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Übergewicht: Gewichtsdiskriminierung kann tödlich sein


Menschen mit Übergewicht werden im Alltag oft verhöhnt, verspottet und ausgegrenzt. Dies führt bei den Betroffenen häufig zu Stress, Depressionen, einer verringerten Lebensqualität und anderen Komplikationen. Amerikanische Sozialmediziner um Angelina Sutin von der Florida State University (USA) fanden jetzt heraus, dass es sogar tödlich sein kann, wenn man wegen seines erhöhten Körpergewichts diskriminiert wird. Sie werteten repräsentative Datensätze zweier Langzeitstudien mit insgesamt 65 513 Teilnehmern aus und fanden heraus, dass die Diskriminierung wegen Übergewicht im Allgemeinen als schlimmer empfunden wird als die Diskriminierung wegen Alter, Hautfarbe, Geschlecht, Herkunft und anderen Faktoren. „Diskriminierte Übergewichtige haben ein um 60 Prozent erhöhtes Risiko, vorzeitig zu sterben“, sagen die Autoren. Sie führen dies weniger auf die körperlichen Risiken als vielmehr auf die psychologischen Belastungen Übergewichtiger zurück, wie zum Beispiel soziale Isolation, Kränkungen, Angriffe und Beleidigungen durch nahestehende Personen, Scham und die negative Erfahrung, mit weniger Höflichkeit, Achtung und Respekt als andere Menschen behandelt zu werden. Die Diskriminierung wegen Übergewicht kann für die seelische Gesundheit der Betroffenen also schädlicher sein als das Übergewicht selbst. Übergewichtige zu verspotten oder zu kränken mit dem Ziel, sie dadurch zum Abnehmen zu bewegen, fruchtet laut Sutin und Kollegen wenig, denn Übergewichtige werden dadurch nicht motiviert, sondern eher „tödlich getroffen“. „Es verringert die Lebenserwartung deutlich, wegen zu vieler Pfunde ständig angegriffen zu werden“, sagen die Wissenschaftler. Sie vertreten die Meinung, dass sich in der Gesellschaft dringend etwas ändern und sich der Umgang mit übergewichtigen Menschen normalisieren müsse, zumal es immer mehr Übergewichtige in den westlichen Gesellschaften und zunehmend auch in den Entwicklungsländern gibt. ms
Sutin A, Stephan Y, Terracciano A: Weight discrimination and risk of mortality. Psychological Science 2015; 26(11): 1803–11.