ArchivDeutsches Ärzteblatt12/2016Ambulante Versorgung: Ein schiefes Bild
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Das zitierte Gutachten des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbökonomie
(DICE), welches vom Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen in Deutschland (BNHO) in Auftrag gegeben worden ist, beschreibt das Interesse großer Krankenhäuser, auch Unikliniken, sich an der ambulanten Versorgung von onkologischen Patienten zu beteiligen. Den Krankenhäusern wird unterstellt, dass es ihnen ausschließlich „um Steuerung der Patientenströme“ ginge und dass „das Versorgungsinteresse sowie das Arzt-Patienten-Verhältnis dabei oft nicht im Mittelpunkt“ stünde. Wie man diese „Ausschließlichkeit“ in einem Gutachten beziehungsweise einer Studie erfassen kann, dürfte das Geheimnis der Autoren sein. Jedenfalls entsteht hier ein schiefes Bild, als ob die Krankenhäuser nur materielle Interessen hätten, während niedergelassene Onkologen sich lediglich um das Wohl onkologischer Patienten kümmern würden. Diese plakative Betrachtungsweise ist zweifellos falsch, denn sowohl Krankenhäuser und als auch Niedergelassene müssen kalkulieren, und daran ist nichts auszusetzen. Ein wichtiger Aspekt scheint nicht Bestandteil des DICE-Gutachtens gewesen zu sein, nämlich die Weiterbildung von Assistenzärzten. Bei einer eigenen Umfrage in 20 onkologischen Großpraxen haben wir vor einiger Zeit feststellen müssen, dass in keiner der Praxen Weiterbildung stattfindet, sondern dort ausschließlich Fachärzte für Onkologie tätig sind. Währenddessen werden in allen onkologischen Ambulanzen der Unikliniken Ärzte weitergebildet. Weiterbildung bedeutet, dass in den onkologischen Ambulanzen mehr ärztliches Personal tätig ist, nämlich Fach- und Assistenzärzte. Im Vergleich zu Facharztpraxen sind dementsprechend die Personalkosten der onkologischen Ambulanzen deutlich höher, ohne dass diese in der GOÄ oder den DRGs berücksichtigt wären. Ohne Weiterbildung gibt es aber bald keine Ärzte, die später in onkologischen Praxen arbeiten können. Damit stellen onkologische Ambulanzen der Unikliniken eine Notwendigkeit und eine sinnvolle Ergänzung und keine ausschließliche Konkurrenz für niedergelassene Ärzte dar.

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Serban-Dan Costa, Direktor der
Universitäts-Frauenklinik, Otto-von-Guericke-Universität, 39108 Magdeburg

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