ArchivDeutsches Ärzteblatt14/2016Heil- und Hilfsmittel: Kassen sollen sich besser kümmern

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Heil- und Hilfsmittel: Kassen sollen sich besser kümmern

Beerheide, Rebecca

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Der GKV-Spitzenverband hat für aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel im sogenannten Hilfsmittelverzeichnis neue Qualitätsanforderungen formuliert. Der Patientenbeauftragte Karl-Josef Laumann kritisiert die lange Untätigkeit der Kassen.

Angemessene Qualität: Dafür sollen künftig die Krankenkassen Sorge tragen. Foto: dpa
Angemessene Qualität: Dafür sollen künftig die Krankenkassen Sorge tragen. Foto: dpa

Wenn sich Karl-Josef Laumann (CDU) über Beteiligte im Gesundheitswesen ärgert, kann er schon einmal zu deutlichen Worten greifen: „Der GKV-Spitzenverband war in der Vergangenheit nicht besonders fleißig bei der Überarbeitung des Registers für Hilfsmittel. Es ist unvorstellbar, dass es 23 Jahre lang nicht angepasst wurde“, sagte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung bei einer Veranstaltung des Bundesverbandes Medizintechnologie Mitte März in Berlin. Hintergrund sind Überlegungen im Bundesgesundheitsministerium, die aktuelle Hilfsmittelrichtlinie gesetzlich anzupassen. Konkret geht es darum, Hilfsmittel wie Inkontinenzprodukte, Pflegebetten oder Rollatoren künftig besser auf ihre Qualität zu überprüfen. Denn oft erlebten Patienten, die diese Produkte verordnet bekommen, im Alltag keine praktikablen Lösungen, hieß es.

Auf eine mögliche Anpassung bei der Hilfsmittelrichtlinie hatten sich die Koalitionäre aus Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vor rund zweieinhalb Jahren nicht verständigt. Ein Gesetz soll es bis spätestens Ende 2016 geben. Dieses Thema sei an die Koalition auf vielen anderen Wegen herangetragen worden, erklärte Martina Stamm-Fibich, Sprecherin für Heil- und Hilfsmittel in der SPD-Fraktion. Stamm-Fibich ist auch Mitglied im Petitionsausschuss des Bundestages. „Dort wurden immer wieder Hinweise aus der Bevölkerung eingereicht, dass die Versorgung beispielsweise mit Windeln nicht funktioniert und Kassen Produkte mit höherer Qualität verweigern“, sagte Stamm-Fibich bei einer Veranstaltung der Schwenninger Krankenkasse Mitte März in Berlin.

Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, hielt dagegen: „Bei Inkontinenzprodukten haben wir das Register durchforstet, rund 600 von den gelisteten 2 200 Produkten werden in den kommenden Monaten ausgemustert.“ Kiefer appellierte auch an die 118 gesetzlichen Krankenkassen, die sein Verband vertritt: „Es muss die Kassen interessieren, was ein Anbieter nach der Produktausschreibung macht und wie er mit den Kunden umgeht.“ Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes werden etwa 1,5 Millionen gesetzlich Versicherte mit Inkontinenzhilfsmitteln versorgt. Daher fordert Kiefer, dass Kassen und Hersteller rasch ihre Versorgungsverträge überprüfen. Generell sei die anstehende Überprüfung und Neustrukturierung von 39 Produktgruppen für den GKV-Spitzenverband ein „großes Projekt“, für das im Jahr 2016 zusätzliches Geld in den Haushalt des Verbandes eingestellt wurde, berichtete Kiefer auf der öffentlichen Sitzung des Verwaltungsrates seines Verbands. Kiefer rechnet damit, dass die komplette Überprüfung etwa 24 Monate dauern werde.

Laumann deutete die zentralen Reformen an der Hilfsmittelrichtlinie an: So müsse es eine dynamische Anpassung der Produkte geben und eine angemessene Versorgungsqualität sichergestellt werden. „Ich erwarte hier von den Kassen auch eine Kundenorientierung. Und keine ständige Fokussierung auf den Wettbewerb zwischen den Kassen“, sagte Laumann. Ebenso müsse es mehr zuzahlungsfreie Hilfsmittel geben. Darüber hinaus forderte der Patientenbeauftragte, dass mehr Daten über die Lieferung, den Einsatz und die Qualität von Hilfsmitteln der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden müssten. Verärgert ist er weiterhin über das Verhalten der Kassen: „Kann es denn sein, dass in all den Fällen von Patienten, die einem zugetragen werden, so mit erwachsenen, mündigen Menschen umgegangen wird?“, fragte Laumann.

Rebecca Beerheide

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