ArchivDeutsches Ärzteblatt1-2/2016Ambulante spezialfachärztliche Versorgung: Konflikte nicht entschärft

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Ambulante spezialfachärztliche Versorgung: Konflikte nicht entschärft

Beerheide, Rebecca

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Unter welchen Bedingungen Kliniken ambulante Leistungen in der Onkologie anbieten dürfen, ist sehr umstritten. Einigkeit im G-BA gibt es beim Entlassmanagement.

Gemeinsame Konferenzen zwischen Klinik- und niedergelassenen Fachärzten sollen Teil der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung werden. Foto: Fotolia/Africa Studio
Gemeinsame Konferenzen zwischen Klinik- und niedergelassenen Fachärzten sollen Teil der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung werden. Foto: Fotolia/Africa Studio

In einer turbulenten Sitzung haben die Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) Ende Dezember Beschlüsse zum Entlassmanagement, zur Qualitätssicherung sowie zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) gefasst. Besonders beim Entlassmanagement seien Versorgungslücken nach der stationären Behandlung geschlossen worden, teilte der G-BA mit. Künftig können auch Klinikärzte Rezepte für Arzneimittel, häusliche Krankenpflege, Heil- und Hilfsmittel sowie für eine Soziotherapie verschreiben. Dies gilt allerdings nur für einen Zeitraum von sieben Tagen nach der Entlassung. Patienten müssen Rezepte für Arzneimittel binnen drei Tagen einlösen, für Hilfsmittel und Soziotherapie innerhalb von sieben Tagen. Für Anschlussrezepte muss der Patient einen niedergelassenen Arzt aufsuchen. Auch können Klinikärzte Patienten nach einem Klinikaufenthalt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) in der Regel für sieben Tage ausstellen. „Mit diesen Zeiträumen setzen wir auch auf die Compliance des Patienten nach einem Klinikaufenthalt“, erklärte der G-BA-Vorsitzende, Prof. Josef Hecken. Die Patientenvertreter im G-BA hätten sich jeweils längere Fristen gewünscht. „Krankenhausärzte dürfen künftig alles verordnen, was nicht individuell angepasst werden muss“, so Hecken. Hintergrund der Beschlüsse des G-BA zum Entlassmanagement ist das Versorgungsstärkungsgesetz, dem zufolge die Krankenhäuser im Rahmen der Entlassung auch ambulante Leistungen verordnen können sollten.

Konflikte unter G-BA-Vertretern

Bei einem weiteren Thema der Beratungen lagen die Meinungen der Verhandlungspartner weit auseinander. Mit dem im Juli 2015 in Kraft getretenen Versorgungsstärkungsgesetz mussten in der ASV Konkretisierungen bei den schweren Verlaufsformen von onkologischen und rheumatologischen Erkrankungen vorgenommen werden. Mit dem Gesetz wurde die Eingrenzung der ASV auf schwere Verlaufsformen beendet. „Die Aufhebung der Eingrenzung auf die schweren Verlaufsformen hat unter anderem Auswirkungen auf die Festlegung der Überweisungsdauer, die Höhe der Mindestmengen und die Definition des Behandlungsumfangs“, erklärte Dr. med. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied und Vorsitzende des Unterausschuss ASV. „Außerdem haben wir beschlossen, dass zukünftig auch niedergelassene Spezialisten an der ASV teilnehmen können, die ihre besondere Qualifikation über eine Zulassung ihrer Kassenärztlichen Vereinigung erhalten haben.“ Da die Beratungen nur schleppend verliefen, konnten bislang nur Beschlüsse zur Onkologie gefasst werden. Rheumatische Erkrankungen seien nun wieder in die Beratungen aufgenommen worden, kündigte Klakow-Franck an.

Im G-BA konnten die Vorlagen nur unter zähem Ringen beschlossen werden. Wulf-Dietrich Leber vom GKV-Spitzenverband sagte, „die Sitzung zeigt, wie quälend gemeinsame Selbstverwaltung sein kann“. Auch in der anschließenden Pressekonferenz hatte sich die Stimmung nicht entspannt. „Wir haben die Chance zu einem niedrigschwelligen Zugang für Patienten nicht genutzt. Das kann ich nur mit Kopfschütteln nachvollziehen“, erklärte Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Die ASV sei als ambulante Leistung in Kliniken gestartet. Mit dem Einbeziehen der niedergelassenen Ärzte in die ASV sei alles nur komplizierter geworden, so Baum. Er kündigte an, dass sein politisches Bestreben für 2016 sei, die Gesundheitspolitiker zum Eingreifen bei den ambulanten Leistungen im Krankenhaus zu bewegen.

Dagegen verwies KBV-Chef Dr. med. Andreas Gassen darauf, dass die ASV keine Klinikbehandlungsrichtlinie sei. „Auch niedergelassene Fachärzte müssen mit in die Versorgung einbezogen werden.“ G-BA-Vorsitzender Hecken stellte klar: „Die ASV wird nicht zur Regelversorgung. Mit der Nachsorge von relativ banalen Tumoren muss kein Patient ins Krankenhaus“, so Hecken.

Rebecca Beerheide

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