POLITIK
Exzellenzinitiative: Leuchttürme fürs Land


Bund und Länder stehen kurz vor der Einigung über ein neues millionenschweres Förderprogramm für die deutsche Spitzenforschung.
Etwa zehn „Exzellenz-Universitäten“ sollen künftig als Leuchttürme der Forschung fungieren – so dringt es von den Hintergrundgesprächen zur Zukunft der 2017 auslaufenden Exzellenzinitiative nach außen. Die neue Bund-Länder-Vereinbarung zur Fortsetzung des Wettbewerbs – möglicherweise die wichtigste wissenschaftspolitische Entscheidung des Jahres – soll auf der Sitzung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) am 22. April beschlossen werden. Erkennen lässt sich aus den Diskussionen derzeit, dass es der Politik zum einen um die „Profilierung von Exzellenzstandorten als weltweit führende Zentren der Spitzenforschung mit internationaler Ausstrahlung und Anziehungskraft“ geht, wie es im GWK-Grundsatzbeschluss heißt. Zum anderen sollen regionale Kooperationen gefördert werden, wie beispielsweise die zwischen der Hochschulmedizin und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen.
Die Grundzüge stehen
Auf die Grundzüge des neuen milliardenschweren Förderprogramms für die Spitzenforschung haben sich die Vertreter von Bund und Ländern offensichtlich bereits geeinigt. Dem Vernehmen nach soll die dritte Runde der Exzellenzinitiative nach einer etwa zweijährigen Brückenfinanzierung im Jahr 2019 starten. Statt wie bisher drei soll es dann jedoch nur noch zwei Förderlinien geben, nämlich bis zu 50 Exzellenz-Cluster, für die 385 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stehen sollen und acht bis elf „Leuchtturm-Universitäten“, die etwa 140 Millionen Euro Förderung erhalten sollen. Zudem soll noch ein weiteres Förderprogramm aufgelegt werden – für kleine Universitäten und Fachhochschulen. Dies sickerte im Vorfeld des bevorstehenden GWK-Beschlusses durch. Ist dieser dann offiziell bestätigt, sollen Mitte Juni die Ministerpräsidenten der Länder sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) grünes Licht für das neue Forschungsförderprogramm geben – so der Zeitplan.
Auch wenn über Details noch verhandelt wird, ist bereits sicher, dass die Regierungskoalition und die Länder bis 2028 nochmals rund fünf Milliarden Euro für die Exzellenzförderung ausgeben wollen, und zwar wie bisher ungefähr im Verhältnis drei Viertel zu einen Viertel. Anlass für diese Absichtsbekundung waren die guten Bewertungen, die die beiden früheren Runden der Exzellenzinitiative erhalten haben, jüngst erst durch das Gutachten einer Internationalen Expertenkommission zur Evaluierung der Exzellenzinitiative unter Vorsitz des Schweizer Umweltphysikers Prof. Dr. Dieter Imboden.
Lob von Imboden-Kommission
Die Kommission hatten Bund und Länder bereits im September 2014 mit der Evaluation der Exzellenzinitiative und ihrer Auswirkungen auf das deutsche Wissenschaftssystem beauftragt. Nach gut einem Jahr Arbeit bewertete sie die Exzellenzinitiative im Januar dieses Jahres als „erfolgreiches Instrument zur Verbesserung der Qualität und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems“. Die Universitäten hätten auf internationaler Ebene an Reputation und Forschungsstärke gewonnen und seien für internationale Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher und für den Nachwuchs attraktiver geworden, heißt es in dem Imboden-Gutachten, in das auch der Datenbericht über alle drei bisherigen Förderlinien eingegangen ist, den die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Wissenschaftsrat im vergangenen Jahr vorgelegt hatten.
„Die Exzellenzinitiative hat der deutschen Wissenschaft neue Energie und Dynamik verliehen“, lobte die amtierende GWK-Vorsitzende Prof. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung, nach der Vorstellung des Imboden-Gutachtens. „Deutsche Spitzenforschung kann sich mit der Welt messen. Die Forschungsleistungen konnten gesteigert werden, vielfach haben sich Hochschulen strategisch neu aufgestellt und ihre Profile geschärft.“
Das positive Fazit seiner Kommission bekräftigte Imboden persönlich auch beim 66. Deutschen Hochschultag Anfang April in Berlin: „Die Exzellenzinitiative hat eine neue Dynamik in das deutsche Universitätssystem gebracht. Sie ist zu einem Symbol geworden für den Willen, die deutschen Universitäten international besser zu qualifizieren“, betonte er vor den deutschen Wissenschaftlern. Er empfahl, die Exzellenzinitiative „mindestens im selben Umfang“ fortzusetzen, also mit 500 Millionen Euro im Jahr. Die internationale Kommission schlägt auch vor, die Laufzeit aller Projekte der jetzt laufenden Exzellenzinitiative um zwei Jahre, also bis Ende 2019, zu verlängern. Diese Lösung würde der speziellen Situation jener Projekte Rechnung tragen, die erst in der zweiten Phase der Exzellenzinitiative begonnen wurden, heißt es im Gutachten.
Für die Zukunft empfiehlt die Kommission jedoch nur noch zwei statt bisher drei Förderlinien: eine für Exzellenzcluster, die offener als früher gestaltet werden sollen, um einer Benachteiligung einzelner Fächer oder kleinerer Universitäten entgegenzuwirken. Zudem plädiert sie für eine „Exzellenzprämie“, die an die Stelle der bisherigen „Zukunftskonzepte“ treten und für einen Zeitraum von sieben bis acht Jahren an die zehn besten Universitäten vergeben werden soll. Die Graduiertenschulen sollten hingegen als eigenständiges Programm nicht weitergeführt werden.
Der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes (DHV), Prof. Dr. jur. Bernhard Kempen, forderte beim Hochschultag Bund und Länder auf, sich bei der Neuausrichtung der Exzellenzinitiative an den Empfehlungen der Imboden-Kommission zu orientieren. „Der Bericht hat zu Recht viel Lob erhalten“, erklärte er. Insbesondere soll die Hochschulpolitik nach Auffassung des DHV nicht an einer Förderung von Zukunftskonzepten festhalten. Der Verband plädiert stattdessen für die von der Imboden-Kommission vorgeschlagene „Exzellenzprämie“, durch die das Schreiben „von endlosen Anträgen zum Selbstzweck“ vermieden werden könne. „Nicht Antragsprosa, sondern konkrete Leistungen müssen förderungsfähig gestellt werden“, betonte Kempen in Berlin. Der DHV-Präsident schlug ferner vor, denjenigen Universitäten, deren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in überproportionaler Weise an Exzellenzclustern beteiligt seien, die Graduierung „Exzellenzuniversität“ zuzusprechen.
Mangelnde Grundfinanzierung
Klar benannte der Deutsche Hochschultag in Berlin das „Kernübel der deutschen Wissenschaftspolitik“ aus seiner Sicht: die mangelnde Grundfinanzierung der Hochschulen. „Kooperationen mit außeruniversitären Einrichtungen auf Augenhöhe, bessere Betreuungsrelationen und verlässliche Perspektiven für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler setzen eine solide und bedarfsgerechte Grundfinanzierung voraus“, betonte Kempen. Mit der Reform des Art. 91 b des Grundgesetzes, der dem Bund zusätzliche Mitgestaltungsmöglichkeiten in der Hochschulpolitik eröffne, sowie mit den frei gewordenen Bafög-Mitteln stehe der Schlüssel zur Lösung dieser Probleme bereit. Kempen: „Es ist höchste Zeit, ihn nun auch endlich zu nutzen. Denn eine Schweinerei wird nicht besser, wenn sie sich wiederholt.“
Medizin setzt auf Cluster
Auch die Deutsche Hochschulmedizin begrüßt die Empfehlungen der Imboden-Kommission zur Exzellenzinitiative. Allerdings verdeutliche der Bericht, dass solche Initiativen die seit Jahren stagnierende Grundfinanzierung bei gleichzeitig steigenden Studierendenzahlen und allgemeinen Kosten niemals auch nur annähernd kompensieren könnten, betonte Prof. Dr. rer. nat. Heyo Kroemer, Präsident des Medizinischen Fakultätentages (MFT).
Grundsätzlich kommt der Hochschulmedizin jedoch die klare Empfehlung zur Fortführung und Weiterentwicklung der Exzellenzcluster entgegen. Dies sei im Sinne der interdisziplinär und auf vielfältige Kooperationen ausgerichteten medizinischen Forschung, erklärte sie angesichts der Absichtsbekundungen der Politik. Nachvollziehbar sei für sie auch die geforderte Beendigung einer eigenen Förderlinie für Graduiertenschulen. Es müsse dann aber sichergestellt werden, dass auch kleinere Standorte ihre wissenschaftlichen Ansätze verwirklichen könnten. Einer Exzellenzprämie nur für die zehn besten Universitäten stehen die medizinischen Fakultäten allerdings skeptisch gegenüber. Kroemer: „Für uns ist es von essenzieller Bedeutung, dass der gesamte Wettbewerb und die Entscheidungen wie schon bisher wissenschaftsgeleitet und durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft organisiert werden.“
Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
Die Exzellenzinitiative: Ein kurzer Blick zurück
Aufgelegt wurde die Exzellenzinitiative 2005, um den Wissenschaftsstandort Deutschland „nachhaltig zu stärken, seine internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessern und die universitäre Spitzenforschung sichtbarer machen“. Für dieses Ziel gaben bis 2012 Bund und Länder 1,9 Milliarden Euro aus. Im Jahr 2009 beschlossen sie, die Exzellenzinitiative um eine zweite Runde zu verlängern: Für diese bis Ende 2017 laufende Etappe stellten Bund und Länder nochmals 2,7 Milliarden Euro bereit, wobei drei Viertel der Mittel vom Bund und ein Viertel von den Ländern kommen. Mit ihnen werden derzeit drei Förderlinien finanziert: konkret 39 Universitäten aus 13 Bundesländern mit 45 Graduiertenschulen, 43 Exzellenz-Cluster (oft in Kooperation mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen) sowie elf Zukunftskonzepte.