MEDIZIN: Übersichtsarbeit
Kardioversion von nichtvalvulärem Vorhofflimmern
Cardioversion in non-valvular atrial fibrillation
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Hintergrund: Vorhofflimmern ist epidemiologisch die bedeutendste Herzrhythmusstörung und mit einer erhöhten Rate an Schlaganfällen, Herzinsuffizienz, Krankenhauseinweisungen und Sterblichkeit assoziiert. Ihre Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung liegt bei 1,5–2 %. Um bei Vorhofflimmern einen Sinusrhythmus zu erzielen, ist eine Kardioversionsbehandlung notwendig.
Methoden: Es wurde eine selektive Literaturrecherche mit den Stichworten „atrial fibrillation“ und „cardioversion“ in PubMed von 2004 bis Dezember 2014 ausgewertet.
Ergebnisse: Bei der elektrischen Kardioversion wird ein Stromstoß zwischen zwei Elektroden mit Hilfe eines Defibrillators abgegeben. Bei der pharmakologischen Kardioversion erfolgt eine intravenöse oder orale Therapie mit Antiarrhythmika. Die elektrische Kardioversion bewirkt bei mehr als 85 % der Patienten einen Sinusrhythmus. Pharmakologisch erreicht man bei etwa 70 % der Patienten mit kürzlich aufgetretenem Vorhofflimmern einen Sinusrhythmus. Prinzipiell sollte die Konversionsbehandlung unter effektiver Antikoagulation mit Heparinen, Vitamin-K-Antagonisten oder neuen oralen Antikoagulanzien erfolgen. Vor der Kardioversion werden bei einer Dauer des Vorhofflimmerns von mehr als 48 h Thromben im linken Vorhof durch ein transösophageales Echokardiogramm ausgeschlossen, oder es erfolgt eine Vorbehandlung mit einem Antikoagulanz über mindestens 3 Wochen. Da die Kardioversion vorübergehend die Pumpfunktion des linken Vorhofes verschlechtern kann, folgt im Allgemeinen eine weitere Antikoagulation über 4 Wochen. Die anschließende Antikoagulation richtet sich nach dem Schlaganfallrisiko gemäß dem CHA2DS2-VASc-Score.
Schlussfolgerung: Bei leitliniengerechter Therapie lassen sich die Hauptrisiken der Kardioversion, Thromboembolien und bedeutsame Blutungen auf etwa 1 % oder weniger innerhalb von 30 Tagen nach der Kardioversion senken. In Einzelfällen muss mit gravierenden Komplikationen gerechnet werden.


Vorhofflimmern ist die häufigste bedeutsame Herzrhythmusstörung im Erwachsenenalter. Diagnostiziert wird es üblicherweise mit Hilfe des Elektrokardiogramms (EKG). Die Prävalenz des Vorhofflimmerns liegt bei 1,5–2 % in der Allgemeinbevölkerung. Im Alter von 80 Jahren haben etwa 10 % der Bevölkerung Vorhofflimmern (1, 2).
Bei etwa 40 % der Patienten mit Vorhofflimmern liegen zusätzlich Herzklappenfehler vor (e1). Die meisten großen Studien zum Vorhofflimmern haben sich mit dem „nichtvalvulären“ Vorhofflimmern auseinandergesetzt, bei dem keine bedeutsame Herzklappenerkrankung besteht. Vorhofflimmern ist assoziiert mit einer deutlich erhöhten Rate an Sterblichkeit (1,7-fach, [e2]), Schlaganfällen (4-fach, [e3]) und Herzinsuffizienz (6-fach, [e2]).
Die durch Vorhofflimmern verursachte Symptomatik ist sehr unterschiedlich. Patienten klagen insbesondere über:
- Luftnot (49 %)
- Müdigkeit (49 %)
- Palpitationen (43 %)
- Schwindel (37 %)
- Angina pectoris (20 %)
wobei diese Beschwerden auch durch weitere bestehende Krankheiten bedingt sein können (3).
Fünf Typen von Vorhofflimmern werden unterschieden (4):
- erstmals aufgetretenes Vorhofflimmern
- paroxysmales Vorhofflimmern (Dauer maximal 1 Woche)
- persistierendes Vorhofflimmern (Dauer 1 Woche bis 1 Jahr)
- lang anhaltendes Vorhofflimmern (Dauer länger als 1 Jahr)
- permanentes Vorhofflimmern, bei dem die Rhythmusunregelmäßigkeit akzeptiert und kein Versuch der Rhythmisierung mehr vorgenommen wird.
Zur Einschätzung des Embolie- und Schlaganfallsrisikos bei Vorhofflimmern wurde der CHA2DS2-VASc-Score eingeführt.
Dabei bedeuten:
C = kongestive Herzinsuffizienz
H = arterieller Hypertonus
A = Alter
D = Diabetes mellitus
S = Zustand nach Schlaganfall oder transitorisch ischämischer Attacke
VA = Gefäßerkrankung wie Zustand nach Herzinfarkt und
Sc = weibliches Geschlecht.
C, H, Alter 65–74 Jahre, D, VA und Sc werden jeweils mit einem Punkt bewertet.
Ein Alter > 74 Jahre und ein Zustand nach Schlaganfall (S2) werden mit 2 Punkten bewertet.
Ziel dieser Arbeit, ist die Darstellung des derzeitigen Kenntnisstandes zur Kardioversion bei nichtvalvulärem Vorhofflimmern. Zur Literaturrecherche wurde unter den Stichworten „atrial fibrillation“ und „cardioversion“ die Literatur bei PubMed der letzten 10 Jahre bis Dezember 2014 ausgewertet.
Indikation zur Wiederherstellung des Sinusrhythmus bei Vorhofflimmern
Die bisher durchgeführten großen Studien zur Kardioversion bei Vorhofflimmern konnten bezüglich der harten Endpunkte „Tod“ und „Schlaganfallrate“ keine Verbesserung der Prognose aufzeigen (5–9). Als Methodenkritik dieser Studien sollte erwähnt sein, dass nur sehr wenige Patienten, die jünger als 60 Jahre waren, in diese Studien eingeschlossen wurden. Die Kardioversion ist deshalb in erster Linie eine Maßnahme zur Verbesserung einer bestehenden Symptomatik. Die leitliniengerechte Indikation zur Kardioversion ist im Kasten dargestellt (4). Bei einer Befragung von 57 elektrophysiologischen Zentren in Europa im Jahr 2012 gaben 75 % der Kliniken an, mehr als 100 Kardioversionen im Jahr vorzunehmen (10). Nach einem prospektiven europäischen Register wird bei etwa 60 % der Patienten mit Vorhofflimmern (zwischen 48,7 % in Italien und 72 % in Frankreich) eine rhythmuserhaltende Therapie durchgeführt, wobei 18,1 % der Patienten innerhalb der letzten 12 Monate eine elektrische und 19,5 % eine pharmakologische Kardioversion erhielten (11).
Antikoagulation und/oder transösophageale Echokardiographie vor Kardioversion
Zum Ausschluss von Thromben vor geplanter Kardioversion wird eine effektive Antikoagulation für 3–4 Wochen oder der Ausschluss von Thromben im linken Vorhof mittels transösophagealer Echokardiographie empfohlen (4, 12). Bei Patienten mit kürzlich aufgetretenem Vorhofflimmern können Thromben bei etwa 10 % im linken und bei 0,6 % im rechten Vorhofohr diagnostiziert werden (13). In solchen Fällen sollte eine Kardioversion erst nach Auflösung der Thromben durch effektive Antikoagulation erfolgen.
Antikoagulation bei Kardioversion von Vorhofflimmern
Bereits bei Einführung der elektrischen Kardioversion von Vorhofflimmern durch Lown (14) war das Risiko einer Thromboembolie im nahen zeitlichen Zusammenhang mit dieser Maßnahme bekannt. Eine retrospektive Analyse bei 454 elektrischen Kardioversionen von Vorhofflimmern ergab 1992 eine Embolieinzidenz von 1,32 %, wobei kein Patient mit Embolie antikoaguliert war (15). Das zeitliche Auftreten von Embolien nach elektrischer Kardioversion wurde anhand von 32 Studien zwischen 1966 und 1997 beschrieben (16). Bei insgesamt 4 621 elektrischen Kardioversionen ereigneten sich 92 Embolien, die bis auf 4 innerhalb von 7 Tagen nach Kardioversion auftraten. Eine kürzlich publizierte retrospektive Analyse von 16 274 erstmaligen elektrischen Kardioversionen im Zeitraum zwischen den Jahren 2000 und 2008 in Dänemark ergab in den ersten 30 Tagen nach der Kardioversion ein mehr als doppelt so hohes Risiko für Embolien, wenn keine Antikoagulation während und nach der Kardioversion verabreicht wurde (17). Auf 100 Patientenjahre bezogen berechnete sich die Ereignisrate mit Antikoagulation auf 4 und ohne Antikoagulation auf 10,33. Das Embolierisiko verminderte sich dann innerhalb von 360 Tagen auf 1,84/100 Patientenjahre mit Antikoagulation und auf 3,18/100 Patientenjahre ohne Antikoagulation.
Der CHA2DS2-VASc-Wert hatte keine Bedeutung für das Auftreten von Embolien mit und ohne Antikoagulation innerhalb von 30 Tagen nach Kardioversion. Bei einem CHA2DS2-VASc-Wert von 0 und 1 war das Risiko für eine Embolie nach Kardioversion ohne Antikoagulation im Vergleich zur Antikoagulation um den Faktor 2,21, bei CHA2DS2-VASc-Werten ab 2 um den Faktor 2,4 erhöht. Das Thromboembolierisiko durch Kardioversion wurde durch Aspirin nicht signifikant gesenkt. Die retrospektive Analyse dieser Studie lässt keine Aussage zu, warum die Antikoagulation bei den Patienten so unterschiedlich gehandhabt wurde. Patienten mit Vorhofflimmern < 48 h-Dauer ohne Risikofaktoren haben ein geringeres Embolierisiko bei einer Kardioversion, so dass nur eine Antikoagulation mit Heparin zum Zeitpunkt der Kardioversion und keine anschließende Antikoagulation empfohlen wird (4). Liegen Risikofaktoren für Thromboembolien vor, ist eine orale Antikoagulation für mindestens vier Wochen nach der Kardioversion notwendig. Unterstützt wird diese Empfehlung durch eine aktuelle retrospektive finnische Studie, die das Auftreten von Embolien nach 5 116 Kardioversionen (88 % elektrisch) innerhalb von 30 Tagen bei 2 481 Patienten mit Vorhofflimmern < 48-h-Dauer ohne Antikoagulation untersuchte (18). Es ereigneten sich 38 Embolien (0,7 % der Kardioversionen). Bei 10 Embolien lag ein CHA2DS2-VASc-Wert von 0–1 vor. Die Embolien traten zwischen dem 1. und 27. Tag, im Median am 2. Tag, auf. Das höchste Risiko für Embolien hatten Patienten mit Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus und Alter > 60 Jahre. Das niedrigste Embolierisiko bestand bei nicht herzinsuffizienten Patienten < 60 Jahre (0,2 %).
Ursache von Thromboembolien nach Kardioversion
Als Hauptgrund für Embolien nach Kardioversion wird das „atrial stunning“ angesehen (19). Bei Vorhofflimmern findet zwar keine Vorhofkontraktion statt, es besteht während der Diastole aber noch eine gewisse Blutbewegung im linken Vorhof und im linken Herzohr. Die Wiederherstellung des Sinusrhythmus durch Kardioversion kann anfänglich zu einer Verschlechterung des Blutflusses im linken Vorhof und im linken Herzohr führen (19). Durch diese Stase des Blutes wird die lokale Thrombenbildung gefördert. „Atrial stunning“ wird sowohl nach transthorakaler elektrischer, interner elektrischer, pharmakologischer und spontaner Kardioversion gesehen (19). Je länger Vorhofflimmern vorhanden war, desto länger kann „atrial stunning“ anhalten (20). Meist hat sich die Funktion des linken Vorhofs nach Kardioversion innerhalb einer Woche wieder normalisiert, bei länger bestehendem Vorhofflimmern kann der Prozess der Normalisierung auch einen Monat betragen (20).
Antikoagulanzien im Rahmen der Kardioversion
Eine effektive Antikoagulation zum Zeitpunkt der Kardioversion lässt sich mit Heparinen, Vitamin-K-Antagonisten oder neuen oralen Antikoagulanzien erzielen. Aspirin bietet keinen ausreichenden Schutz. Bei unfraktioniertem Heparin wird nach einem intravenösen Bolus von 60–80 Einheiten/kg Körpergewicht (KG) eine intravenöse Therapie eingesetzt, um die aktivierte Thromboplastinzeit auf etwa 50–70 Sekunden zu verlängern (21). Eine Antikoagulation zur Kardioversion wird auch mit Enoxaparin in einer Dosis von 1 mg/kg KG subkutan zwei Mal pro Tag erreicht (22). Als weiteres niedermolekulares Heparin wurde Certoparin eingesetzt (23). Eine effektive Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten (zum Beispiel Warfarin, Phenprocoumon) wird bei einem INR-Wert („international normalized ratio“) von 2–3 angenommen (21). Bei Kardioversionen scheint ein INR-Wert von > 2,5 besser vor Thromboembolien zu schützen (24). Rivaroxaban ist das erste neue orale Antikoagulanz, das prospektiv bei Kardioversion (meist elektrisch) in der Dosis von 20 mg/d (Kreatinin Clearance > 50 mL/min) oder 15 mg/d (Kreatinin Clearance 30–49 mL/min) an etwa 1 000 Patienten in zwei Strategien (lange oder kurze Vorbehandlung) gegen Vitamin-K-Antagonisten getestet wurde (25). Rivaroxaban wurde zwischen drei Wochen oder spätestens vier Stunden vor der Kardioversion oral verabreicht. Es ereigneten sich zwei Schlaganfälle (0,2 %) und eine tödliche Blutung. Bei den Endpunkten ergab sich kein signifikanter Unterschied im Vergleich zu Vitamin-K-Antagonisten. Post-hoc-Subgruppenanalysen der großen Zulassungsstudien neuer oraler Antikoagulanzien sprechen dafür, dass auch Dabigatran (26) und Apixaban (27) als Antikoagulanzien bei der Kardioversion wirksam sein können. Prospektive Daten liegen hierzu nicht vor.
Praktisches Vorgehen bei elektrischer Kardioversion von Vorhofflimmern
Die elektrische Kardioversion wird üblicherweise unter kontinuierlichem EKG-Monitoring in intravenöser Kurznarkose durchgeführt (10), wobei die Möglichkeit einer Reanimationsmaßnahme wegen Kammerflimmerns oder Asystolie einzuplanen ist. Die Elektroden des Defibrillators/Kardioverters können in den Positionen anterior – linkslateral (apikal) oder anterior – posterior so eingesetzt werden, dass sich das Herz zwischen beiden Elektroden befindet. Bei Einsatz älterer monophasischer Defibrillatoren war die anterior-posteriore Elektrodenlade am effektivsten (28). Heute werden meist biphasische Defibrillatoren verwendet, die mit niedrigeren Energien höhere Kardioversionsraten erzielen lassen (29). Bei Einsatz biphasischer Defibrillatoren sind die Elektrodenposition und die Geometrie der Energieabgabe von untergeordneter Bedeutung (30). Bei Patienten mit implantierten Schrittmachern oder Defibrillatoren sollten sich die Elektroden möglichst im Abstand von > 8 cm zum Aggregat befinden und eine anteriore-posteriore Elektrodenlage gewählt werden (31). Die Entladung des Defibrillators erfolgt synchronisiert mit der R-Zacke des Elektrokardiogramm. (14, 32). Es bietet es sich an, bei Vorhofflimmern mit einer Dauer < 48 h mit einer Schockenergie von 100 J und bei länger bestehendem Vorhofflimmern mit 150 J bei biphasischen Defibrillatoren zu beginnen (33). Nach einer großen prospektiven Registerstudie lässt sich durch eine elektrische Kardioversion bei etwa 88 % initial ein Sinusrhythmus erzielen (34). Prädiktoren für eine erfolgreiche Kardioversion sind das Fehlen einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, paroxysmales Vorhofflimmern und eine kurze Vorhofflimmeranamnese. Lässt sich mit maximaler Energie kein Sinusrhythmus erzielen, kann ein erneuter Versuch etwa 3 Minuten nach letzter Schockabgabe versucht werden, weil dann der Körperwiderstand niedriger ist (32). Die Erfolgschance für die elektrische Kardioversion kann auch durch orale Vorbehandlung mit Amiodaron (35) oder Propafenon (36) verbessert werden. Bei schwierigen Einzelfällen (zum Beispiel ausgeprägte Adipositas) kann auch eine interne Kardioversion erwogen werden (32). Bei Patienten mit Vorhofflimmern und implantiertem Defibrillator (ICD) besteht die Möglichkeit einer internen Kardioversion mit Hilfe des ICD. Die Erfolgsrate ist aber im Vergleich zur externen Kardioversion mit etwa 30 % niedrig (37).
Kardioversion durch Pharmaka
Wegen fehlender Narkose ist der pharmakologische Kardioversionsversuch klinisch einfacher umzusetzen. In den Europäischen Leitlinien zum Vorhofflimmern (4) werden für die pharmakologische Kardioversion Amiodaron, Flecainid, Ibutilid, Propafenon und Vernakalant angegeben, wobei Ibutilid in Deutschland nicht verfügbar ist und für Vernakalant eine eingeschränkte Zulassung besteht (Tabelle 1).
Neben der intravenösen Anwendung kann Amiodaron auch hoch dosiert oral verabreicht werden (30 mg/kg), um bei kürzlich aufgetretenem Vorhofflimmern eine Kardioversion zu erzielen (38). Beim „pill in the pocket“-Konzept wird ein Patient mit Vorhofflimmern < 48-h-Dauer ohne oder mit nur geringer struktureller Herzkrankheit unter EKG-Überwachung oral mit Propafenon oder Flecainid kardiovertiert. Verläuft diese überwachte Therapie ohne Probleme, kann der Patient sie bei Wiederauftreten von Vorhofflimmern ohne ärztliche Überwachung außerhalb des Krankenhauses selbständig einsetzen.
Erfolgsraten der elektrischen und pharmakologischen Kardioversion
Zwei große prospektive Registerstudien geben einen sehr guten Überblick zur Kardioversion in Europa (34, 39). Danach wird besonders eine pharmakologische Kardioversion bei erstmaligem und paroxysmalem Vorhofflimmern (aktuelle Dauer des Vorhofflimmerns im Median 0,5–2 Tage, 34) und eine elektrische Kardioversion bei persistierendem Vorhofflimmern (aktuelle Dauer des Vorhofflimmerns im Median 30 Tage, [34]) durchgeführt. Die elektrische Kardioversion war bei 88 % von 712 Patienten (34) und 90 % von 1 946 Patienten (39) erfolgreich. Pharmakologisch ließ sich ein Sinusrhythmus bei 71 % von 1 089 Patienten (34) und 69 % von 1 026 Patienten erzielen (39). Eine EKG-Registrierung ergab bei 70 % der erfolgreich kardiovertierten Patienten nach einem Jahr einen Sinusrhythmus (34). Eine randomisierte Studie zum Erfolgsvergleich elektrischer versus pharmakologischer Kardioversion wurde in der Literatur nicht gefunden.
Komplikationen bei der Kardioversion von Vorhofflimmern
In Tabelle 2 sind die wichtigsten Komplikationen der Kardioversion aus den Studien mit mehr als 1 000 Patienten dargestellt, die besonders thromboembolische Ereignisse, Blutungen und Herzrhythmusstörungen betreffen. Die Komplikationsraten liegen in der Regel unterhalb von 1 % der behandelten Patienten, im Einzelfall sind sie für den Patienten aber sehr schwerwiegend.
Offene Fragen
Welches thromboembolische Risiko ist mit einer Kardioversion trotz Antikoagulation verbunden?
Thromboembolien treten innerhalb von 30 Tagen nach einer Kardioversion trotz adäquater Antikoagulation mit einer Wahrscheinlichkeit von 0 % (27) bis 1,6 % (22) auf. In der RE-LY-Studie wurde das neue orale Antikoagulanz Dabigatran in den Dosierungen von 2 × 150 mg/d (D150) und 2 × 110 mg/d (D110) mit dem oralen Vitamin-K-Antagonisten Warfarin (W) bei 18 113 Patienten mit Vorhofflimmern verglichen (40). Die jährliche Rate an Schlaganfällen oder systemischen Embolien betrug 1,53 % (D110), 1,11 % (D150) und 1,69 % (W). In dieser prospektiven Studie erhielten 1 270 Patienten 1 983 Kardioversion, die post-hoc als Subgruppe analysiert wurden (26). Schlaganfälle oder systemische Embolien traten innerhalb von 30 Tagen nach der Kardioversion bei 0,77 % (D110: 5 von 647), 0,3 % (D150: 2 von 672) und 0,6 % (W: 4 von 664) der Kardioversionen auf. Berechnet man die jährlichen Thromboembolieraten in den drei Therapiegruppen der Gesamtstudie auf 30 Tage und vergleicht sie mit den Thromboembolien innerhalb von 30 Tagen nach Kardioversion, stellt man fest, dass Thromboembolien im Monat nach der Kardioversion 3-mal (D150), 4-mal (W) oder 6-mal (D110) häufiger als in den übrigen Monaten der Studie auftraten. Würde man die Thrombembolieraten nach Kardioversion auf Patienten und nicht auf durchgeführte Kardioversion beziehen, ergäbe sich ein noch stärker erhöhtes Thrombembolierisiko durch Kardioversion. Auch die sehr große retrospektive Studie zur Kardioversion aus Dänemark (17) ergab, dass auch bei Antikoagulation das Risiko für Thromboembolien innerhalb der ersten 30 Tage nach Kardioversion mehr als doppelt so hoch war wie in der übrigen Beobachtungszeit. Da es sich um sehr große, vertrauenswürdige Studien handelt, ist anzunehmen, dass die Kardioversion trotz Antikoagulation das insgesamt geringe Risiko für systemische Embolien inklusive Schlaganfälle erhöht. Die aktuellen Leitlinien empfehlen bei einem Patienten mit CHA2DS2-VASc-Wert von 0 im Rahmen einer medizinisch durchgeführten Kardioversion eine wirksame Antikoagulation, während bei Vorhofflimmern oder bei spontanen Kardioversionen eines solchen Patienten keine Antikoagulation notwendig ist (4). Der neue Kenntnisstand nach Veröffentlichung der großen retrospektiven Kardioversionsstudie aus Dänemark 2015 spricht eindeutig dafür, auch bei einem CHA2DS2-VASc-Wert von 0 eine wirksame Antikoagulation bei medizinisch durchgeführter Kardioversion vorzunehmen und unterstützt damit die Empfehlungen der Leitlinien (4), die vorher nicht durch Studiendaten belegt waren.
Sollte die Antikoagulation bei der Kardioversion von Patienten mit interventionellem oder chirurgischem Verschluss des linken Vorhofohres erfolgen?
Wegen fehlender Studien ist diese Fragestellung nicht zu beantworten. Verzichtet man auf eine Antikoagulation sollte jedenfalls sichergestellt sein, dass das linke Vorhofohr komplett verschlossen ist (e4) und sich keine Thromben im linken Vorhof befinden.
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 23. 3. 2015, revidierte Fassung angenommen: 1. 6. 2015
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Hermann H. Klein
Medizinische Klinik II, Helios Klinikum Warburg
Langwiesen Straße 13, 55743 Idar-Oberstein
hermann@klein-devries.de
Zitierweise
Klein HH, Trappe HJ: Cardioversion in non-valvular atrial fibrillation.
Dtsch Arztebl Int 2015; 112: 856–62.DOI: 10.3238/arztebl.2015.0856
@The English version of this article is available online:
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Zusatzmaterial
Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:
www.aerzteblatt.de/lit5015 oder über QR-Code
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