ArchivDeutsches Ärzteblatt21/2016Frührehabilitation: Reha-Roboter unterstützt Training von Schlaganfallpatienten

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Frührehabilitation: Reha-Roboter unterstützt Training von Schlaganfallpatienten

Hillienhof, Arne

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Mit „Roreas“ eine Runde über den Klinikflur: Der sprechende Roboter hilft Patienten das Gehen neu zu erlernen. Der Serviceroboter wurde in Thüringen entwickelt.

Training mit Roreas: Der Roboter holt Patienten auf ihrem Zimmer ab und misst die Lauf- und Trainingsdaten. Fotos: Andreas Reuther
Training mit Roreas: Der Roboter holt Patienten auf ihrem Zimmer ab und misst die Lauf- und Trainingsdaten. Fotos: Andreas Reuther

Ein Szenario: Kaum ist der Rehapatient nach dem Frühstück zurück in seinem Zimmer, erhält er einen Anruf, den Ärzte und Therapeuten schon angekündigt haben. Die Botschaft lautet: „Wir können starten!“ Der Anrufer wartet vor dem Patientenzimmer. Er hätte auch klopfen können, hätte er denn Arme. Die aber hat Roreas, der sprechende Reha-Roboter, nicht – und benötigt sie auch nicht. „Roreas hilft Patienten, nach einem Schlaganfall das Gehen neu zu erlernen, sich besser zu orientieren und am Ende so schnell wie möglich wieder eigenständig zu leben“, erläutert Dr. Andreas Bley, Geschäftsführer der MetraLabs GmbH. Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes hat das auf Serviceroboter spezialisierte Unternehmen Roreas entwickelt, zusammen mit dem Fachgebiet Neuroinformatik und kognitive Robotik der Technischen Universität Ilmenau und weiteren Partnern.

„Jetzt haben wir zwei Prototypen – einen grünen und einen orange-
farbenen“, erläutert Bley. Klinisch getestet werden sie in der m&i-Fachklinik Bad Liebenstein. Die Frührehabilitation und weiterführende Nachsorge von Schlaganfallpatienten ist ein Schwerpunkt der Klinik. „Der Roboter ist ein willkommener Begleiter für das Eigentraining der Patienten, die bereits die Freigabe für freies Gehen erhalten haben“, erläutert Prof. Dr. Gustav Pfeiffer von der m&i-Fachklinik gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt.

Serviceroboter Roreas wird derzeit noch von einem Techniker im Hintergrund gesteuert
Serviceroboter Roreas wird derzeit noch von einem Techniker im Hintergrund gesteuert

Nachdem Roreas die Patienten von ihrem Zimmer abgeholt habe, beginne das Training. Dazu halte sich der Roboter hinter dem Patienten, erläutere den Weg und weise sie auf mögliche Sitzmöglichkeiten zum Ausruhen hin. „Die Orientierung ist wichtig, weil viele Patienten längere Wege in der Klinik aus Angst scheuen, den Weg zurück zum Zimmer nicht zu finden“, so Pfeiffer. Außerdem schule das Orientierungstraining die kognitiven Fähigkeiten und die Alltagskompetenz der Patienten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die unbestechliche Dokumentation der Gehleistung, die der Roboter leistet. Dazu erfasst Roreas die Trainingszeiten und Gehleistung. So sei eine objektive Einschätzung dessen möglich, was der Patient leisten könne und wie intensiv sein Training sei. Die exakte Erfassung der Gehleistung motiviere zudem, sich im Training zu steigern.

Erste Ergebnisse der klinischen Testung deuten darauf hin, dass Patienten sich durch den Roboter motivieren lassen, weitere Strecken zu gehen und länger zu üben als ohne diese Unterstützung. „Der Roboter soll Therapeuten aber nicht überflüssig machen, sondern den Patienten beim Eigentraining helfen“, betont Pfeiffer.

Wie geht es weiter mit Roreas? Wichtig ist laut Bley, dass der Roboter lernt, seine Aufgaben noch sicherer zu beherrschen. Bislang arbeite Roreas „teilautonom“, das heißt, im Hintergrund werde der Betrieb von einem Techniker überwacht. In ein bis zwei Jahren soll dies überflüssig sein und der Roboter seinen Dienst autonom leisten. Zudem gehe es jetzt darum, Roreas Fähigkeiten zu erweitern, damit er noch weitere und komplexere Aufgaben übernehmen könne. „Fahrstuhlfahren ist zum Beispiel so eine weitere Fähigkeit“, erläutert der Roboterspezialist.

Zu den Partnern des Projektes zählt auch die Barmer GEK. „Wir begleiten Innovationen wie Roreas, damit sie bereits im Entwicklungsstadium am Bedarf der Patienten ausgerichtet werden und schließlich auch in der realen Versorgung ankommen. Ich denke, die Robotik hat in der Reha eine große Zukunft vor sich“, erläutert Hermann Schmitt, Landesgeschäftsführer der Kasse in Thüringen.

Bevölkerungserhebungen unterstützen diese Prognose: Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage können sich 83 Prozent aller Deutschen vorstellen, im Alter einen Service-Roboter zu nutzen. Drei von vier Befragten sind überzeugt, dass Roboter eine wichtige Rolle in der Pflege übernehmen werden.

Dr. med. Arne Hilienhof

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