ArchivDeutsches Ärzteblatt15/2016Korruption im Gesundheitswesen: Gesetz kurz vor Abschluss?

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Korruption im Gesundheitswesen: Gesetz kurz vor Abschluss?

Beerheide, Rebecca

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Rechtspolitiker der Großen Koalition haben sich auf ein Anti-Korruptionsgesetz geeinigt. SPD-Gesundheitspolitiker sind nicht zufrieden mit dem Kompromiss.

Geht alles nach Plan, haben die Mitglieder des Deutschen Bundestages in dieser Woche final über das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen abgestimmt. Damit wird in das Deutsche Strafgesetzbuch der § 299 a „Bestechlichkeit im Gesundheitswesen“ eingefügt. So droht demjenigen Geld- oder eine bis zu dreijährige Haftstrafe, der einem Angehörigen eines Heilberufes Vergünstigungen anbietet oder diese annimmt. Diese Konkretisierung war nötig geworden, da 2012 der Bundesgerichtshof urteilte, dass niedergelassene Ärzte keine Beauftragten der Krankenkassen seien und daher die vorhandenen Paragrafen zur Bekämpfung von Korruption in anderen Berufsgruppen nicht angewendet werden könnten.

Langer Diskussionsprozess

Das neue Anti-Korruptionsgesetz hat eine ungeplant lange parlamentarische Diskussion durchlaufen. Nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe werden darüber erneut die Mitglieder des Gesundheitsausschusses debattieren. Denn während sich die zuständigen Rechtspolitiker der großen Koalition nach mehreren Fachgesprächen auf eine Formulierung von möglichen Tatbestandsalternativen einigen konnten, sind vor allem die Gesundheitspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion unzufrieden mit dem kurz vor Ostern gefundenen Kompromiss. SPD-Fraktionsvize Prof. Dr. med. Karl Lauterbach sowie sein Parteifreund, der Vorsitzende des Gesundheitsauschusses, Edgar Franke, sehen mit dem Kompromiss vor allem die Patienten benachteiligt.

Streitpunkt ist, dass in der bisherigen Gesetzesformulierung das Strafrecht vor allem an das ärztliche Berufsrecht geknüpft worden wäre. So hätte es in § 299 a sowie 299 b geheißen, dass auch der bestraft werde, „wer seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze.“ Bei Ärzten sind die Landesärztekammern für das Berufsrecht zuständig, einige andere Heilberufe haben ein weitaus schwächeres eigenes Berufsrecht. Somit bestand die Gefahr, dass es bei der gleichen Handlung in verschiedenen Bundesländern zu unterschiedlichen Bewertungen kommen könnte, ob die Handlung unter das Anti-Korruptionsgesetz fällt oder nicht. „Ein solcher Flickenteppich hätte zur Rechtsunsicherheit geführt, das wolle ich unbedingt vermeiden“, erklärt Dr. jur. Jan-Marco Luczak, der zuständige Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertretender Vorsitzender des Rechtsausschusses. Mit der Einigung, diese zweite Tatbestandsalternative zu streichen, sei der Gesetzgeber auch verfassungsrechtlichen Zweifeln am Gesetz nachgekommen. „Die Streichung der zweiten Tatbestandsalternative führt nicht zu Strafbarkeitslücken“, so Luczak weiter.

Wettbewerb bleibt erhalten

Dies allerdings bestreiten SPD-Gesundheitspolitiker sowie Mitglieder der Oppositionsparteien. Ob sie als Mitglieder des für das Gesetz nicht-zuständigen Gesundheitsausschusses das Vorhaben noch stoppen können, ist fraglich. „Der Zweck des Gesetzes, das den fairen Wettbewerb sowie das Vertrauen der Patienten schützt, wird nicht geändert“, erklärt Luczak.

Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung sowie weitere Ärzteorganisationen hatten sich für ein solches Gesetz eingesetzt, sich aber gegen Verknüpfung von Berufs- und Strafrecht ausgesprochen. Auch war ärztlichen Vertretern wichtig, dass sinnvolle und sozialrechtlich gewünschte Kooperationen zwischen Ärzten, Kassen und Unternehmen in verschiedenen Vertragskonstellationen erhalten bleiben können. Vor allem verlangte die BÄK, dass es eine „Liste für die Kitteltasche“ geben müsste, wie es BÄK-Präsident Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery formulierte.

Rebecca Beerheide

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