ArchivDeutsches Ärzteblatt4/2016Ausserordentlicher Deutscher Ärztetag: Rückendeckung für den Bundesvorstand

POLITIK

Ausserordentlicher Deutscher Ärztetag: Rückendeckung für den Bundesvorstand

Beerheide, Rebecca; Maibach-Nagel, Egbert

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Auf dem Außerordentlichen Ärztetag in Berlin hat sich der Vorstand der Bundesärztekammer mit seinem Leitantrag zur Umsetzung einer neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit großer Mehrheit durchsetzen können.

Fotos: Georg J. Lopata
Fotos: Georg J. Lopata

Eine Angleichung von GOÄ und EBM, die darf es nicht geben“ – dieser Gedanke einte wohl alle 250 Abgeordneten des Außerordentlichen Ärztetages am 23. Januar in Berlin. Der erste, der ihn vor dem Plenum an dem schnee-verregneten Samstag in einem Berliner Kongresshotel aussprach, war Dr. med. Andreas Gassen, als Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung der einzige offizielle Grußwort-Geber an diesem Tag.

Dass der Verband der Privaten Krankenversicherer (PKV) in der Verhandlungszeit diesen Versuch der „EBMisierung“ schon hinter sich habe, machte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, in seinem einführenden Vortrag zum einzigen Thema dieses Ärzte-tages deutlich. Schon 2010 hätten die Privatversicherer auf der Basis des EBM einen Gegenentwurf zum ebenfalls allein erarbeiteten Vorschlag der BÄK vorgelegt. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) forderte damals zu Konsens-Verhandlungen zwischen BÄK, PKV und Beihilfe auf. Diese begannen 2012 und mündeten 2013 in einer konsentierten Rahmenvereinbarung. Der weitere Verlauf der im März 2015 aufgenommenen Verhandlungen ist im Deutschen Ärzteblatt dokumentiert, (zuletzt in „GOÄ-Novelle: Aktueller Sachstand“, Dr. med. Bernhard Rochell et al, Ausgabe 51/52, 2015). Montgomery betonte das Vertraulichkeitsgebot des BMG zu den Verhandlungen, räumte aber ein: „Ja, wir hätten mehr informieren müssen.“ Man habe gegen das Verschwiegenheitsgebot im Laufe der Verhandlungen immer wieder – ohne Erfolg – protestiert. „Solche Verhandlungen werden in einem engen Vertrauensverhältnis geführt, nicht in einer großen Gruppe“. Allerdings habe das Ministerium zugesichert, nach Ende der Verhandlungen hinter verschlossenen Türen alle Verbände – Ärzte wie Versicherungen – dazu noch einmal in einem Anhörungsverfahren zu Wort kommen zu lassen.

Ausdrücklich trat der BÄK-Präsident Behauptungen entgegen, die sich im Laufe der politischen Diskussion im Vorfeld des Ärztetages ergeben hatten. Falsch sei die Darstellung der Kritiker, die GOÄ sei ausschließlich Sache des freien Berufs und dieser bestimme die Korridore der Honorierungen: „Der Gesetzgeber hat sich die Gebührenordnungshoheit vorbehalten.“ Gleiches gelte für die immer wieder behauptete Möglichkeit des Gebührendumpings oder einer Öffnungsklausel. Beide seien nicht Teil des aktuellen GOÄ-Kompromisses.

Anders als immer wieder behauptet sehe der gemeinsame Entwurf sowohl Steigerungsmöglichkeiten als auch weiterhin abweichende Honorarvereinbarungen vor. Dass die vorgesehene Einführung einer Gemeinsamen Kommission (GeKo) „eine verkappte Selbstverwaltungslösung mit Budgetierung“ sei, Analogziffern abgeschafft würden und keine Fortentwicklung der GOÄ vorgesehen wäre, gehöre ebenfalls zu den mehrfach aufgestellten Falschbehauptungen. Für eine Kommission wie die GeKo hätten die Abgeordneten bereits 2011 beim Ärztetag in Kiel votiert. „Vielleicht haben wir damals etwas nicht richtig gesehen“, werden die Kritiker der GeKo später in der Debatte zugeben.

Für riskant hält der BÄK-Präsident, die GOÄ-Novellierung öffentlich abzulehnen, weil genau das eine Verweigerung der SPD-geführten Bundesländer im Bundesrat herbeiführen könne und damit die „Jahrhundertchance auf eine selbstbestimmte Novelle der GOÄ“ gefährde. Sein Appell an die Delegierten: Gerade der ärztliche Nachwuchs brauche eine neue, rechtssichere GOÄ.

Beschlüsse sind umgesetzt

Untermauert wurden Montgomerys Aussagen durch den GOÄ-Verhandlungsbeauftragten Dr. med. Bernhard Rochell. Er hat die Zielvorgaben, die auf Beschlüssen des Deutschen Ärztetages basieren, auf ihren aktuellen Erfüllungsstand geprüft. Das Ergebnis: Von den insgesamt 19 wesentlichen Beschlüssen seien nach derzeitigem Stand 16 im Sinne der Vorgaben erfolgreich umgesetzt. Abgelehnt wurde – und zwar durch das Bundesgesundheitsministerium im Jahr 2013 – allein die Forderung des vollen Inflationsausgleichs durch eine Erhöhung des GOÄ-Punktwertes. Zwei weitere Maßgaben, die Forderung nach Transparenz und die nach Beibehaltung des Steigerungsfaktors, seien nicht im vollen Sinne der Vorgaben durchsetzbar gewesen. Rochells Rechnung: 16 Mal steht die Ampel auf grün, zwei Mal auf gelb und einmal auf rot.

Die Ergebnisse seien, so Rochell, zwischen BÄK, PKV und Beihilfe konsentiert und damit nutzbar, vorbehaltlich der Annahme und Umsetzung des Kompromisses durch BMG, Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat. Rochells vorläufiges Fazit: „Nach 20 Jahren Vertröstung ist das Ziel zum Greifen nah, leider nicht als Wunschprogramm, aber als ausgewogener Kompromiss mit Chancen.“ Und er erinnerte an die Notwendigkeit, die Verhandlungen zu Ende zu führen: „Jedes Detail der Verhandlungen gilt erst und nur dann, wenn alles zwischen den Verhandlungspartnern konsentiert ist.“

Systematische GOÄ-Eingriffe?

Eine ganz andere Einschätzung zur GOÄ-Novellierung bot im Anschluss Dr. med. Elmar Wille, Vizepräsident der Ärztekammer Berlin. Für ihn stellt die von der BÄK geplante Änderung der Bundesärzteordnung in Paragraf 11, derdie künftige GeKo beschreibt, einen Eingriff in die Freiheit des ärztlichen Berufs dar: „Die von der BÄK und der PKV vorgeschlagenen Änderungen der Bundesärzteordnung (...) ermöglichen systematische Eingriffe in die GOÄ und das privatärztliche Behandlungsverhältnis.“ Mit der im Entwurf konsentierten GeKo regierten künftig PKV und Beihilfe „mit dem Gesetz im Rücken in die ärztliche Berufsausübung hinein“. Die GeKo entscheide mit ihren verbindlichen Empfehlungen zur Analogabrechnung zukünftig faktisch über die Einführung neuer Behandlungs- und Untersuchungsmethoden im privatärztlichen Bereich, sagte Wille. In ähnlicher Weise werde die GeKo in Zukunft bei ihren Empfehlungen zur Steigerung des Gebührensatzes agieren. Gleiches gelte für abweichende Vereinbarungen durch die Schaffung der Negativliste. Wille warnte, dass die GOÄ-Novelle die Ausgaben bei PKV und Beihilfe begrenzen soll, die GeKo die Flexibilität der Leistungsbewertungen abschafft, sodass Ärztinnen und Ärzte für die Morbiditätsentwicklung und steigende Lebenserwartung zahlen. Er sieht in der neuen GOÄ ein „Steuerungs- und Planungsinstrument“, das der Privatversicherungswirtschaft „einen bisher nie dagewesenen Einfluss auf die Honorarentwicklung und auf das Arzt-Patienten-Verhältnis ermöglicht.“

Emotionale Debatte, inhaltlicher Schlagabtausch: BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery, Theodor Windhorst als Vorsitzender der BÄK-Verhandlungskommission, Kritiker Elmar Wille sowie GOÄ-Experte Bernhard Rochell (von oben nach unten).
Emotionale Debatte, inhaltlicher Schlagabtausch: BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery, Theodor Windhorst als Vorsitzender der BÄK-Verhandlungskommission, Kritiker Elmar Wille sowie GOÄ-Experte Bernhard Rochell (von oben nach unten).

GeKo ist keine Drohkulisse

Eine Meinung, die der Vorsitzende des Aussschusses Gebührenordnung der GOÄ und Präsident der Landesärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. med. Theodor Windhorst, entschieden zurückwies: Die über die Änderung der Bundesärzteordnung per Gesetz eingerichtete GeKo gewähre anders als der bisherige Zentrale Konsultationsausschuss erstmals „die stabile Basis, Gesetzlichkeit in Anspruch zu nehmen“. Zudem könne „alles Anti-Ärztliche“ durch die vorausgesetzte Bindung an Einstimmigkeit sofort gestoppt werden. Denn: Jedes der acht Mitglieder, vier Ärzte sowie jeweils zwei Vertreter der PKV und der Beihilfe, habe ein Veto-Recht, Beschlüsse könnten nur einstimmig gefasst und dem BMG vorgelegt werden. Die gesetzlich verankerte GeKo schaffe – anders als der Zentrale Konsultationsausschuss – „Stabilität gegenüber der PKV“. Windhorst: „Ich sehe das als Katalysator, unsere Vorstellungen einbringen zu können.“ Windhorst zu den Vorwürfen der Kritiker: „Das Geschäftsmodell der PKV geht uns gar nichts an. Wir sind die Versorger der Patienten. Das kann kein anderer.“ Sinn der GeKo sei, „heute vorschlagen zu können, was die GOÄ in Zukunft bringen könnte“. Die GeKo sei nicht Drohkulisse, sondern eine „Systematik, die Patienten und Ärzte stütze.“

Emotionale Debatte

In der anschließenden Debatte, in der sich die Abgeordneten von Beginn an selbst eine Redezeit von zwei Minuten vorschrieben, wurde kontrovers und emotional diskutiert. Einige Redner forderten den absoluten Stopp der Verhandlungen, andere Korrekturen an der GeKo oder Korrekturen in Einzelfällen. Die Mehrheit forderte die Stärkung der aktuellen Verhandlungsführer. Es wurde vor Sündenfällen gewarnt, auf Kröten hingewiesen, die in den Verhandlungen eben geschluckt werden müssten. Andere Abgeordnete lobten die Verhandlungsführer für das „fulminante“ Ergebnis. Ausreichende Emotionalität und Stimmung in der Kongresshalle schafften auch zahlreiche Gäste, die die jeweiligen Redebeiträge mit Klatschen, Zwischenrufen oder „Buhs“ bedachten. Einige machten ihrem Ärger über den Stand der Novelle auf Plakaten Luft.

Viele Abgeordnete mahnten die innerärztlichen Kritiker zur Besonnenheit: „Wir müssen uns einigen, mit Partnern, nicht mit Gegnern“, hieß es von einem Abgeordneten aus der Kammer Westfalen-Lippe. Da noch wenige Details bekannt seien, sei noch vieles in den Verhandlungen möglich, sofern die Verhandler jetzt gestärkt würden. „Das sind doch in der Mehrzahl gute Ergebnisse“, ergänzte ein Kammerkollege.

Freiheit des Berufs in Gefahr?

Viele Abgeordnete artikulierten ihre Sorge, die Freiberuflichkeit könne in Gefahr geraten, wenn im Zuge der Novellierung auch der Paragraf 11 der Bundesärzteordnung geändert werde. Dort werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für die GOÄ sowie die der künftigen GeKo festgelegt. „Für mich speist sich die Freude am Beruf aus dem Grundgesetz und nicht aus der GOÄ“, erklärte Dr. med. Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des Marburger Bundes. Dr. med. Wolfgang Wesiack, Präsident des Berufsverbandes Deutscher Internisten, der als Nicht-Abgeordneter das Rederecht zugesprochen bekam und die Meinung der Allianz Deutscher Ärzteverbände artikulierte, warnte vor einem heftigen ordnungspolitischen Eingriff: Die künftige GeKo sei in seinen Augen „ein Sündenfall statt einer Kröte.“ Damit käme die GOÄ der GKV-Welt zu nah, so Wesiack.

Auch Hausärzte-Chef Ulrich Weigeldt sprach sich in den zwei Minuten Redezeit, die die Abgeordneten auch ihm zugestanden hatten, gegen die GeKo aus und warb für ein starkes hausärztliches GOÄ-Leistungskapitel.

Nach rund zweistündiger Debatte warteten noch mindestens 30 Abgeordnete darauf, vor dem Plenum des Außerordentlichen Ärztetages sprechen zu können und ihren Standpunkt zu verteidigen. Doch die Argumente waren ausgetauscht – der Geschäftsordnungsantrag für ein Ende der Debatte ließ nicht lange auf sich warten. In kürzester Zeit wollten die Delegierten über 41 bis dahin bekannte Anträge zum Leitantrag des Vorstandes ihr Votum abgeben.

Zwei Anträge, die den Abbruch der bisherigen Verhandlungen bedeutet hätten, wurden abgelehnt oder deutlich verändert zurückgezogen. Andere, die die Unterbrechung der laufenden Verhandlungen zur Folge gehabt hätten, an den Ausschuss Gebührenordnung der BÄK überwiesen – „ein Vertrauensbeweis“, wie es BÄK-Präsident Montgomery später in einer Mitteilung beschrieb. Dem Leitantrag des BÄK-Vorstandes stimmte schließlich eine „sehr große Mehrheit“ zu (siehe unten).

Enger Zeitplan

Den Unterhändlern der BÄK hat der beschlossene Leitantrag nun mehr Luft verschafft – doch der weitere Zeitplan ist eng getaktet: Noch in dieser Woche gibt es ein Expertengespräch mit den Mitgliedern im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages, die Verhandlungen mit der PKV, der Beihuilfe und dem BMG gehen eng getaktet weiter. Spätestens bis zum 119. Deutschen Ärztetag in Hamburg im Mai sollten erste Ergebnisse vorliegen. Irgendwann in dem laufenden Prozess wird es seitens des Bundesgesundheitsministeriums eine Anhörung der Ärzte- und PKV-Verbände geben. Bis zum 1. Oktober – so sieht es der Zeitplan vor – muss das Gesamtpaket vom BMG abgesegnet werden. Bis zu dem Zeitpunkt müssen beide Bundestagsfraktionen der großen Koalition sowie der Bundesrat dem Paket zugestimmt haben. Denn danach beginnt der Vor-Wahlkampf zur Bundestagswahl 2017.

Rebecca Beerheide,

Egbert Maibach-Nagel

Reaktionen

Kurz nach der Entscheidung des Außerordentlichen Deutschen Ärztetages kamen die ersten Reaktionen von ärztlichen Verbänden. Enttäuscht vom Votum des Ärztetages zeigten sich der Deutsche Hausärzteverband und die Allianz Deutscher Ärzteverbände (Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa), Hartmannbund, NAV-Virchow-Bund, BDI, MEDI-GENO und GFB). Das bisherige Verhandlungsergebnis „sei nicht akzeptabel“.

Für sie sind die Hauptkritikpunkte, die auch in der Ärztetagsdebatte immer wieder angesprochen wurden, die Einführung einer Gemeinsamen Kommission (GeKo) zur Weiterentwicklung der GOÄ und die Änderungen des Paragrafenteils der GOÄ sowie der Bundesärzteordnung. Die Verbände befürchten einen zu großen Einfluss der privaten Krankenversicherung als Mitglied der GeKo auf Entscheidungen, „die ausschließlich die Patienten sowie ihre behandelnden Ärzte betreffen.“ Zudem monierten sie, das ein eigenständiges hausärztliches Kapitel in der GOÄ vorerst verhindert worden sei. Die Verbände kündigten an, den Verhandlunsgprozess weiter kritisch begleiten wollen.

Der Marburger Bund kommentierte die Entscheidung des Deutschen Ärztetages als eindeutiges Votum großer Geschlossenheit, das „der Bundesärztekammer einen klaren Handlungsauftrag gegeben hat“. „Damit geht die Verhandlungsführung der Bundesärztekammer gestärkt in den weiteren Prozess der GOÄ-Novellierung“, sagte Rudolf Henke, 1. Vorsitzender des Marburger Bundes. Deutliche Kritik übte Henke an den Aussagen einzelner ärztlicher Verbände, die in ihrer Kritik darauf hingewiesen hatten, dass das Abstimmungsergebnis nur mit einer Mehrheit des Marburger Bundes zustande gekommen sei. Ein Großteil der Abgeordneten des Ärztetages sei aber ambulant tätig. „Man sollte nicht die Legitimität des Ärztetages infrage stellen, wenn man selbst eine schwächere Legitimation hat“, sagte Henke. mis

Entschließung: Novellierung der GOÄ

GOÄ-Novelle jetzt umsetzen: Moderne Medizin zu rechtssicheren und fairen Bedingungen für Patienten und Ärzte!

Der Deutsche Ärztetag fordert die Bundesregierung dringend auf, die nach der Maßgabe der unten aufgeführten Voraussetzungen gestaltete Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) entsprechend dem zwischen der Bundesärztekammer und dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV-Verband) sowie den für das Beihilferecht zuständigen obersten Bundes- und Landesbehörden (Beihilfe) ausgehandelten Kompromissvorschlag zum nächstmöglichen Zeitpunkt innerhalb der noch laufenden Legislaturperiode in Kraft zu setzen.

Der Vorstand der Bundesärztekammer wird damit beauftragt, unter Beratung durch den Ausschuss „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer die Gesetzesinitiative zur Anpassung der Bundesärzteordnung (BÄO) und den Entwurf der neuen GOÄ abschließend zu prüfen und gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) freizugeben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Die neue GOÄ erfüllt weiterhin eine doppelte Schutzfunktion für Patienten und Ärzte: Durch das Festlegen ausgewogener Preise werden die Patienten vor finanzieller Überforderung geschützt und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet.

2. Durch das Festlegen nicht unterschreitbarer Gebührensätze unter Berücksichtigung gerechtfertigter Ausnahmefälle werden die notwendigen Voraussetzungen einer menschlichen und qualitativ hochwertigen Patientenversorgung gewährleistet.

3. Das Gebührenverzeichnis der neuen GOÄ entspricht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft. Darin noch nicht abgebildete innovative Leistungen können wie bisher ohne Verzögerung durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte erbracht und analog mittels gleichwertiger vorhandener Gebührenpositionen abgerechnet werden.

4. Abweichende Honorarvereinbarungen sind weiterhin möglich.

5. Gehalts- und Kostenentwicklungen einschließlich des Inflationsausgleichs sind bei der Festlegung der Euro-Preise der Gebührenpositionen der neuen GOÄ und deren künftig fortlaufender Überprüfung und Anpassung in einem fairen Interessenausgleich mit den nach § 11 BÄO „zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten“ zu berücksichtigen. Die Festlegung und Weiterentwicklung der Euro-Preise der neuen GOÄ soll unter Erhalt ihrer Doppelschutzfunktion auch im Vergleich mit der Anpassungshöhe und den Anpassungsintervallen anderer Gebührenordnungen freier Berufe angemessen sein.

6. Die Bundesärztekammer verständigt sich mit dem BMG, dem PKV-Verband und der Beihilfe darauf, während der geplanten 36-monatigen Monitoringphase im Anschluss an die Inkraftsetzung der neuen GOÄ eventuelle Inkongruenzen hinsichtlich der Abrechnungsbestimmungen, der Legenden und Bewertungen der Gebührenpositionen unter Anhörung der ärztlichen Verbände und Fachgesellschaften zu identifizieren und zu beheben. Die Praktikabilität und die Angemessenheit der neuen Steigerungssystematik werden überprüft und dabei festgestellte Mängel behoben. Die Ergebnisse der Prüfungen und die daraufhin ergriffenen Maßnahmen werden durch die Bundesärztekammer fortlaufend veröffentlicht.

Die Ärzteschaft erwartet jetzt, dass die Politik ihre Zusagen einhält. Die dringend notwendige GOÄ-Novelle darf nicht dem beginnenden Bundestagswahlkampf geopfert werden!

Der Deutsche Ärztetag hat die Entschließungen mit großer Mehrheit angenommen.

@Das Beschlussprotokoll des Außerordentlichen Deutschen Ärztetages im Internet: http://d.aerzteblatt.de/ZF86

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