POLITIK: Dokumentationen
Entschließungen zum Tagesordnungspunkt III: Rehabilitation


Forderungen
Im Hinblick auf die im Rahmen der Gesundheits-Reform 2000 vorgesehene Förderung und Stärkung der
Rehabilitation erhebt der 102. Deutsche Ärztetag 1999 gegenüber den an der Rehabilitation Beteiligten sowie
den politisch Verantwortlichen folgende Forderungen zur Weiterentwicklung der medizinischen Rehabilitation:
1. Ausrichtung von Rehabilitationsmaßnahmen an medizinischen Kriterien
Durch drastische Einschränkungen des Gesetzgebers wurde sowohl der finanzielle Rahmen für
Rehabilitationsleistungen der Kranken- und Rentenversicherung erheblich beschnitten als auch durch eine
Begrenzung der Leistungsdauer und eine Verlängerung der Intervalle für Wiederholungsbehandlungen die
Rehabilitationsleistung in beträchtlichem Ausmaß bürokratisch reglementiert und eingeschränkt. Der
Gesetzgeber wird aufgefordert, auf der Grundlage einer bereits erfolgten Gesetzesinitiative des Freistaates
Bayern die bisherige zeitliche Begrenzung von Rehabilitationsmaßnahmen auf drei Wochen sowie die Regelung,
daß diese Maßnahmen nur alle vier Jahre in Anspruch genommen werden können, entfallen zu lassen. Die
Beurteilung zur Erforderlichkeit medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen soll nicht mehr durch den
Gesetzgeber vorgegeben werden, sondern wieder allein dem Arzt obliegen.
2. Schlüssel- und Leitfunktion des
Arztes bei der Einleitung und Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen
Die den Ärzten in Praxis und Krankenhaus sowie den Betriebs- und Werksärzten zukommende
Schlüsselfunktion bei der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen muß gestärkt werden durch spezielle
Fortbildungsmaßnahmen, die zu einer qualifizierteren Erfassung und Bewertung der Rehabilitationsbedürftigkeit
durch standardisierte Diagnose-Verfahren oder - in Problemfällen - durch eine gezielte
Rehabilitationsdiagnostik (Assessment-Verfahren) befähigen.
3. Vorrangigkeit ambulanter vor
stationärer Rehabilitation
Der Grundsatz "Soviel ambulant wie möglich, soviel stationär wie nötig" gilt auch für den Bereich der
medizinischen Rehabilitation. Ambulante Rehabilitationsmaßnahmen haben daher - wenn medizinisch
begründet - grundsätzlich Vorrang vor einer stationären Reha-bilitation. Vor diesem Hintergrund muß der Auf-
und Ausbau ambulanter, möglichst wohnortsnaher Versorgungsstrukturen zukünftig hohe Bedeutung haben.
4. Integration von kurativer und
rehabilitativer Medizin
Die medizinische Rehabilitation hat sich im Rahmen eines vom kurativen Bereich weitgehend getrennten
eigenständigen Sektors mit unterschiedlichen organisatorischen und finanziellen Zuständigkeiten entwickelt.
Diese Trennung erweist sich wegen des zunehmend fließenden Erkrankungs- und Gesundungsprozesses
insbesondere bei chronisch Kranken als immer
problematischer. Eine engere Verzahnung von kurativer und rehabilitativer Medizin erfordert daher eine stärkere
Einbeziehung der im ambulanten und stationären Akutbereich tätigen Ärzte in das Rehabilitationsgeschehen und
damit eine bessere Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der Planung, Konzeptionierung und Steuerung von
Rehabilitationsleistungen, um diese frühzeitig, nahtlos und kontinuierlich durchführen zu können.
5. Gemeinsame Qualitätssicherungsanforderungen und indikationsspezifische Therapiekonzepte in der
Rehabilitation
Allgemein verbindliche, für die Bereiche aller Träger geltende Qualitätsanforderungen für das
Rehabilitationsverfahren und den Rehabilitationserfolg gewinnen zunehmend an Bedeutung. Unter Einbeziehung
der Ärztekammern müssen daher die Rehabilitationsträger sowohl gemeinsame Qualitätskriterien und
Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Rehabilitation festlegen als auch bedarfsgerechte
indikationsspezifische Rehabilitationskonzepte und Rehabilitationsleitlinien schaffen.
6. Stärkung und Verbesserung des
gegliederten Systems der Rehabilitation
Nur unter der Voraussetzung einer zielgerichteten und effizienten Zusammenarbeit der für die Rehabilitation
zuständigen Leistungsträger auf der Grundlage harmonisierter Rechtsvorschriften (Kodifizierung eines
Sozialgesetzbuches IX) und eines gemeinsamen Verständnisses von Rehabilitation kann das gegliederte System
eine zeitnahe und nahtlose Rehabilitation durchgängig sicherstellen. Ein Vorleistungsrecht der GKV vor der RV
ist vorzusehen.
Positionen und Begründungen
Nach der Bundestagswahl am 27. September 1998 hat die Bundesregierung in der Koalitionsvereinbarung der
Rehabilitation den politischen Stellenwert eines Reformvorhabens beigemessen. Auch die "Eckpunkte zur
Gesundheitsreform 2000" der Koalitionsfraktionen vom 2. März 1999 sehen eine nachdrückliche Förderung der
Rehabilitation vor. Nach wie vor ist die umfassende Rehabilitation Behinderter und von Behinderung bedrohter
Menschen durch zwei gegenläufige Entwicklungen geprägt. Einerseits sind im Gesamtbereich der
medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation qualitative Veränderungen dadurch zu verzeichnen, daß
die wachsende Zahl älterer, multimorbider und behinderter Menschen, die Zunahme chronischer Erkrankungen
und die rasante Entwicklung in der Arbeitswelt im Rahmen des Systems der sozialen Sicherheit an die
Rehabilitation im-mer höhere Anforderungen stellt. Andererseits muß angesichts der Begrenztheit finanzieller
Ressourcen das Leistungsgeschehen in allen Sozialleistungsbereichen - und damit auch im Bereich der
Rehabilitation - hinsichtlich seiner Effizienz auf den Prüfstand gestellt werden.
1. Ausrichtung von Rehabilitationsmaßnahmen an medizinischen Kriterien
Die steigende Zahl chronisch Kranker, die Zunahme älterer und multimorbider Menschen sowie die Fortschritte
in der Akut- und Intensivmedizin führen unbestritten zu einem Mehrbedarf an rehabilitativen Leistungen. Um
den Rehabilitationsprozeß möglichst erfolgreich zu gestalten, müssen medizinische (Akut-)Behandlung,
medizinische Rehabilitation, berufliche Eingliederung und soziale Integration als ganzheitliches Geschehen
verstanden werden und wirksam ineinandergreifen. Hierzu bedarf es sowohl der Zusammenarbeit von Ärztinnen
und Ärzten verschiedener Fachgebiete als auch der Zusammenarbeit mit den Angehörigen anderer Fachberufe in
der Rehabilitation.
Den in den vergangenen Jahren enorm gewachsenen Möglichkeiten der Eingliederung Kranker und Behinderter
in Arbeit, Beruf und Gesellschaft durch immer verbesserte Maßnahmen insbesondere der medizinischen
Rehabilitation stehen jedoch nachhaltige Einschränkungen des Gesetzgebers vor allem durch das Wachstums-
und Beschäftigungsförderungsgesetz sowie das Beitragsentlastungsgesetz entgegen. Durch diese "Spargesetze"
wurde 1996/1997 zum einen der finanzielle Rahmen für Rehabilitationsleistungen der Kranken- und
Rentenversicherung drastisch beschnitten, zum anderen wurde durch eine Begrenzung der Leistungsdauer und
eine Verlängerung der Intervalle für Wiederholungsbehandlungen die Rehabilitationsleistung in beträchtlichem
Ausmaß bürokratisch reglementiert und eingeschränkt.
Zu begrüßen und nachhaltig einzufordern ist daher eine Ende 1998 erfolgte Gesetzesinitiative des Freistaates
Bayern (Bundesrats-Drucksache 846/98), nach welcher zukünftig ausschließlich wieder medizinische Kriterien
für die Bewilligung von Rehabilitationsmaßnahmen ausschlaggebend sein sollen. Danach soll die bisherige
zeitliche Begrenzung von Rehabilitationsmaßnahmen auf drei Wochen sowie die Regelung, daß diese
Maßnahmen nur alle vier Jahre in Anspruch genommen werden können, entfallen. Die Beurteilung zur
Erforderlichkeit medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen soll mithin nicht mehr durch den Gesetzgeber
vorgegeben werden, sondern wieder allein dem Arzt obliegen.
Der Gesetzgeber wird aufgefordert, diesen Gesetzesantrag - neben weiteren, dringend erforderlichen
gesetzgeberischen Maßnahmen - zum Erhalt und zur Sicherung eines auch zukünftig leistungsfähigen
Rehabilitationssystems schnellstmöglich zu beraten und zu verabschieden.
2. Schlüssel- und Leitfunktion des
Arztes bei der Einleitung und Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen
Bei der medizinischen Rehabilitation, die am Beginn eines jeden Rehabilitationsweges steht, hat der Arzt -
gleich ob in niedergelassener Praxis oder im Krankenhaus tätig - eine Schlüsselfunktion. Er hat nicht nur den
Patienten unter dem Gesichtspunkt einer vorausplanenden Rehabilitation zu beraten, er muß auch in Kooperation
mit Ärzten verschiedener Fachgebiete sowie anderen Berufen den Rehabilitationsprozeß einleiten und steuern.
Damit es in der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen zu keiner Zeitverzögerung kommt, muß der Arzt
wegen seiner Leitfunktion bereits zu Beginn einer Erkrankung prüfen, welche Maßnahmen zur Rehabilitation
erforderlich sind und wann sie eingeleitet werden sollen. Zwischen der Behandlung durch niedergelassene Ärzte
oder durch Krankenhausärzte und dem Beginn von
Rehabilitationsmaßnahmen darf keine "therapeutische Lücke" entstehen. Dies gilt insbesondere für die fachübergreifende Frührehabilitation im Akutkrankenhaus.
Die herausgehobene Bedeutung insbesondere des niedergelassenen Arztes für die Einleitung von
Rehabilitationsmaßnahmen ergibt sich nicht zuletzt daraus, daß dieser den Patienten und dessen familiäre und
berufliche Situation besonders gut kennt, so daß sein Urteil und seine Einschätzung bei der Anregung einer
Rehabilitationsmaßnahme für den Ablauf der Rehabilitation von besonderem Gewicht sein müssen. Deshalb sind
vertragliche Bestimmungen abzulehnen, nach denen Versicherungsträger den Hausarzt bei der Einleitung von
Rehabilitationsmaßnahmen ausgrenzen.
Neben einer stärkeren Berücksichtigung der Rehabilitation in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung ist es daher
unter diesem Aspekt eine wesentliche Aufgabe der Weiterentwicklung der medizinischen Rehabilitation, durch
spezielle Fortbildungsmaßnahmen die Ärzte in Praxis und Krankenhaus sowie die Betriebs- und Werksärzte zu
einer qualifizierteren Erfassung und Bewertung der Rehabilitationsbedürftigkeit durch standardisierte DiagnoseVerfahren zu befähigen. In Problemfällen ist die Rehabilitationsbedürftigkeit durch eine gezielte
Rehabilitationsdiagnostik (Assessment-Verfahren) zu erfassen, welche in einen konkreten Rehabilitationsplan
münden muß.
3. Vorrangigkeit ambulanter vor
stationärer Rehabilitation
Der Grundsatz "Soviel ambulant wie möglich, soviel stationär wie nötig" gilt auch für den Bereich der
medizinischen Rehabilitation, d. h., ambulante Rehabilitationsmaßnahmen haben - wenn medizinisch begründet
- grundsätzlich Vorrang vor einer stationären Rehabilitation. Diese Vorrangigkeit ist derzeit jedoch im
Zuständigkeitsbereich sowohl der gesetzlichen Krankenversicherung wie auch der gesetzlichen
Rentenversicherung infolge eines nur unzureichenden Angebotes an ambulanter Rehabilitation nicht in
erforderlichem Maße realisiert. Der Auf- und Ausbau ambulanter, möglichst wohnortnaher
Versorgungsstrukturen wird deshalb zukünftig hohe Bedeutung haben. So hebt folgerichtig auch der derzeit im
Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen in der Diskussion befindliche Entwurf der "Richtlinien über die
Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rehabilitation nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 SGB V" ausdrücklich auf die
Vorrangigkeit ambulanter vor stationärer Rehabilitation ab.
4. Integration von kurativer und
rehabilitativer Medizin
Die medizinische Rehabilitation hat sich in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen eines vom kurativen
Bereich getrennten eigenständigen Sektors mit unterschiedlichen organisatorischen und finanziellen
Zuständigkeiten entwickelt. In Anbetracht des zunehmend fließenden Erkrankungs- und Gesundungsprozesses
insbesondere bei chronisch Kranken erweist sich diese Trennung als immer problematischer. Dies gilt vor allem
für chronisch Kranke und Behinderte, bei denen bereits im Hochleistungsbereich des ambulanten und stationären
Sektors nicht mehr starr zwischen kurativer und rehabilitativer Versorgung unterschieden werden darf. Ziel einer
Neuausrichtung der Rehabilitation muß es daher auch sein, die im ambulanten und stationären Akutbereich
tätigen Ärzte verstärkt in das Rehabilitationsgeschehen einzubeziehen.
Eine engere Verzahnung von kurativer und rehabilitativer Medizin erfordert darüber hinaus eine klarere
Definition beider Bereiche im Sinne einer Aufgabenzuweisung. Ziel ist dabei nicht eine Abgrenzung, sondern
eine bessere Abstimmung beider Versorgungsbereiche. Erst wenn Inhalt und Ziel einer ambulanten oder
stationären Akutbehandlung unter Einschluß frührehabilitativer Maßnahmen eindeutig festgelegt sind, können
Fragen der Integration und Kooperation beider Bereiche sowie deren Zuständigkeiten geklärt werden. Eine
engere Verbindung von Kuration und Rehabilitation muß somit dazu dienen, Diagnostik und Therapie beider
Zweige untereinander abzustimmen. In diesem Zusammenhang ist es ferner zweckmäßig, auf den zu
Mißverständnissen führenden, leistungsrechtlichen Begriff "Kur" zu verzichten und statt dessen auf der
Grundlage einer Änderung des Sozialgesetzbuches V zukünftig nur noch zwischen Vorsorge-, Kurations- und Rehabilitationsleistungen zu unterscheiden.
Durch eine bessere Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der Planung, Konzeptionierung und Steuerung von
Rehabilitationsleistungen muß sichergestellt werden, daß die notwendigen Rehabilitationsleistungen frühzeitig,
nahtlos und kontinuierlich durchgeführt werden. Eine engere Kooperation und Koordination sind nicht nur eine
Basis für die Überwindung der Schnittstellen, sie ermöglichen zugleich auch eine effiziente Nutzung der
begrenzten Ressourcen und führen durch Synergieeffekte zu mehr Wirtschaftlichkeit in der rehabilitativen
Versorgung.
5. Gemeinsame Qualitätssicherungsanforderungen und indikationsspezifische Therapiekonzepte in der
Rehabilitation
Je differenzierter, flexibler und vielfältiger die Angebotsstrukturen der jeweiligen Leistungsträger der
medizinischen Rehabilitation werden, um so mehr gewinnen allgemein verbindliche, für die Bereiche aller
Träger geltende Qualitätsanforderungen für das Rehabilitationsverfahren und den Rehabilitationserfolg an
Bedeutung. Dies erfordert, daß die Rehabilitationsträger unter Einbezug der nach den Kammer- und
Heilberufsgesetzen der Länder für die Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung zuständigen Ärztekammern gemeinsame Qualitätskriterien und Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der
Rehabilitation festlegen und in der Rehabilitationspraxis schnellstmöglich realisieren. Der
Rehabilitationsforschung kommt hierbei eine wachsende Bedeutung zu.
Der je nach Art und Umfang der verschiedenen Krankheits- und Behinderungsspektren unterschiedliche Bedarf
an Rehabilitationsleistungen erfordert eine flexible Ausrichtung der medizinischen Rehabilitation. Als Grundlage
hierfür müssen bedarfsgerechte, detaillierte indikationsspezifische Rehabilitationskonzepte und
Rehabilitationsleitlinien geschaffen werden, die von den Rehabilitationsträgern gemeinsam mit den
Ärztekammern erarbeitet werden müssen. Diese Leitlinien müssen sowohl für die Art und Dauer der
Maßnahmen als auch für die Entscheidung über die Maßnahmeform "Handlungskorridore" eröffnen.
6. Stärkung und Verbesserung des
gegliederten Systems der Rehabilitation
Nach geltendem Recht sind für die Finanzierung medizinischer Rehabilitationsleistungen vor allem die
gesetzliche Kranken-, Renten- und Unfallversicherung zuständig. Diese unterschiedlichen Zuständigkeiten
führen für einen großen Teil der Versicherten, die bei mehreren Sozialleistungsträgern versichert sind, zu zum
Teil beträchtlichen Verzögerungen im Rehabilitationsverlauf. Trotz aller bisheriger Vereinbarungen und
Empfehlungen zur Zusammenarbeit zwischen diesen Leistungsträgern ist es bis heute immer noch nicht
gelungen, eine zeitnahe und nahtlose Rehabilitation durchgängig sicherzustellen.
Vor diesem Hintergrund sind daher weniger Art und Umfang erforderlicher Rehabilitationsleistungen, sondern
deren zielgerichteter Einsatz, die Harmonisierung und Koordinierung der Leistungen sowie ein nahtloser
Rehabilitationsverlauf die wesentlichen Probleme unseres Rehabilitationssystems. Nur unter der Voraussetzung
zielgerichteter und effizienter Zusammenarbeit der Leistungsträger auf der Grundlage harmonisierter
Rechtsvorschriften und eines gemeinsamen Verständnisses von Rehabilitation kann das gegliederte System
Menschen mit einer eingetretenen oder drohenden Behinderung weitgehende und wirkungsvolle Möglichkeiten
der Eingliederung schaffen und sichern.
Der Deutsche Ärztetag appelliert daher an die verantwortlichen Finanzierungsträger, im Rahmen einer
verstärkten Kooperation bestehende Schnittstellen zu minimieren und die Verzahnung notwendiger
Rehabilitationsprozesse zu optimieren. Eine verstärkte Kooperation zwischen den Rehabilitationsträgern durch
den Abschluß von gemeinsam getragenen Vereinbarungen ist dringend erforderlich. Die notwendige
Voraussetzung hierfür muß der Gesetzgeber durch eine Weiterentwicklung des Rehabilitationsrechts mit dem
Ziel einer Kodifizierung des Sozialgesetzbuches IX schaffen. Dieses muß durch eine Vereinheitlichung der
Begriffe und der Abgrenzungskriterien vor allem dazu beitragen, die Rehabilitationsverfahren der verschiedenen
Bereiche möglichst nahtlos ineinandergreifen zu lassen. N
Rehabilitation psychosozialer
Erkrankungen
Schädigungen, Fähigkeitsstörungen und Behinderungen als Folge von Krankheiten aus dem psychosozialen
Formenkreis wie zum Beispiel psychovegetative Überlastungssyndrome mit körperlichen und/oder vegetativen
Symptomen und Fähigkeitsstörungen in der familiären und/oder beruflichen Rolle werden in der Rehabilitation
gleich gewichtet wie Schädigungen, Fähigkeitsstörungen und Behinderungen aufgrund rein somatischer
Erkrankungen.
Begründung:
Die Rehabilitation insbesondere von Frauen und Müttern, die an psychosozialen Fähigkeitsstörungen von
Krankheitswert leiden, muß einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft haben. Die Folgekosten von
unbehandelten und damit auch fortschreitenden Erkrankungen der Mütter und auch deren Kinder in diesem
Bereich sind mittelfristig und langfristig enorm. Solche Krankheitsbilder können durch geeignete Maßnahmen
wie stationäre Heilverfahren (Müttergenesungs- und Mütter-Kind-Kuren) wirkungsvoll gebessert werden. Es
besteht aber die Tendenz, solche Heilverfahren von den Kostenträgern restriktiv zu handhaben mit der
Begründung, daß es sich bei den genannten Beschwerden nicht um Krankheiten im Sinne der RehaGesetzgebung, insbesondere des Paragraphen 111 SGB V handelt.
Nähere Begründung mündlich. N
Rehabilitation in der Fortbildung
Der 102. Deutsche Ärztetag bittet den Vorstand und den Deutschen Senat für ärztliche Fortbildung um verstärkte
Berücksichtigung der medizinischen Rehabilitation in den Fortbildungsaktivitäten der Ärzteschaft auf allen
Ebenen. N
Frührehabilitation
Der Deutsche Ärztetag sieht in dem Konzept der fachübergreifenden Frührehabilitation einen
vielversprechenden innovativen Ansatz zur besseren Eingliederung rehabilitativer Aufgaben in die
Versorgungsstruktur von Akutkrankenhäusern. Als Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen müssen
für diese Form der Frührehabilitation zusätzliche Mittel in ausreichender Höhe zur Verfügung gestellt werden.
Der Deutsche Ärztetag hält es für geboten, daß solche Krankenhäuser auf die Mitarbeit von
rehabilitationsqualifizierten Ärzten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und einen sozialen Dienst
zugreifen können. Frührehabilitation kann die Qualität und Effektivität der Behandlung steigern, da kurative und
rehabilitative medizinisch-therapeutische Maßnahmen unmittelbar aufeinander abgestimmt sind und in engem
zeitlichen Zusammenhang stehen. N
Empfehlungen zur Rehabilitation
Der Deutsche Ärztetag fordert eine gesetzliche Verpflichtung der Pflegekassen, Empfehlungen zur
Rehabilitation den behandelnden Ärzten zur Kenntnis zu geben.
Begründung:
Die Empfehlungen des MDK zur Rehabilitation im Rahmen der Pflegebegutachtung haben das Ziel, die
Bewältigung von Krankheitsfolgen zu erleichtern und eine Integration in das Lebensumfeld zu ermöglichen. Der
behandelnde Arzt erhält darüber keine Informationen.
Dieses Verfahren führt zu unkoordinierten, therapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen, die ihr Ziel
verfehlen und Ressourcen verschenken.
Eine Vernetzung von Kostenträgern und Beteiligten in der Rehabilitation muß den behandelnden Arzt
einschließen. N
Rehabilitation - Versorgungskette wohnortsnah schließen
Der Deutsche Ärztetag hält es für unverzichtbar, Möglichkeiten der ambulanten Rehabilitation auf- und weiter
auszubauen. Soweit ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht, um drohende Krankheiten zu verhüten, die
Verschlimmerung von Krankheiten zu vermeiden und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zu mindern, sind
ambulante Vorsorge/Rehaleistungen sinnvoll.
Der Deutsche Ärztetag hält es aber für problematisch, daß diese Leistungen nach dem Willen der
Bundesregierung nur in Kurorten möglich sein sollen.
Der Ärztetag begrüßt die Entwicklung neuartiger Formen komplexer Rehabilitation, die nach präziser Definition
durchgeführt werden können und für die eine sozialrechtliche Normierung möglich ist (SGB IX).
Der Ärztetag hält die vorgesehene Beschränkung dieser Leistungen auf bestehende stationäre
Rehabilitationsleistungen für völlig verfehlt, weil es so in der Mehrzahl der Fälle ausgeschlossen ist, diese
Leistungen wohnortsnah zu erbringen.
Außerdem wird durch diese Beschränkung der Aufbau ambulanter Rehabilitationsstrukturen bei
niedergelassenen Ärzten, bei Versorgungskrankenhäusern und die Verzahnung zwischen beiden Bereichen stark
beeinträchtigt beziehungsweise unmöglich gemacht. N
Rehabilitation - Klare Kostenregelung
Der Deutsche Ärztetag fordert den Gesetzgeber auf, die Zuständigkeit für die Rehabilitation bei eingetretener
Pflegebedürftigkeit so zu klären, daß es nicht zu fruchtlosen Zuständigkeitsstreitereien kommt. Ziel muß eine
möglichst hohe Lebensautonomie auch pflegebedürftiger Menschen sein, nicht die kurzfristige
Kostenvermeidung beziehungsweise Kostenverlagerung in andere Bereiche der sozialen Absicherung. N
Pflegeversicherung Rehabilitation
Der Deutsche Ärztetag fordert eine gesetzliche Einbindung der behandelnden Ärzte (Hausarzt und Klinikarzt) in
die Betreuung der Patienten im Rahmen der Pflegeversicherung.
Begründung:
Täglich werden in allen Praxen Probleme aus dem Kreis "Betreuung, Verordnung, Koordination" im
Zuständigkeitsbereich der Pflegeversicherung geleistet, ohne daß bisher eine rechtliche (vertragliche) Regelung
hierfür besteht. N
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