ArchivDeutsches Ärzteblatt24/2015Chronische Lungenerkrankungen: Mehr Lebenszeit, weniger Krankheitslast

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Chronische Lungenerkrankungen: Mehr Lebenszeit, weniger Krankheitslast

Reisdorf, Simone

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Sowohl das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom, als auch die idiopathische Lungenfibrose sind mit einer hohen Mortalität verbunden. Aktuelle Therapieoptionen können das Überleben aber teilweise deutlich verlängern.

Das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC) und die idiopathische Lungenfibrose (IPF) haben eines gemeinsam: Beiden chronischen Lungenerkrankungen sind bislang mit einer hohen Mortalität verbunden. So wird das Fünfjahresüberleben von NSCLC-Patienten mit 18 Prozent angegeben (1). Die routinemäßige detaillierte Bestimmung von Histologie und Rezeptorstatus des Tumors eröffnet aber neue Optionen zur zielgerichteten, individualisierten Therapie.

Prof. Dr. med. Wolfgang Schütte, Halle/Saale, präsentierte Daten zur Erstlinienbehandlung von Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC vom Typ Adenokarzinom. Er verwies auf fünf aktuelle Studien, in denen die Patienten mit einer platinhaltigen Kombinationstherapie und dem antiangiogenetisch wirksamen Bevacizumab (Avastin®) behandelt wurden. „Das mediane Gesamtüberleben wurde in jeder dieser Studien als primärer oder sekundärer Endpunkt erfasst. Es lag bei 13,4 bis zu 18 Monaten und damit deutlich höher als noch vor Jahren“, so Schütte. In der von ihm geleiteten 65-plus-Studie mit Patienten im Seniorenalter (2) betrug das mediane Gesamtüberleben 15,2 Monate.

In der SATURN-Studie (3) ging es um den Stellenwert einer Maintenancetherapie bei NSCLC: Patienten, die unter einer platinhaltigen Induktions-Chemotherapie keinen Krankheitsprogress zeigten, wurden auf die Behandlung mit dem EGF-Rezeptor-Blocker Erlotinib (Tarceva®, 150 mg/d) versus Placebo beziehungsweise best supportive care (BSC) randomisiert. „Das mediane progressionsfreie Überleben war unter Erlotinib signifikant länger als ohne Erhaltungstherapie; es lag bei 12,3 versus 11,1 Wochen“, berichtete Schütte (p < 0,0001).

Das Gesamtüberleben war unter Erlotinib im Vergleich zu BSC ebenfalls signifikant verlängert: Es betrug im Median 12,0 versus 11,0 Monate (p = 0,0088). Noch deutlicher war der Überlebensvorteil mit 12,4 versus 8,7 Monaten in der Subgruppe der Patienten mit EGFR-Wildtyp (p = 0,0041); bei ihnen dürfte Erlotinib aber eigentlich gar nicht wirken. Schüttes Theorie: „Vielleicht hat die Chemotherapie den Mutationsstatus des Tumors bei den ursprünglichen Wildtyp-Patienten verändert, und wurde so empfindlich für Erlotinib.“

Idiopathische Lungenfibrose: Pirfenidon bessert Outcome

Auch die IPF ist mit einer hohen Mortalitätsrate assoziiert. Das mediane Überleben der Patienten wird unterschiedlich angegeben, meist mit etwa zwei bis drei Jahren ab Erstdiagnose (4). „60 Prozent der IPF-Patienten sterben direkt an der Fibrosierung ihres Lungengewebes“, betonte Prof. Dr. med. Andreas Günther, Gießen. Mit der Übernahme von InterMune hat Roche im Herbst 2014 Pirfenidon (Esbriet®) erworben. Es wird in einer Dosis von 2 400 mg/d gegeben und richtet sich gegen die Fibrosierung und die Inflammation bei IPF.

In der 2014 publizierten ASCEND-Studie (5) trat der primäre Endpunkt aus Tod und mindestens zehnprozentiger Verschlechterung der forcierten Vitalkapazität (FVC) unter Pirfenidon signifikant seltener auf als unter Placebo. 16,5 Prozent der Pirfenidon- versus 31,8 Prozent der Kontrollpatienten erlitten diesen Endpunkt, eine relative Risikoreduktion um 47,9 Prozent durch Pirfenidon (p < 0,001).

Auch in den sekundären Endpunkten schnitten die Pirfenidonpatienten signifikant besser ab. So zeigten 22,7 Prozent von ihnen über den Studienverlauf keine Verschlechterung der FVC; mit Placebo schafften dies nur 9,7 Prozent. Patienten unter Pirfenidon lebten zudem länger progressionsfrei; das Risiko von Krankheitsprogression und Tod war um relative 43 Prozent erniedrigt. Mit Pirfenidon erlebten zudem weniger Patienten eine klinisch bedeutsame Verschlechterung der Sechs-Minuten-Gehstrecke.

Das Gesamtüberleben war in ASCEND nicht signifikant unterschiedlich (4,0 Prozent versus 7,2 Prozent; p = 0,10). Bei der vorgeplanten gepoolten Analyse von ASCEND und den Vorgängerstudien CAPACITY 1 und 2 zeigte sich aber sehr wohl ein signifikanter Vorteil für die Pirfenidonpatienten im Gesamtüberleben (3,5 Prozent versus 6,7 Prozent; p = 0,01) (5).

Simone Reisdorf

Pressekonferenz „Dem Leben mehr Zeit geben – Wirksame Behandlungsoptionen bei lebensbedrohlichen Lungenerkrankungen“ in Berlin, DGP-Kongress, Veranstalter: Roche Pharma

1.
American Cancer Society, Cancer Facts
& Figures, 2014.
2.
Schütte WH, et al.: J Clin Oncol 2013 (suppl., abstr. 8013).
3.
Cappuzzo F, et al.: Lancet Oncol 2010;
11: 521–9 CrossRef
4.
Behr J, et al.: Pneumologie 2013; 67: 81–111 CrossRef MEDLINE
5.
King TE, Jr., et al.: N Engl J Med 2014; 370: 2083–92 CrossRef MEDLINE
1.American Cancer Society, Cancer Facts
& Figures, 2014.
2.Schütte WH, et al.: J Clin Oncol 2013 (suppl., abstr. 8013).
3.Cappuzzo F, et al.: Lancet Oncol 2010;
11: 521–9 CrossRef
4.Behr J, et al.: Pneumologie 2013; 67: 81–111 CrossRef MEDLINE
5.King TE, Jr., et al.: N Engl J Med 2014; 370: 2083–92 CrossRef MEDLINE

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