
und nach Absetzen von Amiodaron binnen zwei bis drei Monaten sistieren oder in eine permanente
Hypothyreose münden. Nach Absetzen von Amiodaron normalisiert sich die Schilddrüsenfunktion bei der
Mehrzahl der Patienten spontan binnen zwei bis vier Monaten. Bei Patienten mit vorbestehender latenter oder
manifester Immunthyreopathie (sonographisch diffus echoarme Schilddrüse oder Nachweis von TPOAntikörpern) resultiert häufiger eine permanente substitutionspflichtige Hypothyreose. Besteht bei Hypothyreose
eine klare Indikation für das Fortsetzen der Behandlung mit Amiodaron, genügt es, Levothyroxin in der Dosis zu
substituieren, die den basalen TSH-Serumspiegel in den oberen Normbereich oder knapp darüber zurückführt.
Die Levothyroxin-Substitution sollte mit 25 bis 50 µg/Tag begonnen und in Intervallen von vier bis sechs
Wochen allmählich auf die erforderliche volle Substitutionsdosis (100 bis 150 µg/Tag) erhöht werden. Eine
vollständige Normalisierung des basalen TSH-Spiegels durch Gabe exzessiv hoher Levothyroxindosen sollte
nicht erzwungen werden, weil dies zu einer Hyperthyreose, zu kardialen Nebenwirkungen und zur Umkehr der
erwünschten hypothyreoseähnlichen Wirkung von Amiodaron am Myokard führen würde (49).
Pathogenese der Hyperthyreose
Substanzen mit hohem Jodgehalt (Natrium-Ipodat, andere jodhaltige Röntgenkontrastmittel, Amiodaron) sind
trotz ihrer antithyreoidalen Effekte und ihrer Wirksamkeit bei Hyperthyreose (46) in der Lage, ihrerseits eine
Hyperthyreose auszulösen. An der Pathogenese der durch Amiodaron induzierten Hyperthyreose sind
mindestens zwei unterschiedliche Pathomechanismen beteiligt: eine Überproduktion (Typ I) und eine gesteigerte
Freisetzung (Typ II) von Schilddrüsenhormon. Das im Rahmen des Amiodaron-Metabolismus in großen Mengen
freigesetzte Jodid spielt vor allem beim Typ I eine zentrale Rolle, wo für die gesteigerte Produktion und
Sekretion von Schilddrüsenhormon in erster Linie ein Versagen der thyreoidalen Autoregulation (WolffChaikoff-Effekt) in einer abnormen Schilddrüse verantwortlich ist. Prädisponierende Faktoren für eine Typ-IHyperthyreose sind die bei älteren Personen häufigen mikro- und makrofollikulären Veränderungen des
Schilddrüsengewebes bei multinodöser Struma sowie eine latente oder manifeste Immunthyreopathie vom Typ
Morbus Basedow (34). Andererseits kann Amiodaron (oder seine Metaboliten beziehungsweise der hohe
Jodgehalt) in höheren Dosen und bei langfristiger Einnahme eine destruierende Thyreoiditis mit den Zeichen der
Apoptose, Nekrose und reparativen Fibrose sowie ähnlichen Veränderungen in anderen Organen (Lunge, Leber)
hervorrufen. Dies bestätigen klinische, laborchemische, histologische und elektronenmikroskopische Befunde
sowie eine Reihe von In-vitro-Beobachtungen (5, 9, 13, 14, 37, 39, 43). Durch Zerstörung von
Schilddrüsenfollikeln kommt es zur Ausschwemmung von präformierten Schilddrüsenhormonen und
Thyreoglobulin in die Blutbahn und somit zur Freisetzungshyperthyreose (Typ II). Als Ausdruck dieses klinisch
fast immer stummen, entzündlich-destruierenden Prozesses ist der Thyreoglobulin-Serumspiegel beim Typ II
häufig erhöht. Patienten mit transienter Typ-II-Hyperthyreose weisen in der Folgezeit ein erhöhtes
Hypothyreoserisiko auf (45).
Diagnostik der Hyperthyreose
Der klinische Verdacht auf eine Hyperthyreose unter Amiodaron-Behandlung entsteht meist durch
Hyperthyreose-Symptome wie Gewichtsabnahme, Nervosität, allgemeine Kraftlosigkeit, Muskelschwäche,
Wärmeintoleranz, eine zunehmende Herzinsuffizienz sowie eine Verstärkung von zuvor gut kontrollierten
Herzrhythmusstörungen (ventrikuläre Tachyarrhythmien, Vorhofflimmern) und Angina pectoris. Aufgrund der
antiadrenergen Wirkungen von Amiodaron weisen Patienten mit Hyperthyreose jedoch selten das klassische
Spektrum der Hyperthyreose-Symptome auf. Da Amiodaron die Herzfrequenz senkt, darf das Fehlen einer
Tachykardie nicht an der Möglichkeit einer Hyperthyreose zweifeln lassen. Amiodaron korrigiert
beziehungsweise verschleiert die Symptome der Schilddrüsenfunktionsstörung, die es induziert. Andererseits können hyperthyreoseverdächtige Symptome wie Gewichtsabnahme, Müdigkeit, Muskelschwäche und
Tremor auch auf gastrointestinale und neurologische Nebenwirkungen von Amiodaron zurückzuführen sein.
Bei Behandlung mit Amiodaron ist auch die biochemische Schilddrüsenfunktionsdiagnostik erschwert.
Längerfristig mit Amiodaron behandelte, euthyreote Patienten weisen häufig leicht erhöhte T4-Serumspiegel,
normale oder erniedrigte T3-Serumspiegel und einen niedrig-normalen, selten supprimierten basalen TSHSpiegel auf ("Hyperthyroxinämie ohne Hyperthyreose"). Der Nachweis eines gering erhöhten fT4Serumspiegels und eines erniedrigten basalen TSH-Spiegels allein genügen noch nicht als Kriterien für eine
manifeste Hyperthyreose. Nur ein klar erhöhter fT4-Spiegel und ein vollständig supprimierter basaler TSHSpiegel (< 0,01 µU/ml) machen eine Hyperthyreose wahrscheinlich. Die biochemische Diagnose der durch
Amiodaron induzierten Hyperthyreose wird ferner durch den Nachweis eines vollständig supprimierten basalen
TSH-Spiegels in Gegenwart eines erhöhten Gesamt-T3- (oder besser fT3)-Serumspiegels erhärtet. Bei
(inappropriat) normalem oder sogar subnormalem fT3-Serumspiegel ist eine Hyperthyreose biochemisch nicht
auszuschließen, (44-46, 49), wohl aber durch den Nachweis eines normalen basalen TSH-Spiegels (0,4 bis 4,0
µU/ml).
Die für die Therapiewahl bedeutsame Unterscheidung zwischen einer jodinduzierten Hyperthyreose (Typ I) und
einer destruierenden Thyreoiditis (Typ II) wird durch die in der Tabelle aufgeführten Kriterien erleichtert. Die
Farbdoppler-Sonographie, die Bestimmung des IL-6-Serumspiegels (stark erhöht beim Typ II), die
Quantifizierung der Radiojodaufnahme in die Schilddrüse und die Feinnadelpunktion (zytologische Zeichen
einer destruierenden Thyreoiditis) können dabei je nach Verfügbarkeit hilfreich sein. Sonographisch zeigt sich
beim Typ I ein eher inhomogenes, echonormales bis echoarmes Schilddrüsenparenchym, während beim Typ II
stets eine mehr oder minder stark ausgeprägte diffuse Echoarmut vorliegt (49). In der Farbdoppler-Sonographie
sind beim Typ II keine Gefäßstrukturen nachweisbar, während sich beim Typ I im Schilddrüsenparenchym ein
fokal oder diffus gesteigerter Blutfluß zeigt (6). Die quantitative Radiojod-Schilddrüsenszintigraphie ist
differentialdiagnostisch in Einzelfällen hilfreich: Während die Radionuklidspeicherung beim Typ I normal oder
erhöht ist, findet sich beim Typ II grundsätzlich eine niedrige oder supprimierte Traceranreicherung. Der IL-6Serumspiegel ist beim Typ II stark erhöht, beim Typ I normal oder nur leicht erhöht (4). Eine abschließende
Bewertung der genannten Verfahren bezüglich Sensitivität, Spezifität und tatsächlicher iskriminierungsfähigkeit
ist jedoch aufgrund der kleinen Fallzahlen in den diversen Studien bislang noch nicht möglich.
Therapie der Hyperthyreose
Wie alle jodinduzierten Hyperthyreosen ist auch die durch Amiodaron induzierte Hyperthyreose mitunter schwer
kontrollierbar, in Einzelfällen sogar weitgehend therapierefraktär (3, 41). Das therapeutische Vorgehen ist
individuell unterschiedlich und sollte sich nach dem dominierenden Subtyp der durch Amiodaron induzierten
Hyperthyreose richten. Bei Patienten mit gering- bis mäßiggradiger Hyperthyreose und kleinvolumiger
Schilddrüse kann ein Absetzen der Substanz genügen, was bei schwerer Hyperthyreose und größeren Strumen
selten ausreicht. Diese Entscheidung kann nicht pauschal getroffen werden und muß gut überlegt sein, weil das
Absetzen von Amiodaron und der damit verbundene Wegfall der intrazellulären myokardialen Hypothyreose
sowohl die Hyperthyreose als auch ventrikuläre Arrhythmien verschlimmern kann. Zudem ist von der
Beendigung der Behandlung mit Amiodaron aufgrund der hohen Fettlöslichkeit und langen Halbwertszeit der
Substanz kein kurzfristiger Erfolg zu erwarten. Andererseits kann die durch Amiodaron unterhaltene
Hyperthyreose ihrerseits zu kritischen Tachyarrhythmien führen und ein Therapieende erzwingen. In
Abhängigkeit vom Schweregrad der Arrhythmien und der Hyperthyreose muß deshalb immer von Fall zu Fall
über das beste Vorgehen entschieden werden.
Zur Behandlung der Typ-I-Hyperthyreose, die bei mit Amiodaron behandelten Patienten mit vorbestehender
latenter funktioneller Autonomie der Schilddrüse oder Immunthyreopathie vom Typ Morbus Basedow auftritt,
wird initial die Gabe von Kaliumperchlorat (3 bis 4 x 250 mg/Tag über sechs bis acht Wochen) in Verbindung
mit einer hochdosierten antithyreoidalen Behandlung (beispielsweise Methimazol 40 bis 60 mg/Tag oder
Propylthiouracil
4 x 200 bis 400 mg/Tag) empfohlen (29). Perchlorat hemmt die thyreoidale Jodaufnahme über den NatriumJodid-Symporter ("Jodpumpe") und senkt den intrathyreoidalen Jodgehalt, wodurch die Wirksamkeit von
Thionamiden verbessert wird. Wegen der exzessiven intrathyreoidalen Akkumulation von organifiziertem Jod ist
Perchlorat jedoch nur von begrenzter Effektivität.
Ähnliches gilt für Thionamide, die die Synthese von Schilddrüsenhormonen hemmen, wegen des hohen
intrathyreoidalen Jod-Substratgehaltes aber nur eingeschränkt wirken. Ob antithyreoidale Substanzen tatsächlich
in der Lage sind, bei jodinduzierter Typ-I-Hyperthyreose den Zeitraum bis zum Erreichen einer euthyreoten
Stoffwechsellage abzukürzen, ist ungewiß (16). Dennoch läßt sich bei kombinierter Behandlung mit Perchlorat
und einem Thionamid bei Patienten ohne vorbestehende Schilddrüsenerkrankung meist binnen acht Wochen eine
Normalisierung der Schilddrüsenfunktion erreichen, während bei Patienten mit vorbestehender
Schilddrüsenerkrankung eine längere Therapiedauer (bis zu 14 Wochen) zu erwarten ist (29, 49). Zu
berücksichtigen ist, daß Perchlorat und Thionamide in hohen Dosen zu gravierenden Nebenwirkungen
(aplastische Anämie, nephrotisches Syndrom, Cholestase und anderes) führen können.
Im Gegensatz zur Typ-I-Hyperthyreose tritt bei Typ-II nach Absetzen von Amiodaron meist binnen zwei bis vier
Monaten spontan wieder eine euthyreote Stoffwechsellage ein. Bei schwerer Typ-II-Hyperthyreose mit
höhergradigen Rhythmusstörungen wird eine hochdosierte Therapie mit Glukokortikoiden (0,5 bis 1,25 mg/kg
KG/Tag) über zwei bis drei Monate favorisiert, gegebenenfalls in Kombination mit Perchlorat und einem
Thionamid (3, 7, 22, 49).
Die Wirkung von Glukokortikosteroiden erklärt sich weniger durch Hemmung der T4-T3-Konversion (die unter
Amiodaron bereits maximal gehemmt ist) als vielmehr durch antiinflammatorische Effekte auf den
destruierenden Entzündungsprozeß und Hemmung proteolytischer lysosomaler Enzymaktivitäten. Nach
passagerer Glukokortikoidbehandlung bis zur Normalisierung des TSH-Spiegels (zwei bis vier Monate) ist
häufig sogar eine Fortsetzung der Amiodaronbehandlung möglich (7, 49).
Kürzlich wurde über den erfolgreichen adjuvanten Einsatz von Lithium (900 bis 1 350 mg/Tag) berichtet, das bei
Patienten mit schwerer durch Amiodaron induzierter Hyperthyreose in Verbindung mit einer hochdosierten
antithyreoidalen Medikation eine beschleunigte Kontrolle der Hyperthyreose ermöglichte und bei Kontrolle der
Serumkonzentrationen keine relevanten Nebenwirkungen zeigte (16). Lithium wird in der Schilddrüse
angereichert und hemmt die Schilddrüsenhormonsynthese, die Dejodierung von T4 sowie die Jodidfreisetzung.
Für die Wirksamkeit von Lithium bei Patienten mit Typ-I-Hyperthyreose ist in erster Linie die Hemmung der
T4-Freisetzung aus der Schilddrüse verantwortlich.
Nicht selten treten Mischbilder von durch Amiodaron induzierten Typ-I- und Typ-II-Hyperthyreosen auf. Eine
Kombinationstherapie aus Perchlorat und einem Thionamid in Verbindung mit einer passageren
Glukokortikoidtherapie kann in solchen Fällen das Erreichen einer euthyreoten Stoffwechsellage beschleunigen.
Betarezeptorenblocker, die bei Hyperthyreosen sonst mit gutem Therapieerfolg zur Hemmung der
sympathoadrenergen Symptome eingesetzt werden, sollten bei durch Amiodaron induzierter Hyperthyreose
zurückhaltend, in niedrigen Dosen und nur unter engmaschigen Verlaufskontrollen zum Einsatz kommen, um
eine Blockierung der Sinusknoten- und AV-Überleitungsfunktion zu vermeiden.
Bei schwerer, auf medikamentöse Maßnahmen therapierefraktärer Hyperthyreose und thyreotoxischer Krise hilft
mitunter nur die rasche totale Thyreoidektomie (10, 18, 35). Aufgrund der meist schweren kardialen
Vorerkrankungen der Patienten ist sie allerdings nur dann mit einem vertretbaren Operationsrisiko durchführbar,
wenn eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit und lückenlose intra- und perioperative Betreuung
gewährleistet sind. Das operative Vorgehen führt nicht nur zu einer raschen Kontrolle der Hyperthyreose,
sondern ist auch das einzige Behandlungsverfahren, das die problemlose Fortsetzung einer zwingend
erforderlichen Amiodaronbehandlung ermöglicht. Nur wenn keine Operationsfähigkeit gegeben ist und alle
anderen Maßnahmen versagen, kommt die Plasmapherese als ultimum refugium bei schwerer,
therapierefraktärer Hyperthyreose in Betracht.
Nach dem Abklingen einer Typ-II-Hyperthyreose kann im weiteren Verlauf und mit fortschreitender
intrathyreoidaler Fibrosierung eine permanente Hypothyreose auftreten, die dann der Substitution mit
Schilddrüsenhormon bedarf (33, 39). Wird die Behandlung mit Amiodaron bei Patienten mit abgelaufener TypII-Hyperthyreose wieder aufgenommen, resultiert häufig eine Hypothyreose, die sich durch Beendigung der
Amiodaroneinnahme oder Substitution von Levothyroxin beheben läßt (33).
Prävention von Schilddrüsenfunktionsstörungen
Aufgrund des hohen thyreotropen Nebenwirkungsrisikos sollte Amiodaron niemals ohne vorherige
Schilddrüsendiagnostik eingesetzt werden. Bei Personen mit Vorerkrankungen der Schilddrüse wie Struma
nodosa, latenter funktioneller Autonomie oder Immunthyreopathie vom Typ Morbus Basedow bestehen relative
Kontraindikationen für den Einsatz von Amiodaron, so daß die Substanz hier nur nach reiflicher Überlegung
angewandt werden sollte. Ab welchem kritischen Volumen an autonomem Schilddrüsengewebe der Einsatz von
Amiodaron riskant ist, stellt eine klinisch wichtige Frage dar, die jedoch aufgrund fehlender Daten bislang nicht
beantwortet werden kann. Eine ablativ dosierte Radiojodtherapie scheint das Risiko für eine durch Amiodaron
induzierte Hyperthyreose zu minimieren.
Zur obligatorischen Basisdiagnostik vor Beginn einer Behandlung mit Amiodaron zählen die ausführliche
Familien- und Eigenanamnese, der Palpationsbefund der Schilddrüse, Laboruntersuchungen (TSH basal, fT3,
fT4, TPO- und Tg-Antikörper), die Schilddrüsensonographie sowie bei sonographischem Nachweis von Knoten
die Schilddrüsenszintigraphie. Bei Patienten mit hohem Risiko für eine durch Amiodaron induzierte
Hyperthyreose und absehbarer absoluter Indikation für den Einsatz von Amiodaron sollte vor Therapiebeginn
eine Sanierung der Schilddrüsenerkrankung angestrebt werden.
Verlaufskontrollen bei und nach Behandlung mit Amiodaron
Vor Beginn einer Behandlung mit Amiodaron und nach dreimonatiger Einnahmedauer sind Laborkontrollen
(TSHb, fT3, fT4) erforderlich. Im Therapieverlauf sind Kontrollen des basalen TSH-Spiegels alle drei Monate
sinnvoll, bei pathologischem Befund ergänzt durch die Bestimmung von fT3 und fT4. Allerdings kündigt sich
eine durch Amiodaron induzierte Hyperthyreose nur selten in Laboruntersuchungen an, sondern manifestiert sich
meist plötzlich. Bei Behandlung mit Amiodaron ist deshalb immer eine engmaschige klinische Beobachtung des
Patienten erforderlich.
Bei klinischem Verdacht auf eine Schilddrüsenfunktionsstörung sollten unverzüglich Laboruntersuchungen
(TSHb, fT3, fT4, gegebenenfalls TPO- und Tg-Antikörper) erfolgen. Bei der Befundinterpretation sind die oben
genannten obligatorischen Veränderungen der Schilddrüsenfunktionsparameter unter Amiodaronbehandlung zu
beachten, die grundsätzlich zu erwarten sind und keine Therapiemaßnahmen erfordern.
Im Unterschied zur Hypothyreose, die meist in den ersten 18 Monaten auftritt, kann sich eine Hyperthyreose
auch noch nach mehrjähriger Behandlung mit Amiodaron manifestieren. Gründe hierfür sind die Akkumulation
von Amiodaron in zahlreichen Körpergeweben, seine lange biologische Halbwertszeit und die protrahierte
Jodidfreisetzung. Entsprechend langfristig sollten in regelmäßigen Intervallen zumindest klinische Kontrollen
erfolgen.
Amiodaron, DEA und Jodid werden transplazentar und mit der Muttermilch transportiert. Die Hauptrisiken von
Amiodaron in der Schwangerschaft liegen in einer Bradykardie, einem verlängerten QT-Intervall und einer
Hypothyreose des Feten. Bei Neugeborenen von Müttern, die während der Schwangerschaft Amiodaron
einnehmen mußten, wurden intrauterine und neonatale Hypothyreosen in elf Prozent der Behandlungsfälle
beobachtet (15, 28, 32, 48). Regelmäßige klinische und biochemische Kontrollen der fetalen und neonatalen
Schilddrüsenfunktion sind deshalb angezeigt, beim Nachweis einer Hypothyreose sollte unverzüglich die
Substitution von Schilddrüsenhormon erfolgen. Angesicht der hohen Empfindlichkeit der Schilddrüse beim
Feten und Neugeborenen für eine jodinduzierte Hypothyreose sollte auf den Einsatz von Amiodaron während
Schwangerschaft und Stillzeit möglichst verzichtet werden.
Fazit
Amiodaron führt bei fast allen Patienten zu absehbaren Veränderungen der Schilddrüsenparameter, die der
behandelnde Arzt kennen sollte, um Fehldiagnosen und unnötige therapeutische Maßnahmen zu vermeiden.
Klinisch relevante Schilddrüsenfunktionsstörungen treten je nach Jodversorgung, Schilddrüsenvorerkrankung
und Erhaltungsdosis bei 1 bis 20 Prozent der längerfristig mit Amiodaron Behandelten auf, wobei in einer
Jodmangelregion wie Deutschland Hyperthyreosen häufiger als Hypothyreosen zu beobachten sind. Da
insbesondere die Behandlung der durch Amiodaron induzierten Hyperthyreose schwierig sein kann und oft erst
mit beträchtlicher zeitlicher Verzögerung wirksam wird, sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um
Risikopatienten bereits vor Therapiebeginn zu identifizieren.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1999; 96: A-853-860
[Heft 13]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser
und über die Internetseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift für die Verfasser
Priv.-Doz. Dr. med. Armin E. Heufelder
Medizinische Klinik
Klinikum Innenstadt
Ludwig-Maximilians-Universität
Ziemssenstraße 1
80336 München
Obligatorische Veränderungen von SchilddrüsenhormonParametern unter Behandlung mit Amiodaron (ohne therapeutische Konsequenzen)
! Anstieg des Serum-Gesamt- und fT4-Spiegels um zirka 40 Prozent,
! Abnahme des Serum-T3-Spiegels um 10 bis 25 Prozent, des fT3-Spiegels um zirka 50 Prozent,
! initialer Anstieg des TSH-Spiegels in den oberen Normbereich oder darüber,
! später Normalisierung oder erniedrigter/supprimierter TSH-Spiegel.
Fakultative Veränderungen von Schilddrüsenhormon-Parametern unter Behandlung mit Amiodaron
(therapeutische Konsequenzen meist erforderlich)
Amiodaron-induzierte
Hypothyreose
Erhöhter basaler TSH-Spiegel (TSH > 4,0 µU/ml) bei gleichzeitig erniedrigtem (oder normalem) fT4Serumspiegel.
Amiodaron-induzierte Hyperthyreose
TSH basal vollständig supprimiert (TSH < 0,01 µU/ml) bei gleichzeitig erhöhtem oder normalem fT3- (oder
Gesamt-T3-)- Serumspiegel sowie klar erhöhtem fT4-Serumspiegel.
Tabelle
Klinische und laborchemische Differenzierungsmerkmale der durch Amiodaron induzierten
Hyperthyreosen (AIT) Typ I und Typ II
AIT Typ I AIT Typ II
Alter 30-70 Jahre 30-70 Jahre
Frauen/Männer 1:2-5 1:2-5
Schilddrüsen- Morbus Basedow, keine
vorerkrankungen Knotenstruma
Hyperthyreose- gesteigerte Bildung gesteigerte
Mechanismus von SD-Hormonen Freisetzung von
SD-Hormonen
Sonographie inhomogenes, diffus, echoarmes
echonormales bis Parenchym
echoarmes Parenchym
Farbdoppler- fokal oder diffus, kein darstellbarer
Sonographie gesteigerter Blutfluß Blutfluß
Interleukin-6- normal/leicht erhöht stark erhöht
Serumspiegel (150-200 fmol/l) (> 250 fmol/l)
Radiojod-Aufnahme normal oder erhöht erniedrigt oder
supprimiert
Zytologie uncharakteristisch viel Kolloid, Histiozyten,
Zell-Vakuolen
Therapie Kaliumperchlorat Glukokortikoide
und hochdosiert
Thionamide
Beendigung der zwingend nicht zwingend
Amiodarongabe
Risiko bei späterer Hyperthyreose Hypothyreose
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