POLITIK: Das Gespräch
Das Gespräch mit Dr. med. Klaus Reinhardt, Vorsitzender Hartmannbund, und Dr. med Werner Baumgärtner, MEDI-Vorsitzender „Wir müssen aus der Situation nun etwas Konstruktives entwickeln“
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Nach dem Stopp der Verhandlungen zur GOÄ hat der BÄK-Vorstand mit Klaus Reinhardt einen neuen Vorsitzenden des GOÄ-Ausschusses. Im gemeinsamen Gespräch mit MEDI-Chef Werner Baumgärtner erklären beide ihre Ziele für die künftigen Verhandlungen.
Analyse, Abhaken und weiter verhandeln: Die Reformbemühungen bei der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bewegt die Ärzteschaft seit Monaten. Nach dem Beschluss einer Vorstandssitzung der Bundesärztekammer (BÄK) wird nun BÄK-Präsident Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery die Position des Verhandlungsführers übernehmen. Neuer Vorsitzender des GOÄ-Ausschusses wird Dr. med. Klaus Reinhardt, BÄK-Vorstandsmitglied und Vorsitzender des Hartmannbundes. Die bisherigen Verhandlungen hatte der BÄK-Vorstand am 18. März gestoppt (dazu DÄ, Heft 13/2016).
Jetzt Ausgleich suchen
Mit Reinhardt wird einer der wichtigen Akteure der Allianz Deutscher Ärzteverbände nun in die Verhandlungen mit einbezogen. Die Allianz Deutscher Ärzteverbände hatte in der vergangenen Woche Neuverhandlungen zur GOÄ gefordert und die für sie zwölf essenziellen Punkte festgehalten. Sprecher der Allianz ist Dr. med. Werner Baumgärtner, Vorsitzender von MEDI GENO Deutschland.
Im Redaktionsgespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt betonen Baumgärtner und Reinhardt, dass die Ärzteschaft in den kommenden Monaten wieder konsentiert werden muss. „Für mich ist entscheidend, dass wir mit einer Stimme in die Verhandlungen mit der PKV und den Ministerien gehen. Auch wenn es unterschiedliche Positionen in der Ärzteschaft gibt, wir müssen da jetzt den Ausgleich suchen“, sagt Baumgärtner. Auch Hartmannbund-Chef Reinhardt stimmt dem zu. „Wir sind gezwungen, uns gemeinsam hinzusetzen und einen Konsens zu finden. Die Erwartung, die Ärzteschaft fasst für sich einen Beschluss und dieser werde ganz ohne Dialog mit der Politik und dem Verband der privaten Krankenversicherungen umgesetzt, ist wenig sinnvoll“, erklärt Reinhardt.
Um in den Verhandlungen voranzukommen, sei zunächst die Analyse der aktuellen Situation wichtig. „Diese muss aber mit Augenmaß geschehen, denn die Ärzteschaft muss handlungsfähig bleiben“, warnt Reinhardt. Bei der Analyse der komplexen Thematik müsse der Blick vor allem nach vorne gehen. „Wir müssen aus der Situation nun etwas Konstruktives entwickeln.“
Detailarbeit bei Kommission
Aus ihrer Sicht habe die Allianz Deutscher Ärzteverbände bereits konstruktive Vorschläge gemacht. So müsse noch einmal die Position und Funktion der geplanten gemeinsamen Gebührenkommission überdacht und auch beim Paragrafenteil erneut diskutiert werden. Auch im Bereich der Steigerungsfaktoren müsse nachverhandelt werden. „Die angedachte Situation darf in der GOÄ nicht zu einem Instrument werden, die wir bereits aus dem EBM oder auch in Teilen aus dem Gemeinsamen Bewertungsausschuss kennen“, so Baumgärtner.
Aus Sicht von Reinhardt ist bei den Verhandlungen zur gemeinsamen Kommission „noch viel Detailarbeit zu leisten“: „Ich glaube, dass die Kommission eine gute Chance hat, sich zu einem sinnvollen Instrument bei der Pflege und Fortschreibung der GOÄ zu entwickeln“, sagt Reinhardt. Für Baumgärtner ist zentral, dass die Kommission „ein beratendes Gremium ist und sie nicht über die Ausgestaltung der GOÄ entscheidet.“
Beide warben auch dafür, dass in der Diskussion mit den zuständigen Gesundheitspolitikern die GOÄ abgekoppelt wird von der Fokussierung auf die privaten Krankenversicherer. „Eine Gebührenordnung für einen freien Beruf kann nicht allein auf das Thema deutsche, private Krankenversicherung reduziert werden“, erklärt Baumgärtner. Die Krankenversicherer seien nur ein Teilaspekt, dafür müsse man auch bei Politikern werben, so der MEDI-Chef. Reinhardt sieht dies ähnlich: „Teile der Politik versucht die PKV seit Jahren kleinzureden. Aber das PKV-System ist finanziell gesund. Es ist in seinen Kosten und bei den ärztlichen Leistungen ehrlich und transparent. Diese Transparenz haben wir in der GKV nicht. Daher sollten wir weiter mit der GOÄ arbeiten.“
Knackpunkt der bisherigen Verhandlungen war die Frage der Datenhoheit zwischen BÄK und PKV. Wie bislang zu vernehmen war, hatte die BÄK keinen Einblick in die Abrechnungsdaten der PKV, konnte nur mit Hilfsgrößen und anderen Hochrechnungen das Volumen der Abrechnungen einschätzen. Dies ist bei den Honorarverhandlungen für die Leistungen von Kassenärzten anders: Hier haben der Spitzenverband der Krankenkassen sowie die Kassenärztliche Bundesvereinigung den gleichen Einblick in die Verordnungs- und Versorgungsdaten.
Als neuer GOÄ-Ausschussvorsitzender will Reinhardt sich dafür einsetzen, dass künftig auch bei der Frage der Daten die BÄK auf Augenhöhe mit der PKV verhandelt. Aus der Sicht von Baumgärtner bietet sich auch hier eine engere Kooperation mit den ärztlichen Verbänden an. „Meine Erfahrung aus den Verhandlungen über die Selektivverträge: In den Verbänden ist das Wissen über das reale Leistungsgeschehen in den Praxen vorhanden. Daher brauchen wir das Know-how von dort, damit nicht etwas entwickelt wird, was in den Praxen zu Verwerfungen führt.“ Baumgärtner bietet an, sich in die kommenden Verhandlungen stärker einzubringen: „Selbstverständlich würde ich mich als Verbandsvorsitzender und Allianz-Sprecher auch persönlich einbinden lassen“, erklärt Baumgärtner im Gespräch.
Beim künftigen Zeitplan setzt sich Reinhardt für Augenmaß ein: „Es ist jetzt wichtig, bis zum Ende der Legislatur alle Kraft in ein gutes, neues Produkt zu stecken.“ Der bisherige Plan, bis zum Ende der Legislaturperiode von dieser Koalition aus Union und SPD eine neue GOÄ in Kraft zu setzen, sei nicht einzuhalten. Daher sollte man aus Sicht von Reinhardt nun alles daran setzen, die wichtigen Punkte zu klären. Ab Mitte 2017 sollte bei den neuen Koalitionsverhandlungen Einfluss genommen werden, damit das Thema in einen Koalitionsvertrag aufgenommen wird. „Das hätte dann eine realistische Chance, schnell in einer Reform umgesetzt zu werden“, zeigt sich Reinhardt sicher. Auch dem aktuellen Minister sowie das Ministerium seien daran gelegen, eine Reform zügig auf den Weg zu bringen. „Doch dafür muss es eine einheitliche Meinung aus der Ärzteschaft geben. Ich will mich dafür einsetzen. Und es muss auch eine neue Form des Dialoges in der Ärzteschaft über das Thema geben.“
Rebecca Beerheide, Egbert Maibach-Nagel
Montgomery ist neuer Verhandlungsführer
Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery hat die Wahl von Dr. med. Klaus Reinhardt zum Vorsitzenden des Gebührenordnungsausschusses der Bundesärztekammer (BÄK) begrüßt. „Wir dürfen die Reform der GOÄ nicht zerreden, sondern müssen konstruktiv an guten Lösungen arbeiten. Ich bin davon überzeugt, dass sich Klaus Reinhardt diesem ehrgeizigen Ziel mit ganzer Kraft widmen wird“, so Montgomery in einer Mitteilung der BÄK. Damit folgt der 56-jährige Allgemeinarzt dem bisherigen Amtsinhaber Dr. med. Theodor Windhorst nach. Montgomery selbst wird den Posten des Verhandlungsführers übernehmen. „Mit dem Verhandlungsführer sowie Dr. Reinhardt und dem GOÄ-Verhandlungsbeauftragten der BÄK, Dr. med. Bernhard Rochell, werden die Beratungen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung und der Beihilfe unter intensiver Einbeziehung der ärztlichen Verbände fortgeführt“, teilte die BÄK mit. Am 11. Mai soll ein Spitzengespräch mit den ärztlichen Berufsverbänden stattfinden.
Außerdem soll vor dem Deutschen Ärztetag im Mai in Hamburg unter Moderation der BÄK und der Beteiligung von Vertretern des PKV-Verbandes sowie des Bundesgesundheitsministeriums die Beratungen mit den Fachgesellschaften und Berufsverbänden fortgesetzt werden. „Die Gespräche finden auf Grundlage der bisher verhandelten Leistungslegendierungen ohne Bewertungen statt“, so die BÄK. „Dabei soll das Leistungsverzeichnis auf Inkongruenzen und notwendige, jedoch noch nicht enthaltene Leistungen überprüft werden“, heißt es in der Mitteilung. „Auf der Grundlage dieses überarbeiteten Verzeichnisses soll ein Preismodell beschrieben und in einem zweiten Beratungsverfahren konsentiert werden. DÄ
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