

Die Ausstellung „Die Seele ist ein Oktopus“ im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité zeigt antike Theorien über die Seele und ihre Einbindung in den Körper.
Die Philosophen der stoischen Schule verglichen die Seele mit einem Oktopus, dessen Arme die fünf Sinne sowie das Denken, Sprechen und die Fortpflanzung versinnbildlichen. Außerdem glaubten Philosophen und Mediziner in der Antike an einen führenden Seenteil, der von einem spezifischen Ort im Körper aus den Organismus koordiniert. „Aristoteles sah das Herz als Kontrollinstanz an – Platon, Hippokrates und Galen lokalisierten dagegen die Seele im Gehirn. Wieder andere sahen die Seele im Blut oder als Pneuma“, erläuterte Prof. Dr. Philip van der Eijk, Altertumswissenschaftler an der Humboldt-Universität (HU) Berlin bei der Pressekonferenz zur Eröffnung der Ausstellung „Die Seele ist ein Oktopus“ im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité.
Die Ausstellung wurde von Wissenschaftlern des Exzellenzclusters Topoi, ein Berliner Forschungsverbund zur Erforschung des Altertums, und der Alexander-von Humboldt-Professur für Klassische Altertumswissenschaften und Wissenschaftsgeschichte der HU zusammen mit dem Medizinhistorischen Museum entwickelt. Dessen Direktor, Prof. Dr. Thomas Schnalke, bezeichnete die Ausstellung, die im Präparatesaal Rudolf Virchows präsentiert wird, zu Recht als „ungewöhnlich“: „Wir gehen in das Allerheiligste, Allerkörperlichste was wir haben mit dem Allerungegenständlichsten: der Seele.“ Zu sehen sind zwischen Präparaten erkrankter Organe und deformierter Lebewesen, die den regelmäßig durchgeführten Schulklassen kleine Entsetzensschreie entlocken, Objekte wie medizinische Instrumente, antike anatomische Körperteilvotive und bemalte attische Trinkschalen. Beispielsweise die „Trinkschale mit Symposion“, die mit Zeichnungen eines Trinkgelages verziert ist. In der Antike, in diesem Fall um 490 vor Christus, wurde ein solches noch als Symposion bezeichnet. Es waren wichtige gesellschaftliche Ereignisse für Männer, bei denen getrunken, diskutiert und oftmals über die Stränge geschlagen wurde. „Eine Seele haben“ bedeutete nach antikem Verständnis auch Lebendigkeit und um lebendig zu sein, braucht der Körper Nahrung – eben auch in flüssiger Form.
Dieser Zusammenhang wird auf einem der großformatigen Bilder des Berliner Grafikers Christoph Geiger verdeutlicht – Kernstücke der Ausstellung. „Bei der Konzeption mussten wir die abstrakten Vorstellungen der Philosophen irgendwie bildlich umsetzen“, sagte Dr. Uta Kornmeier, Kuratorin der Ausstellung. Die Objekte, wie die medizinischen Instrumente – die im übrigen für Sektionen verwendet wurden, um Gehirn oder Herz auf der Suche nach der Seele zu untersuchen – wären zu wenig gewesen, um eine Ausstellung zu füllen. Und so wurde Geiger in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern mit „visual translations“ beauftragt, die beispielsweise den Dualismus von Herz und Hirn klug und verständlich veranschaulichen. „Wir Wissenschaftler haben durch dieses Herunterbrechen, damit es auch ein 15-Jähriger versteht, jedenfalls sehr viel gelernt“, bekennt Prof. Dr. Michael Meyer, Sprecher des Exzellenzclusters Topoi.
Doch nicht nur Schüler werden von der Ausstellung profitieren: die antiken Vorstellungen von Seele und Körper sind sehr spannend und die Dauersaustellung im Medizinhistorischen Museum lässt sich gleich mitnehmen.
Petra Bühring