ArchivDeutsches Ärzteblatt4/2016Deutscher Ärztetag: Grünes Licht für GOÄ-Novelle

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Deutscher Ärztetag: Grünes Licht für GOÄ-Novelle

Maibach-Nagel, Egbert

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Egbert Maibach-Nagel, Chefredakteur
Egbert Maibach-Nagel, Chefredakteur

Auf dem Neujahrsempfang der Deutschen Ärzteschaft hatte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) es noch einmal bestätigt: Er werde die neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) noch in dieser Legislaturperiode vorantreiben, vorausgesetzt, die Ärzteschaft bringe „den Zug nicht kurz vor dem Zielbahnhof zum Entgleisen“. Der Minister steht im Wort: Am vergangenen Samstag hat der Außerordentliche Deutsche Ärztetag in Berlin den Leitantrag des Vorstandes der Bundesärztekammer (BÄK) für die neue GOÄ mit großer Mehrheit beschlossen. Dass dieser Rückendeckung für die BÄK intensive Diskussionen vorausgingen, dass die ablehnende Minderheit nach Beschluss betonte, sie werde den weiteren Verlauf der Verhandlungen kritisch verfolgen, gehört dazu. Es ist Teil des Gepäcks, das der GOÄ-Ausschuss schultern muss.

Hinzu kommen die im Leitantrag selbst auferlegten Voraussetzungen, darunter ausgewogene Preise, nicht unterschreitbare Gebührensätze (abgesehen von gerechtfertigten Ausnahmen) oder eine weiterhin mögliche Analogabrechnung noch nicht abgebildeter innovativer Leistungen. Dazu gehören auch künftig mögliche Wege für abweichende Honorarvereinbarungen, die Berücksichtigung der Gehalts- und Kostenentwicklungen einschließlich Inflationsausgleich bei der Festlegung der Euro-Preise der neuen GOÄ sowie deren fortlaufende Überprüfung und Anpassung im fairen Interessenausgleich. Und nicht zuletzt die Zusage, innerhalb des geplanten dreijährigen Monitorings nach Inkraftsetzung etwaige Inkongruenzen hinsichtlich Abrechnungsbestimmungen, Legenden und Bewertungen – unter Anhörung der ärztlichen Verbände und Fachgesellschaften – zu beheben. An diesen Vorgaben müssen sich die Verhandlungsführer messen lassen.

Den Vorwurf mangelnder Transparenz haben die Verhandelnden auf dem Ärztetag noch einmal ausdrücklich auf sich genommen, wenn auch mit Hinweis auf die ministeriell verordnete Schweigepflicht. Geboten wurde also ein ausführlicher Bericht zum Stand der Verhandlungen. Bis auf den vom Ministerium strikt abgelehnten vollen Inflationsausgleich der vergangenen 30 Jahre seien sämtliche aus Beschlüssen des Ärztetages resultierenden Aufträge umgesetzt worden oder auf gutem Weg. Mit Verweis auf die nach Präsentation eines eigenen BÄK-Vorschlags für die GOÄ-Novelle erfolgte Auflage des Ministeriums, einen mit PKV und Beihilfe abgestimmten Kompromiss vorzulegen, erinnerten die Verhandlungsführer aber auch daran, wer Herr des Verfahrens ist und bleibt: das BMG als Verordnungsgeber.

Der Bericht des GOÄ-Beauftragten sollte die Delegierten befähigen, sich ein Bild vom Verhandlungsstand zu machen. Dass relevante Teile aktuell noch fehlen – wie die noch nicht ausgehandelte Bepreisung oder die Ausweisung sämtlicher Gebührenpositionen – ist der Sache geschuldet. Den Skeptikern hat der ausführliche Bericht deshalb ihre Vorbehalte nicht nehmen können. Und die Interpretation, dass beispielsweise die künftige Gemeinsame Kommission aus Ärzten, PKV und Beihilfe eine Gefahr für die Freiberuflichkeit darstelle, dass der derzeitige GOÄ-Entwurf ein Schritt zur „EBMisierung“ sei, wurde von vielen Gegnern auch von diesem Ärztetag wieder mitgenommen.

Für das weitere Vorgehen kommt der frisch gewonnene Rückhalt dennoch hoffentlich „just in time“. Die anstehenden Wahlen werden die Handlungsfreiheit einschränken. Jetzt ist das Ministerium am Zug.

Egbert Maibach-Nagel
Chefredakteur

Kommentare

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Avatar #106067
dr.med.thomas.g.schaetzler
am Samstag, 30. Januar 2016, 14:21

Eigentlich ein guter Kommentar!

Doch die Kunst besteht auch im Weglassen. Denn der außerordentliche Deutsche Ärztetag wurde dominiert vom Marburger Bund, dem Interessenverband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands. Diese Kollegen haben weder mit der GOÄalt noch mit der GOÄneu viel zu tun. Es sei denn, sie sind selbst liquidationsberechtigte, leitende Ärzte. In der Mehrheit sind sie selbst zwar in der PKV privat krankenversichert, aber nur als PKV-Kunden und nicht als Rechnungs-Ersteller. Sie haben von daher eher Interesse an niedrigen GOÄ-Preisen bzw. ihren Versicherungsprämien.

Wirtschaftlich handfeste Interessen an der GOÄneu haben in erster Linie die Haus -, Fach - und Spezial-Ärzte mit unternehmerischem Risiko.

Doch da beginnt die Sache mit dem Marburger Bund (MB) zu haken. Facharzt-Verbände stellten zu Recht die Unabhängigkeit der GOÄ-Verhandler auf der Ärzteseite wegen ihrer Beratertätigkeiten im Ärztebeirat der Allianz Privaten Krankenversicherungs-AG in Frage. Die Ärztevertreter befänden sich in einem Interessenkonflikt, zumal die GOÄ-Verhandlungsführerin Birgit König auf Seiten der PKV auch die Vorsitzende der Allianz Privaten Krankenversicherungs-AG sei.

BÄK-Präsident Montgomery sei laut Geschäftsbericht 2014 des Versicherungskonzerns Vorsitzender im Ärztebeirat der Allianz AG. Der Ärztebeirat tage jährlich, so die Auskunft der Allianz Deutschland AG. „Der Ärztebeirat ist ein beratendes Gremium zu Fragen und Trends im Gesundheitssystem“, beschreibt es Alexandra Kusitzky von der Allianz-Unternehmenskommunikation.

Auch der Präsidenten der Ärztekammer Nordrhein, CDU-MdB Rudolf Henke, und MB-Vorsitzender sei im Allianz-Ärztegremium Mitglied. Das sollte auch den gutmütigsten Niedergelassenen zu Denken geben.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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