BRIEFE
Ionisierende Strahlen: Eine Überraschung


In seinem Kommentar zu Gefahren durch ionisierende Strahlung stellt Dr. Rosen fest: „Eine 2013 im British Medical Journal veröffentlichte Analyse von über zehn Millionen Patientendaten zeigte eine Erhöhung des individuellen Krebsrisikos durch eine einzige Computertomografie (CT) um circa 24 Prozent.“
Diese Zahl erinnert sehr an die kürzliche WHO-Aussage, dass der Genuss von 50 Gramm verarbeitetem Fleisch pro Tag oder von 100 Gramm rotem Fleisch pro Tag das Darmkrebsrisiko um 18 Prozent beziehungsweise um 17 Prozent erhöhen würde. Hat man sich aber dann mit der Originalliteratur beschäftigt, beträgt die Erhöhung des absoluten Risikos nur 0,43 Prozent!
Das konzentrierte Lesen des von Dr. Rosen zitierten BMJ-Artikels (doi: 10.1136/bmj.f2360) bringt eine Überraschung: Die 24 Prozent Erhöhung des Krebsrisikos schrumpfen auf 0,09 Prozent! Mir ist natürlich klar, dass man nur mit Horrormeldungen auf der Basis relativer Risikoerhöhungen (zum Beispiel 24 Prozent, 18 Prozent, 17 Prozent) mediale Aufmerksamkeit erregt. Wer hielte denn auch schon absolute Risikoerhöhungen von 0,43 Prozent oder 0,09 Prozent für erwähnenswert?
Publizierende Mediziner sollten sich aber auch in der Verantwortung fühlen und die Leser richtig informieren! Relative Risiken sind nun einmal Prozentzahlen von Prozentzahlen (hier: 0,09 Prozent von 0,37 Prozent = 24 Prozent), die aber ohne Kontextinformationen völlig wertlos sind und in die Irre führen. Das hat aber überhaupt nichts damit zu tun, dass man ionisierende Strahlung möglichst restriktiv anwenden soll.
Prof. Dr. med. Frank P. Meyer, 39164 Wanzleben-Börde