ArchivDeutsches Ärzteblatt PP3/2015Zwangsstörungen: Diagnose falsch, spät oder gar nicht

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Zwangsstörungen: Diagnose falsch, spät oder gar nicht

Bühring, Petra

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Eine neu entwickelte S3-Leitlinie bietet eine klare Orientierung für die Behandlung von Zwangsstörungen.

Zwangsstörungen beeinträchtigen nicht nur stark das eigene Leben, sondern auch das der Angehörigen. Trotzdem finde die psychische Erkrankung im Versorgungssystem heute nur wenig Beachtung, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Häufig würden sie falsch, spät oder gar nicht diagnostiziert. Eine unter der Schirmherrschaft der DGPPN entwickelte Leitlinie soll jetzt eine klare und verständliche Orientierung für die Behandlung von Zwangsstörungen bieten. 

Aus Scham verheimlichen viele Betroffene ihre Erkrankung. Durchschnittlich dauere es 10 bis 15 Jahre, bis Patienten mit einer Zwangsstörung professionelle Hilfe aufsuchten, berichtet die Fachgesellschaft. „Wir wissen, dass den Betroffenen die richtige Therapie nachhaltig hilft. Medikamente spielen dabei eine untergeordnete Rolle, im Vordergrund stehen psychotherapeutische Interventionen“, betont DGPPN-Vorstandsmitglied Prof. Dr. med. Fritz Hohagen, Lübeck, einer der vier wissenschaftlichen Koordinatoren der Leitlinie. 

Die S3-Behandlungsleitlinie „Zwangsstörungen“ liegt nun in gedruckter Form vor und soll die an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen im ambulanten, teilstationären und stationären Bereich erreichen. „Die Leitlinie bündelt das Forschungswissen und stellt eine klare, verständliche Entscheidungsgrundlage zur Behandlung dar. Sie enthält 71 Empfehlungen und Statements, die auch den Patienten und ihren Angehörigen transparent gemacht werden, um ihnen eine weitgehend selbstbestimmte Beteiligung am Behandlungsprozess zu ermöglichen“, so Hohagen.

Die Entwicklung der Leitlinie entspricht den Vorgaben und methodischen Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Insgesamt waren 27 Fachgesellschaften und -organisationen sowie Verbände der Betroffenen und Angehörigen an dem Großprojekt beteiligt. Neben einer ausführlichen Langversion mit der Beschreibung der Evidenzgrundlage und deren Einordnung in die klinische Praxis wurden ein Leitlinienreport und eine Kurzversion veröffentlicht. Eine „Kitteltaschenversion“ ist in Vorbereitung.

Petra Bühring

@ www.dgppn.de unter Publikationen > Leitlinien > F4 Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen

1.
Hohagen F, Wahl-Kordon A, Lotz-Rambaldi W, Muche-Borowski C (Hrsg.): S3-Leitlinie Zwangsstörungen. DGPPN. Berlin: Springer-Verlag 2015.
1.Hohagen F, Wahl-Kordon A, Lotz-Rambaldi W, Muche-Borowski C (Hrsg.): S3-Leitlinie Zwangsstörungen. DGPPN. Berlin: Springer-Verlag 2015.

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